Datenrettung bei Hardwareschäden

Verschmort, verschlissen, durchgebrannt

Von Sabine Philipp und Sebastian Sand

Wenn es ganz schlimm kommt und der Datenträger nach einem Unfall oder durch ein Feuer stark beschädigt ist, so dass er nicht mehr funktioniert, können Softwarelösungen keine Hilfe mehr bieten. Sowohl bei solch offensichtlichen äußeren Beschädigungen als auch beim Versagen einzelner interner Komponenten spricht man von mechanischen oder pysikalischen Schäden am Datenträger.

Außerdem geht jede Festplatte durch allmählichen Verschleiß irgendwann kaputt. Dies kündigt sich meist durch sonderbare Geräusche an, die das Laufwerk zuvor nicht gemacht hat. In einem solchen Fall sollte man den Rechner sofort ausschalten, um zu verhindern, dass weitere physikalische Schäden entstehen. Was in solchen Fällen noch möglich ist, zeigt das wohl prominenteste Beispiel der Branche: Selbst Festplatten die nach dem 11. September 2001 aus den Trümmern des World Trade Centers geborgen wurden, konnten zu einem großen Teil komplett oder wenigstens in Teilen wiederhergestellt werden. In speziellen Labors werden dabei beschädigte Komponenten der Datenträger ausgetauscht.

Große Dienstleister unterhalten aus diesem Grund ein riesiges Archiv mit Exemplaren aller jemals verkauften Festplatten, damit sie im Notfall immer das passende Ersatzteil auf Lager haben. Oft ist die Mechanik aber so stark beschädigt, dass nur der Ausbau der Magnetscheiben bleibt. Diese werden dann in eine baugleiche Festplatte einmontiert und die Daten so gerettet.

Express kostet extra

Da jede Datenrettung ein besonderer Fall ist, gibt es keine standardisierten Preislisten. Fest steht jedoch, dass die Hilfe bei physikalischen Schäden kostenintensiv ist. Im Wesentlichen hängt der Preis von der Art des Datenträgers, der Größe, dem verwendeten Datei- bzw. Betriebssystem und dem Grad der Beschädigungen ab. Alle seriösen Anbieter analysieren deshalb nach Eingang den Datenträger ausgiebig und erstellen eine Diagnose mit Festpreisangebot.

Serie: Datenrettung
Teil 1 erklärt, was wichtig ist, wenn die Plat­te plötz­lich streikt. Teil 2 sagt, was bei Software­fehlern mög­lich ist, und listet die wich­tigsten Pro­gram­me für die Selbst­hilfe. Teil 3 begut­achtet Hard­ware­schäden und gibt einen Über­blick über die gro­ßen Profi­labore. Teil 4 ist als Rat­geber ge­dacht: Es geht darum, was Sie von einem gu­ten Daten­retter er­warten dürfen. Ein Sonderbeitrag widmet sich dem Problem der Online-Datenrettung aus der Cloud für Mobilgeräte.

Für den Fall, dass eine Rettung sich finanziell nicht mehr lohnt oder einfach nicht mehr möglich ist, wird der Datenträger wieder zurückgeschickt. Gegen eine zusätzliche Gebühr wird vielfach auch die Expresswiederherstellung angeboten. Dann wird auch außerhalb der normalen Bürozeiten, also nachts und an Wochenenden, versucht, die verlorenen Daten zu rekonstruieren.

Die Kostenstruktur unterscheidet sich stark von Anbieter zu Anbieter. Beispielsweise ist die Diagnose in vielen Fällen kostenlos, in anderen kann sie bereits bis zu 500 Euro kosten. Manche Diensleister bieten dafür eine Geld-zurück-Garantie an, für den Fall, dass die Daten nicht rekonstruiert werden können. Auch bereits geleistete Arbeit muss in solchen Fällen nicht bezahlt werden.

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Als Peter Böhret 2007 in die euro­päische Ebene auf­rückte, trat Ed­mund Hilt seine Nach­folge als Managing Director von Kroll On­track in Böb­lingen an. Dort ist er kein Unbe­kannter. Für das Unter­nehmen, das seine Kom­pe­tenzen als pro­fessio­neller Daten­retter mehr und mehr in Rich­tung elek­tro­nischer Spuren­sicherung aus­weitet, war Hilt bereits Ende der 1990er-Jahre tätig.


Kroll Ontrack GmbH, Hanns-Klemm-Straße 5, 71034 Böblingen, Tel.: 07031-644-0, info@krollontrack.de, www.krollontrack.de

Notoperation im Profi-Labor

Es ist schon erstaunlich, welche irrigen Rettungsglauben bzw. -aberglauben in vielen Unternehmen zu finden sind. Bei Kroll Ontrack wurde z.B. einmal eine Festplatte im tropfenden Beutel abgegeben. Edmund Hilt staunt noch heute: „Der Kunde hatte im Internet gelesen, dass man eine defekte Festplatte retten könne, wenn man sie ins Gefrierfach legt!“ Föhnen ist übrigens ebenso tabu. Dadurch trocknet die Flüssigkeit ein, und es bleiben schwer entfernbare Verunreinigungen auf der Festplatte. Profis raten dazu, Wasserschäden feucht zu halten und die Drives z.B. in einem feuchten Tuch eingewickelt einzusenden.

Da es oft nur einen Rettungsversuch gibt, ist es wichtig, gleich den richtigen Dienstleister zu beauftragen. Neben sehr guten Anbietern tummeln sich leider auch viele schwarze Schafe in dieser Branche. Wer nach einem erfolglosen Rettungsversuch die Festplatte erst gegen ein Extra-Bakschisch wieder herausrückt, zählt sicherlich dazu.

