Deutschlandfonds

Der Entwurf zielt auf Anteilssicherheit

Von Dr. Hermann Vogt

In ihrem Bericht der gemeinsamen „Arbeitsgruppe Mitarbeiterbeteiligung“ von Parteivorstand und Bundestagsfraktion vom Juni 2007 schlug die SPD einen „Deutschlandfonds für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ vor, der in dieser Form ein gänzlich neues Konzept aufweist. Dieser Fonds sollte den Unternehmen so viel Investitionskapital zur Verfügung stellen, wie von deren Mitarbeitern über Fondsanteile angelegt wird.

Insofern handelt es sich in diesem „Dreiecksmodell“ nur um eine indirekte Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer, die mit ihren Einlagen den Deuschlandfonds finanzieren.

Zusätzlich soll der Staat diese Vermögensbildung – ähnlich wie im CDU-Modell „Betriebliche Bündnisse für Soziale Kapitalpartnerschaften“ – mit direkten Subventionen und Steuerfreibeträgen fördern.

Ziele

In ihren Eckpunkten für mehr Mitarbeiterbeteiligung definiert die SPD folgende vier Ziele:

  • „Die Förderung des Vermögensaufbaus der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
  • die Reduktion des doppelten Risikos (Kumulierung von Arbeitsplatz- und Vermögensanlagerisiko) bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
  • die Sicherstellung der Handelbarkeit/Fungibilität der Anteile der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (aus Arbeitnehmersicht) und
  • die Reduktion der administrativen Kosten von Mitarbeiterbeteiligungs-Modellen aus Sicht der interessierten Unternehmen (insbesondere Mittelständler).“

„Deutschlandfonds für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Eckpunkte für mehr Mitarbeiterbeteiligung“, S. 11

Der Deutschlandfonds soll allen Unternehmen offen stehen, die ihren Mitarbeitern zusätzlich zum Tariflohn eine freiwillige, indirekte Beteiligung an ihrem Unternehmen ermöglichen wollen. Die Unternehmen sollen aber nur so viel Kapital aus dem Fonds erhalten, wie ihre jeweiligen Mitarbeiter auch einbezahlt haben. Dazu sollen entsprechende Vereinbarungen über Mitarbeiterbeteiligung abgeschlossen werden.

Grundsätze

Die SPD hat in Übereinstimmung mit den deutschen Gewerkschaften jede Art von Investivlohn oder lohnähnlichen Leistungen des Arbeitsgebers lediglich als Zusatz zum Tariflohn konzipiert, um die Tariflöhne in keiner Weise zu beschneiden und für die Tarifverhandlungen genügend Spielraum zu bewahren.

Der Fonds steht allen Unternehmen für ihre in Deutschland tätigen Mitarbeiter offen, deren Fondseinlagen in der Höhe nicht begrenzt werden sollen.

Grundsätzlich soll der Fonds professionell gemanagt werden:

  • Finanzierungsanträge von Unternehmen sollen auf der Basis von Ratings bewertet werden; Anträge können auch abgelehnt werden.
  • Die Rückzahlung der Einlagen soll jederzeit gewährleistet werden.
  • Das Fondsmanagement soll als Sachwalter und Interessenvertreter der Arbeitnehmer arbeiten.
  • Alle in Deutschland geltenden Bestimmungen für geschlossene Fonds sollen eingehalten werden.
  • Bei der operativen Umsetzung des Deutschlandfonds soll ein tragfähiger Kompromiss zwischen den beiden Zielen (Reduktion der administrativen Kosten durch Standardisierung und Bedarfsgerechtigkeit des Kapitals) gefunden werden.

Schließlich ist vorgesehen, dass der Deutschlandfonds durch die Unterstützung von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, Unternehmen und deren Mitarbeitern sowie der Bundesregierung von einem breiten Konsens getragen wird.

Neben der Förderung der Mitarbeiterbeteiligung will die SPD aber auch die Altersvorsorge der Arbeitnehmer stärken, insbesondere soll dafür das Instrument der Entgeltumwandlung optimiert werden.

Anreize

Da der Deutschlandfonds auf die Arbeitnehmer ausgerichtet ist, sollen sowohl die Unternehmen als auch der Staat diese Form der Mitarbeiterbeteiligung besonders fördern:

  • Die Unternehmen leisten zusätzlich zu den Tariflöhnen an ihre Mitarbeiter Zahlungen, mit denen der Kauf von Fondsanteilen unterstützt werden soll.
  • Der Staat fördert die Mitarbeiterbeteiligung für die Arbeitnehmer mit Sparzulagen nach dem 5. VermBG und für die Unternehmer mit Steuerfreibeträgen (§ 19a EStG).

Die einzelnen Förderinstrumente sollen miteinander kombinierbar sein.

