International Financial Reporting Standards (IFRS)

Der Finanzmarkt will vergleichen können

Von Sabine Philipp

Wer Aktien ausgibt oder Anleihen begeht, muss seinen Konzernabschluss nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) des IASB erstellen. Die Unterschiede zu den amerikanischen United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) sind nicht so groß. Zum HGB dafür umso gewaltiger.

Der größte Unterschied zwischen IFRS bzw. US-GAAP und dem Handelsgesetzbuch liegt in der Ausrichtung. Während beim HGB der Gläubigerschutz die entscheidende Rolle spielt, ist bei IFRS/US-GAAP der Investor die Zielperson; der Abschluss ist also hier primär auf Informationszwecke zugeschnitten.

Transparenz ist oberstes Gebot

Nach dem HGB dürfen Sie z.B. Gewinne nur dann berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag schon realisiert sind. Außerdem müssen Sie sie möglichst niedrig ausweisen.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Falls doch mehr übrig bleibt, gibt es so genannte stille Reserven. Diese entstehen durch eine Unterbewertung der Aktiva oder durch eine Überbewertung der Passiva und sind für Außenstehende nicht zu erkennen. Genau das macht den Abschluss nach HGB ziemlich intransparent. Denn wenn das Geschäft schlecht läuft, könnten Sie das theoretisch mit den stillen Reserven lange verschleiern.

Rechtsprinzipien
Auch wenn sich US-GAAP und ISFR sehr ähnlich sind und sich auch immer mehr annähern – es gibt einen grundlegenden Unterschied: Das angloamerikanische System des Fallrechts (Case Law) stützt sich sehr auf Präzedenzurteile. Daher ist auch US-GAAP stark einzelfallorientiert. IFRS hingegen entsprechen dem römisch-europäischen Rechtssystem, das sich auf Gesetze stützt; sie sind also eher allgemeingültig ausgerichtet.

Bei IFRS/US-GAAP müssen Sie hingegen alle Karten auf den Tisch legen. Die vorgegebene Offenheit geht so weit, dass Sie sogar einzelne Abschlussvorschriften missachten müssen, wenn diese in einem irreführenden Jahresabschluss resultieren würden. (Natürlich müssen Sie im Anhang genau darlegen, warum Sie was wie getan haben.)

Standards im Überblick
Es gibt noch eine Reihe weiterer bedeutsamer Unterschiede zwischen IFRS und HGB; eine gute Informationsquelle hierzu ist das IFRS-Portal, wo man die beiden Normen auch tabellarisch gegenübergestellt findet (als PDF).

Vermögensbewertung nach Fair Value

Am deutlichsten wird der Unterschied aber bei der Vermögensbewertung. Bei Abschlüssen nach dem Handelsgesetzbuch können Sie bei Vermögensgegenständen höchstens den Anschaffungswert oder die Herstellungskosten ansetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB). Diese müssen Sie dann im Laufe der Jahre um die planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen verringern (§ 253 Abs. 2 und 3 HGB).

Wenn Sie also z.B. ein Ladengeschäft kaufen, dann können Sie den gezahlten Preis ansetzen und das Gebäude nach Plan abschreiben – selbst wenn die Immobilienpreise ins Bodenlose sinken. Anders als bei IFRS/US-GAAP. Hier wird der tatsächliche Wert zugrunde gelegt. (Man spricht hier von Fair Value.) Für unser Beispiel heißt das, dass eben der aktuell gesunkene Immobilienwert angesetzt wird. Steigen hingegen die Preise, können Sie natürlich mehr angeben.

IFRS sind US-GAAP-kompatibel

Unternehmen, die auch in den USA tätig sind, brauchten bislang noch zusätzlich einen Abschluss nach US-GAAP. Mittlerweile werden dort auch IFRS anerkannt. Aber nur, wenn Sie eine Überleitungsrechnung beilegen. In diesem Anhang stellen Sie dar, wie das Ergebnis nach US-GAAP gewesen wäre.

Zeitfenster vorausschauend planen

Für die Umstellung auf IFRS benötigen Sie eine etwa zweijährige Vorlaufszeit. Ein Beispiel: Sie wollen zum 31. Dezember 2009 einen IFRS-Abschluss erstellen. Dann benötigen Sie Vergleichszahlen von 2008, Saldenvorträge für den 1. Januar 2008 sowie die Abschlusszahlen von 2007.

Mit den Zahlen allein ist es aber nicht getan. Der organisatorische Aufwand ist sehr hoch. Am besten ziehen Sie jemanden zu Rate, der bereits Erfahrung damit hat.

Fazit: Das HGB bleibt entscheidend

In der Regel müssen nur Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen nach IFRS bilanziert werden. Bei den Einzelabschlüssen gilt immer noch das Handelsgesetzbuch. Große Kapitalgesellschaften (nach § 267 HGB) können zwar bei Pflichtveröffentlichungen wie im Bundesanzeiger einen IFRS-Einzelabschluss publizieren. Aber ihre Steuer- und Ausschüttungsbemessung bezieht sich weiterhin auf den HGB-Einzelabschluss.

Für KMU, die nicht auf dem Parkett unterwegs sind, macht der Abschluss nach IFRS nur dann Sinn, wenn sie international vergleichbar sein müssen. Das kann der Fall sein, wenn Sie z.B. Internationale Fördermittel beantragen oder Ihre ausländischen Kunden bzw. Lieferanten ihn verlangen. Ansonsten sollten Sie sich den Schritt gut überlegen. Denn Sie müssen nicht nur die Mitarbeiter umschulen. Sie brauchen auch neue Software. Und die kann richtig ins Geld gehen.

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