Arbeitnehmererfindungen: Wenn aus Mitarbeitern Erfinder werden

Dann wird nicht selten darum gestritten, ob die Idee dem Erfinder oder dem Unternehmen gehört – mitunter geht es bei der späteren Verwertung um viel Geld. Autorin Lisa Reisch hat deshalb eine Übersicht der wichtigsten gesetzlichen Regelungen für solche Fälle zusammengestellt.

Wenn Ideen in der Firma entstehen

Von Lisa Reisch

In Entenhausen darf Daniel Düsentrieb frei schaffendes Universalgenie bleiben; im wirklichen Leben ist er angestellt, an der Universität oder bei einem Unternehmen im Bereich Forschung und Entwicklung. Was geschieht nun mit seinen Ideen? In Deutschland regelt solche Fragen das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG).

Damit eine großartige Idee nicht zu endlosen Streitereien führt, sind die Abläufe bei Arbeitnehmer­erfindungen klar geregelt. Der Mitarbeiter hat einen Anspruch auf Vergütung einer Erfindung, muss sie aber umgehend melden.

Klassifikation

Das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG) unterscheidet zwischen „freien Erfindungen“ und „Diensterfindungen“.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Diensterfindungen

Diensterfindungen sind immer dann gegeben, wenn sie im Rahmen des Arbeitsverhältnisses entstehen und entweder Teil der Tätigkeit (Obliegenheitserfindung) sind oder aufgrund der während der Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse (Erfahrungserfindungen) entwickelt wurden (§ 4 ArbnErfG).

Freie Erfindungen

Alle anderen Erfindungen sind freie Erfindungen. Still und heimlich für sich behalten dürfen Mitarbeiter eine Erfindung jedoch nur, wenn sie „offensichtlich im Arbeitsbereich des Betriebes des Arbeitgebers nicht verwendbar ist“ (§ 18 Abs. 3 ArbnErfG). In jedem anderen Fall müssen sie den Arbeitgeber „unverzüglich“, und zwar schriftlich, über ihre Erfindung informieren
(§ 18 Abs. 1 ArbnErfG) und sie zur Nutzung anbieten (§ 19 ArbnErfG), bevor sie ihre Geistesfrüchte anderweitig verwerten. Das gilt also auch dann, wenn die Erfindung eigentlich nicht in den Aufgabenbereich oder die Abteilung des Angestellten gehört, aber für den Betrieb nützlich sein könnte.

Der Arbeitgeber hat nach Eingang der Meldung drei Monate Zeit zu prüfen, ob es sich wirklich um eine freie Erfindung handelt. Wenn er das innerhalb dieser Frist nicht bestreitet, handelt es sich um keine Diensterfindung und der Arbeitnehmer darf frei darüber verfügen (§ 18 Abs. 2 ArbnErfG).

Aus eigener Erfahrung
„Häufig schätzen Erfinder den Wert ihrer Ideen falsch ein oder bemerken lange Zeit gar nicht, dass sie eine schützenswerte Erfindung entwickelt haben. Das ist schade und kann auch teuer werden, denn eine geschützte Erfindung kann vor allem kleineren Unternehmen mit einer begrenzten Produktpalette enorme Wettbewerbsvorteile verschaffen. Damit Sie von den Erfindungen, die bisher nur in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter existieren, auch erfahren, sollten Sie Ihr Team ermuntern, Erfindungen zu melden. Das motiviert die Mitarbeiter und fördert das Gefühl der Zugehörigkeit zur Firma. Gegen die Hemmschwelle hilft die Aussicht auf Vergütung und ein vorbereitetes Meldeformular für Erfindungen im Intranet. Ein gut funktionierendes Meldesystem erleichtert die weiteren Schritte: Bestimmen Sie einen Ihrer Mitarbeiter (oder sich selbst) zum Erfindungsbeauftragten. An diesen Ansprechpartner können sich Mitarbeiter mit ihren Ideen wenden; er sollte technisch versiert sein und den Erfinder bei der Ausarbeitung der Erfindungsmeldung unterstützen.“