Alle hier aufgeführten Datenretter bieten ihre Dienste (mindestens) bundesweit an und verfügen in besonderes dringlichen Fällen auch über einen Express-Service.

Unsere Weiße Liste* der professionellen Datenretter

  • Convar Deutschland, www.datarecovery-europe.com. Disketten: € 35–110, Festplatten (je nach Größe): € 300–4650, Bandlaufwerke: € 175–12.750, Diskettendiagnose: € 12–23, Festplattendiagnose: € 150–300, Raid-Diagnose: € 870–1740 | Massachusetts Ave. 4600, Gewerbepark Husterhoehe, 66953 Pirmasens, Tel.: (0800) 026 68 27
  • Data Recovery, www.data-recovery.de. Festplatten: ca. € 300–800, Anfrage per Telefon oder Internet: kostenlos , Diagnose: kostenlos, Expressdiagnose: ab € 190 , 24h-Notdienst-Diagnose: € 490 | Haynauer Str. 60, 12249 Berlin, Tel.: (0800) 44 33 33 41; Labors in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt, München.
  • IT Service 24 Datenrettung, www.it-service24.com. 3,5″-Diskette: ab € 40, SD-Karte/USB-Stick: ab € 75, Festplatte (logischer Schaden): ab € 300, Festplatten (mechanischer Schaden): auf Anfrage, Raid-Serversystem: ab € 600 | Feringastr. 6, 85774 München-Unterföhring, Tel.: (0800) 181 16 44, Labors in Bridgend, Wales (UK).
  • Kroll Ontrack, www.krollontrack.de. Preise: ab € 700–2800, Anfrage per Telefon oder Internet: kostenlos , Diagnose: ab € 90, Expressdiagnose: ab € 190 , 24h-Notdienstdiagnose: € 490 | Hanns-Klemm-Str. 5, 71034 Böblingen, Tel.: (0800) 10 12 13 14, Labors in Böblingen, Hamburg, München.
  • Kuert Datenrettung Deutschland, www.datenambulanz.de. Festplatten (logischer Schaden): € 400–800, Festplatten (physikalischer Schaden): € 900–1600 , Diskettendiagnose: € 13–30, Festplattendiagnose: € 80–200 , Raid-Diagnose: € 160–400 | Südring 23, 44787 Bochum, Tel.: (0234) 923 30 96
  • Pro Datenrettung, www.pro-datenrettung.net. Festplatten (logischer Schaden): ab € 300, Raid-Systeme: ab € 600, SD-Karten/USB-Sticks etc.: ab € 70, Festplatten (mechanischer Schaden): auf Anfrage, Diagnose: kostenlos, Expressdiagnose: ab € 190 , 24h-Notdienstdiagnose: € 490 | Neumarkt Galerie, Richmodstr. 6, 50667 Köln, Tel.: (0800) 182 49 98, Labor in Köln.
  • RSE Datenrettung, www.rsedatenrettung.de. Festplatten: ab € 400, Diagnose pro Festplatte: ab € 75, Expressdiagnose: ab € 190, 24h-Notdienstdiagnose: € 490 | Under den Linden 21, 10117 Berlin, Tel.: (030) 20 92 40 15, Labors in Berlin, Düsseldorf, München, Hamburg, Frankfurt.

* alphabetisch sortiert

Darüber hinaus gibt es noch etliche Datenrettungsdienste, die entweder nur regional verfügbar sind oder nicht alle Möglichkeiten der Wiederherstellung anbieten. Zwei Beispiele:

Was Google sonst noch findet

  • PCF Computer Service-Netz, www.derpcfuchs.de. Logischer Schaden: € 400–900*, Physischer Schaden: € 700–2000 [inkl. Diagnose], Raid-Systeme: ab € 800 , Festplattendiagnose: € 80–220, Raid-Diagnose: € 95–195 | Kölner Landstraße 211, 40591 Düsseldorf, Tel.: (0800) 50 02 22 15. Labor in Deutschland; einzelne Serviceleistungen und angebotene Dienste nur im Raum Düsseldorf verfügbar.
  • X Datenrettung, www.xdatenrettung.de. Kleiner als 160 Gbyte: € 200–300 , größer als 160 Gbyte: € 300–500 , Spezialrettung (physische Schäden): € 300–500, Diagnose: kostenlos [falls möglich wird jedoch automatisch eine kostenpflichtige Standardrettung durchgeführt], Raid-Diagnose: € 870–1740, Express-Service: nicht verfügbar | Danzigerstr. 78a, 10405 Berlin, Tel.: (030) 41 72 50 45.

Fazit: Was Daten wert sind, die weg sind

Egal ob jemand die Daten aus Versehen gelöscht hat oder die Festplatte formatiert wurde, ob sie ein Brand beschädigt hat oder einfach die Mechanik versagte – für jeden dieser Fälle gibt es Lösungen. Ob sie den finanziellen Aufwand wert sind, hängt einzig und allein von den verlorenen Daten selbst ab. Die Schlüsselfragen sind:

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Generell gilt, dass auch bei extremen Beschädigungen die Daten zumindest teilweise gerettet werden können. Was diese Leistung wert ist, muss der konkrete Einzelfall entscheiden.

Worauf Sie achten sollten, wenn Sie sich im Krisenfall an ein Rettungslabor wenden, erläutert Teil 4 dieser Serie.

Nützliche Links

In der Diskussion gibt es hierzu eine Anmerkung von Kroll Ontrack.