Basel II

Was Unternehmer über Basel II wissen müssen

Von Michael J.M. Lang

Basel II steht für die Neuregelung des Bankaufsichtsrechts. Er bezeichnet Vorschriften zur Absicherung der Eigenkapitaldecke der Banken, um eigene Insolvenzen durch Kreditausfälle zu vermeiden; sie sind mit Ende 2006 in Kraft getreten. Das übergreifende Hauptziel ist die Sicherung des internationalen Finanzsystems.

Große Bankenpleiten in den siebziger Jahren führten zur Gründung eines Ausschusses für Bankenaufsicht in Basel bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Er setzt sich aus Vertretern der Zentralbanken bzw. Bankaufsichtsbehörden von Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Schweiz, Spanien, USA und Großbritannien zusammen. Als einen von mehreren, bei Bankenkrisen wesentlichen Faktor identifizierte der Ausschuss das Kreditrisiko der Banken. Das Ergebnis war die Basler Eigenkapitalvereinbarung von 1988, bekannter unter dem Begriff „Basel I“.

Die Dynamisierung des Marktes und neue Finanzierungsformen führten 1999 zu einer Neufassung und gipfelte 2004 in der Veröffentlichung der neuen Basler Eigenkapitalvorschriften. Diese „Basel II“ genannten Vorschriften sind mittlerweile in deutsches Recht umgesetzt und regeln ab 2006 die Kreditvergaben der deutschen Banken.

Das Risiko für den Kreditgeber, die Bank, wird in Zukunft nicht mehr in klassischer Weise allein aus den Bilanzen des Kreditnehmers errechnet, sondern unter Einbeziehung zukünftig zu erwartender Ergebnisse und interner wie externer Risiken. Das Rating spiegelt die zu erwartende Unternehmenssituation wesentlich genauer wider als bisherige Bewertungen und erlaubt daher eine individuellere Zinsgestaltung. Gleiches gilt für den in Zukunft nötigen Eigenkapitalbedarf der Banken, der zwischen 1,6 Prozent und 12 Prozent liegen darf. Das bedeutet: Kredite für gut bewertete Unternehmen werden günstiger; bei einem schlechten Rating werden die Kredite teurer, wenn sie überhaupt gewährt werden.

Damit bedeutet Basel II sowohl eine neue Kostenbelastung für Unternehmen mit schlechtem Rating als auch neue Chancen für gute Kreditnehmer, die nun entlastet werden. Dass insgesamt die Kredite in der Summe nicht teuerer werden, hat die fünfte Auswirkungsstudie gezeigt (deren Ergebnisse gibt es bei der Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht als PDF). Die Frage stellt sich allerdings, welche Konsequenzen die Banken in der Praxis für ihre eigene Unternehmensstrategie ziehen werden.

Basel II regelt die Kreditvergabe der Banken

Ein häufig assoziiertes Bild für den Inhalt von Basel II ist das Drei-Säulen-Modell . Es beschreibt die Anforderungen von Basel II an die Banken. Die drei Säulen sind die Mindestkapitalanforderungen, die Überprüfungsverfahren und die Plichten zur Offenlegung und Marktdisziplin.

Säule 3 (Offenlegung und Marktdisziplin) ist für die Bankkunden kaum von Interesse.

Säule 2 bezeichnet die Güteüberprüfung der Kreditbewertungsverfahren; auch sie ist für den Mittelstand kaum von Bedeutung.

Säule 1 ist die interessanteste. Sie besteht aus den Mindestkapitalanforderungen, also Bestimmungen, mit welchen Eigenmitteln die Banken ihre Risiken absichern müssen. Bei der Risikogröße der Banken spielt vor allem das jeweilige Kreditausfallrisiko eine wichtige Rolle, das letzlich die Zinshöhe bestimmt. Es wird dabei durchaus auch Banken mit risikoreicheren Portfolios geben – aus Sicht der Banken ist einzig entscheidend, dass Ertrag und Risiko im Verhältnis stehen.