Besonderen Wert legt die SPD auf die Sicherung der Arbeitnehmerfondsanteile:
Der Fonds soll insgesamt durch eine staatliche Bürgschaft gegen eine Insolvenz gesichert werden; einzelne Unternehmensinsolvenzen sollen durch den sehr breit angelegten Fonds aufgefangen werden. Ein direkter Zusammenhang zwischen Arbeitnehmereinlagen und Kapitalanlagen am arbeitgebenden Unternehmen ist trotz der Vereinbarungen über Mitarbeiterbeteiligung nicht vorhanden.

Staatliche Leistungen

Arbeitnehmersparzulage

Gemäß dem 5. VermBG hat der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die vermögenswirksame Anlage von Teilen des Arbeitslohnes. Dazu soll der Staat für einen Anlagebetrag von max. 400 Euro pro Jahr den Zuschuss von 18 % auf 20 % heben (also von max. 72 Euro auf 80 Euro). Die Einkommensgrenzen für die Förderung sollen von 17.900/35.800 Euro auf 20.000/40.000 Euro erhöht werden (§ 13, Abs. 2, 5. VermBG). Der Fördersatz soll also wieder auf den Stand von vor dem Jahr 2004 gebracht werden.

Steuerfreibeträge

Die bisher in § 19a EStG festgelegte Höchstförderungssumme könnte als Anreiz für Unternehmen von 135 Euro auf 240 Euro jährlich angehoben werden. Damit wäre ein Monatsbetrag von 20 Euro für die Unternehmen steuerfrei.

Kosten

Gemäß dem SPD-Konzept wird der zusätzliche Steuerausfall auf ca. 70 Mio. Euro geschätzt; die zusätzlichen Ausfälle der Sozialversicherungen werden mit 90 Mio. Euro kalkuliert. Die Mehrkosten der staatlichen Sparzulagen werden auf rund 50 Mio. Euro geschätzt (davon ca. 30 Mio. für die Anhebung der Förderungssumme).

Insgesamt belaufen sich also die zusätzlichen Kosten des Programms auf 210 Mio. Euro; die Gesamtkosten des Programms sind nicht genannt.

Fazit: Vorstoß in die richtige Richtung

Da bislang trotz der staatlichen Förderung die Kapitalbeteiligung von weniger als 5 % der deutschen Unternehmen praktiziert wird (meist in Form von Belegschaftsaktien), ist kaum anzunehmen, dass die bislang völlig unzureichenden Steuerfreibeträge bzw. Fördersätze durch eine geringfügige Erhöhung besondere Anreize für Unternehmer oder Arbeitnehmer geben. Bei den kalkulierten zusätzlichen Subventionen von 210 Mio. Euro kann es sich also nur um einen Alibibetrag handeln.

Das Modell des Deutschlandfonds für die Mitarbeiterbeteiligung ist insgesamt völlig unausgereift und in seinen Verwaltungskosten nicht kalkulierbar. Wie für das Konzept ein Konsens zwischen allen Beteiligten gefunden werden kann, ist derzeit gar nicht vorstellbar.

Außerdem ist ein Deutschlandfonds gerade für den Mittelstand indiskutabel. Ist ein Unternehmen an einer Finanzierung über Fondskapital interessiert, gibt es eine gute Auswahl an leistungsfähigen und im Wettbewerb stehenden Fonds. Schon nach wenigen Jahren wäre die wirtschaftliche Macht des neuen Fonds nicht mehr kontrollierbar – und dann auch mit dem Wettbewerbsrecht nicht mehr vereinbar.

Immerhin hat die SPD mit ihren „Eckpunkten für mehr Mitarbeiterbeteiligung“ die politische Diskussion angeregt. Das Konzept wird aber in der Großen Koalition nicht umsetzbar sein. Denkbar ist ein Kompromiss zwischen den Plänen beider Regierungsparteien, mit dem Angebot von Regional- bzw. Branchenfonds, die in Tarifverträgen geregelt werden. Inwieweit die Steuerfreibeträge bzw. die Förderbeträge letztendlich angehoben werden können, wird primär durch die gesamte Haushaltspolitik bestimmt. Diese Beträge sind auf jeden Fall viel zu gering, um einen wirklichen Anreiz zu schaffen.

Nützliche Links

Den Bericht der gemeinsamen „Arbeitsgruppe Mitarbeiterbeteiligung“ von SPD-Parteivorstand und SPD-Bundestagsfraktion, Juni 2007, mit dem Titel „Deutschlandfonds für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Eckpunkte für mehr Mitarbeiterbeteiligung“ gibt es auf der SPD-Site als PDF zum Download. Der Verein Zukunft unserer Arbeit e.V. und die Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft e.V. (AGP) präsentieren das Internet-Portal www.mitarbeiterbeteiligung.info. Dort werden Best-Practice-Unternehmen vorgestellt; außerdem sind zu den verschiedensten Bereichen der Mitarbeiterbeteiligung Materialien zum Download und wichtige Weblinks zu finden. Neu ist das Internet-Portal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung speziell für den Mittelstand.