Dr. Alfons Hofstetter, Patent- und Rechtsanwälte Hofstetter, Schurack & Skora

Meldeverfahren

Der Arbeitnehmer muss eine Erfindung (auch eine vermeintlich freie, für den Fall, dass sie für das Unternehmen verwertbar wäre) unverzüglich seinem Arbeitgeber schriftlich melden. Den Umfang der Pflichtmeldung gibt § 5 Abs. 2 ArbnErfG vor:

„(2) In der Meldung hat der Arbeitnehmer die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Diensterfindung zu beschreiben. Vorhandene Aufzeichnungen sollen beigefügt werden, soweit sie zum Verständnis der Erfindung erforderlich sind. Die Meldung soll dem Arbeitnehmer dienstlich erteilte Weisungen oder Richtlinien, die benutzten Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes, die Mitarbeiter sowie Art und Umfang ihrer Mitarbeit angeben und soll hervorheben, was der meldende Arbeitnehmer als seinen eigenen Anteil ansieht.“

Bei einer unvollständigen Meldung muss der Arbeitgeber innerhalb von zwei Monaten eventuelle Ergänzungen einfordern. Dabei ist es durchaus sinnvoll, seine Mitarbeiter zu unterstützen, denn es liegt im Interesse aller Beteiligten, im Meldeverfahren die Entstehung der Erfindung so detailliert wie möglich zu beschreiben. Wenn mehrere Personen an der Erfindung beteiligt sind, sollte genau beschrieben werden, wer welchen Anteil hat.

Wenn die Meldung ordnungsgemäß eingegangen ist erhält der Arbeitnehmer eine schriftliche Bestätigung über den genauen Zeitpunkt des Eingangs der Meldung. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Viermonatsfrist für den Arbeitgeber, in der er entscheiden muss, ob er die Erfindung beschränkt oder unbeschränkt in Anspruch nehmen will.

Inanspruchnahme

§ 6 ArbnErfG unterscheidet zwischen beschränkter und unbeschränkter Inanspruchnahme. Wenn der Arbeitgeber die unbeschränkte Inanspruchnahme der Erfindung erklärt, gehen alle Rechte der Erfindung an ihn über. Er verpflichtet sich damit jedoch auch zur Einreichung eines Patentes oder eines Gebrauchsmusters.

Mit einer beschränkten Inanspruchnahme hat der Arbeitnehmer das Recht, die Erfindung auch anderen Interessenten anzubieten. Wenn allerdings durch die beschränkte Inanspruchnahme die Verwertung für den Arbeitnehmer „unbillig erschwert“ wird, darf er seinen Arbeitgeber auffordern, die Erfindung innerhalb von zwei Monaten entweder unbeschränkt in Anspruch zu nehmen oder freizugeben.

Vergütung

Das Bundesministerium für Arbeit- und Soziales hat zur Vergütung von Arbeitnehmererfindungen die „Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst“ veröffentlicht.

Kommt keine Einigung über die Vergütung zustande, kann auch (übrigens kostenlos) die Schiedsstelle nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) hinzugezogen werden, deren Vorschläge zu etwa 70 % von beiden Parteien ohne Widerspruch akzeptiert und damit verbindlich werden. Erst wenn auch mithilfe der Schiedsstelle keine Einigung erreicht wurde, kann die Höhe der Vergütung gerichtlich geklärt werden.

Fazit: Potenzial im Unternehmen halten

Innovative Produkte und Verfahren zählen zu den wichtigen immateriellen Vermögensgegenständen eines Unternehmens, und eine marktfähige Erfindung kann entscheidend zum Wachstum der Firma beitragen. Universitäten und große Konzerne haben im Umgang mit Arbeitnehmererfindungen meist genügend Übung; für kleinere und mittlere Unternehmen ist das Verfahren aber oft ungewohnt – obwohl der Mittelstand insgesamt der Ideengeber der Wirtschaft ist. Um von vornherein Reibereien zu vermeiden, lohnt es sich, schon bei der ersten Meldung einen Patentanwalt zu konsultieren, der bereits bei der Frage berät, ob es sich um eine freie oder eine Diensterfindung handelt, dann auf die Vollständigkeit der Meldung achtet und schließlich bei der Einreichung und Verwertung von Patenten und Gebrauchsmustern hilft.

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