Professionelles Rating erleichtert Wachstum

Das Rating der Kreditwürdigkeit von Unternehmen nach Basel-II-Kriterien spaltet den Mittelstand. Der Meinungsstreit entzündet sich scheinbar an der nüchternen Kostenfrage, spiegelt aber in Wahrheit den Streit zweier Unternehmensphilosophien – Bauch gegen Kopf – wieder. Gerade im Mittelstand setzen viele Unternehmer auf das Bauchgefühl als Leitgröße für Entscheidungen. Das Rating fordert aber sachliche Analysen, wie sie bisher fast ausschließlich in großen Unternehmen üblich waren. Tatsache ist, dass viele mittelständische Unternehmen genau dann scheitern, wenn im Zuge des eigenen Wachstums sowohl die Marktaktivitäten als auch die Betriebsstrukturen unübersichtlich werden und das Bauchgefühl zu überfordern beginnen. In der Regel findet dieser Übergang bei Betriebsgrößen zwischen 100 und 500 Mitarbeitern oder mehr als drei Niederlassungen statt.

Wer sich dieser Schwelle bewusst ist, erkennt die Chance, die das Rating bietet, diese gefährliche Hürde zu nehmen. Anders als in der Diskussion oft zu hören, profitieren vor allem kleinere Betriebe mit Wachstumspotenzial vom Rating auf geradezu existenzielle Weise. Allerdings nur dann, wenn für das Rating Werkzeuge eingesetzt werden, die für das Tagesgeschäft taugliche Daten liefern. Alltagstaugliche E-Business-Systeme sind zwar teurer als ausschließlich auf die Ratinganforderungen zugeschnittene Tools. Dennoch sollten bei der Planung der Ratinginstrumente die Anforderungen des laufenden Geschäfts Vorrang vor dem Bestreben haben, die Ratingkosten möglichst klein zu halten.

Basel II kann Kosten in Investitionen verwandeln

Unternehmen und Kredite gehören zusammen wie Banken und Basel II. Doch für das Basel-II-konforme Rating ist eine dynamische Analyse und Bewertung der Unternehmenszahlen nötig. Diese Analyse gestaltet sich umso einfacher, je mehr Geschäftsprozesse und Unternehmensdaten im laufenden Business elektronisch erfasst, verarbeitet und gespeichert werden.

Unternehmen, die ihre Verwaltung, Planung und Kundenbeziehungen konsequent per E-Business erledigen, erfüllen automatisch eine wesentliche Voraussetzung für das Rating. Ihre Unternehmenszahlen sind jederzeit transparent und konsolidiert verfügbar. Voraussetzung ist eine durchgehende Struktur und einheitliche Datenbasis des Systems.

Die Investition in die Software rentiert sich weitaus mehr, als auf den ersten Blick erkennbar. Durch den Einsatz von E-Business-Software werden nämlich nicht nur die Kosten des Ratings minimiert und die Geschäftsprozesse optimiert. Im Zuge der Optimierung steigt wiederum der Ratingwert mit der Folge einer tendenziellen Kreditzinsminimierung. Dieser Vorteil lässt sich zusammen mit der Bank vorab schätzen. Je nach Betrachtungszeitraum amortisiert sich die Investition nicht nur, sondern führt sogar zu Renditesteigerungen.

Selten bietet sich für Unternehmen eine so gute Chance, scheinbare Nachteile in handfeste Vorteile umzumünzen.

Basel-II-Rating für kleine Kredite rentiert sich nicht

Basel II ist auch für Freiberufler und Kleinstbetriebe ein Thema. Nicht die gewerbliche Form ist entscheidend, sondern die Kredithöhe. Theoretisch können die Banken kleine Kredite wie Privatkundenkredite behandeln. Allgemein ist derzeit als Grenze eine Kredithöhe von einer Million Euro im Gespräch. Wenn sich das Verfahren zur Risikominimierung aber bewährt, werden die Banken das Rating auf alle gewerblichen Kredite anwenden. Die Tücke liegt darin, dass sich für die Bank ein intensives Rating für kleine Kredite nicht rentiert. Es ist zu befürchten, dass diese Kreditnehmer im bankinternen Rating mit einem Sicherheitsabschlag belegt und zu schlecht bewertet werden. Dann bleibt nur das externe Rating mit entsprechenden Kosten.

Wichtig zu wissen: Gerade Basel II schreibt eine individuelle Risikobewertung vor. Deshalb werden für Freiberufler und Kleinstbetriebe typische Faktoren herangezogen: z.B. Alter und Ausbildung des Freiberuflers oder Inhabers, Nachfolgeregelung usw. Wird nur eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung praktiziert, wird diese für die Beurteilung des zu erwartenden Gewinns herangezogen.

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