Keine Angst vor den Chinesen, Teil 5

Wer das Spiel kennt, kann gewinnen

Von Sabine Philipp

Bei Geschäften mit Chinesen ist es wichtig, ein gutes Verhältnis aufzubauen, Guanxi genannt. Deshalb kann es mitunter länger dauern, bis Produktion oder Vertrieb laufen. Stellen Sie sich also darauf ein, zunächst tagelang mit Ihrem Partner über Privates zu plaudern und viel und ausgiebig Essen zu gehen. Über all diesem persönlichen Geplänkel sollten Sie aber nie vergessen, dass auch die Chinesen logischerweise Geld verdienen wollen.

Wenn Sie mit Chinesen verhandeln, sind Respekt und Höflichkeit das oberste Gebot. Auf keinen Fall dürfen Sie oder Ihr Partner „das Gesicht verlieren“. Das wäre z.B. dann der Fall, wenn Sie ihn respektlos behandeln, etwa indem Sie ihn vor anderen kritisieren. Sie verlieren es selbst, wenn Sie sich unbeherrscht benehmen und gegen soziale Normen verstoßen. Ein unverzeihlicher Fauxpas ist es z.B., wenn Sie nicht zuerst den Ranghöchsten begrüßen. Dann nämlich verlieren er und der bevorzugte Untergebene das Gesicht. Überhaupt spielen Hierarchien in China überall eine große Rolle, keineswegs nur bei Behörden. Pluspunkte sammeln Sie hingegen, wenn Sie sich ein wenig mit der chinesischen Geschichte und Kultur auskennen und ein paar Brocken der Sprache lernen. (Einen kleinen Sprachkurs finden Sie z.B. bei Chinesisch für Anfänger.)

Den Eiertanz üben

Sprechen Sie Probleme nie direkt an. Sonst nehmen Sie Ihrem Geschäftspartner bzw. Personal das Gesicht. Und in der Folge werden sie keinen Finger krümmen. Reden Sie stattdessen unbedingt um den heißen Brei herum. Da das in China so üblich ist, wird man sie verstehen.

Serie: Keine Angst vor den Chinesen
Teil 1 sagt, worauf KMU beim China-Engagement achten müssen. Teil 2 untersucht, was der Produktionsstandort wert ist. Teil 3 gibt Tipps für den Behördengang im Kader-Kapitalismus. Teil 4 zeigt, welche Chancen der Absatzmarkt bietet. Teil 5 ist ein Crashkurs zu Schlangen, Sitten und Gebräuchen. Eigene Beiträge warnen außer­dem vor den gängig­sten Fallen im Chinageschäft und befas­sen sich mit dem Patentschutz für China.

Wenn z.B. die gelieferten Produkte mangelhaft sind, dann bedanken Sie sich erst mal höflich. Dann beklagen Sie, dass die Kunden abspringen, und bitten Ihren chinesischen Partner um Hilfe. Die kriegen Sie dann sofort, denn er will ja auch nicht, dass Sie sich einen anderen Hersteller suchen.

Ebenso wird man Sie im umgekehrten Fall auch nie direkt auf Probleme aufmerksam machen, sondern sie höflich umschreiben. Versuchen Sie also, zwischen den Zeilen zu lesen.

Mit Schlitzohren verhandeln

Üben Sie auch schon mal das Feilschen. Denn in China kommt kein Vertrag zustande, ohne dass um jedes Detail gerungen und gekämpft wird. Wichtig ist bei diesen Verhandlungen, dass keiner das Gesicht verliert. Lassen Sie es Ihren Partner also auf keinem Fall spüren, dass Sie sich als Gewinner fühlen.

Außerdem: Verträge sind in China aber nicht in Stein gemeißelt. Sie werden eher als Diskussionsgrundlage angesehen. Wundern Sie sich also nicht, wenn Ihre Geschäftspartner nachverhandeln wollen.

Fallen klug erkennen

Der Listige gilt in China nicht als falscher Hund, sondern als schlauer Fuchs. Und wenn er damit durchkommt, gewinnt er Gesicht, steigt also in der Achtung. Der Überlistete verliert es.

Chinesen sind nicht verlogener als westliche Geschäftspartner. Sie denken aber natürlich an ihren Vorteil. Und wenn sie etwas in einem Vertrag zu ihren Gunsten auslegen können, dann werden sie das tun. Erwarten Sie also von ihrem Partner bloß nicht, dass man Sie auf einen Fehler aufmerksam macht, der ihm einen Nutzen bringt. Das ausgezeichnet brauchbare Standardwerk zu diesem Thema ist „36 Strategeme für Manager“ des schweizerischen Juristen und Sinologieprofessors Harro von Senger, der darin die traditionell gebräuchlichsten Listtechniken erläutert.

Mit Stäbchen essen

Die Chinesen essen gerne und gut. Ihre Geschäftspartner vor Ort werden es sich sicher nicht nehmen lassen, Ihnen ein paar ganz spezielle Leckereien vorzusetzen. Und dazu können neben der legendären Pekingente auch Hund, Katze, Maus und Schlange gehören. Das sieht anders aus, als Sie es vom Chinarestaurant um die Ecke gewohnt sind.

Schreien Sie jetzt bloß nicht laut „Igitt!“. Probieren Sie es lieber ein bisschen. Vielleicht schmeckt es Ihnen sogar. Beim Essen werden immer mehrere Gerichte aufgetischt, so dass jeder von allem probieren kann. Sollte Ihnen die Schlange nicht zusagen, dann nehmen Sie sich einfach mehr vom Huhn. (Denken Sie einfach an Pfälzer Saumagen; das schmeckt trotzdem richtig lecker.)

Fazit: Eigene Kontakte mitbringen

Auch wenn Sie nach der zehnten Schlangenmahlzeit glauben, dass Sie Ihrem chinesischen Partner vertrauen können – bringen Sie lieber Ihren eigenen Dolmetscher mit. Denn jemand der bei Ihrem Geschäftspartner in Lohn und Brot steht, wird auch dessen Lied singen. Lassen Sie auch immer einen deutschen Anwalt Ihre Verträge prüfen. Denn nicht selten werden Passus hineingebracht, die sich zwar gut anhören, die aber schlicht illegal und somit ungültig sind. Wenn es Ihnen dann noch gelingt, den Eindruck zu erwecken, Sie hätten beim China-Geschäft alle Zeit der Welt, stehen die Chancen bestens.

Nützliche Links

Weitere praktische Infos und Tipps zu Begrüßung, Small Talk, Verhandlungen und Gastgeschenken etc. finden Sie im kleinen Businessknigge, den die Sinologin Kerstin Berkemeier für die Unternehmensberatung Wilfried Scholz verfasst hat (ein Klick unter „Anhänge“ rechts lädt das Word-Dokument).