REACH: REACH – teuer erkaufter Verbraucherschutz

Nur wenige EU-Verordnungen kosten die Wirtschaft so viel Geld, wie REACH, mit der eine nachträgliche Überprüfung aller - zum Teil seit Jahrzehnten im Einsatz befindlichen - chemischen Substanzen erzwungen wird, um den Verbraucher vor Schaden zu schützen.

Altstoffe müssen EU-Eintritt nachlösen

Von Sabine Philipp

Wer Chemikalien in Umlauf bringt, muss beweisen, dass man problemlos mit ihnen hantieren kann. Bei Stoffen, die seit dem 18. September 1981 in Umlauf kamen, ist das schon längst Standard. Vor diesem magischen Datum galten jedoch laschere Regeln. Das soll sich mit der neuen Verordnung REACH (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals) ändern, die seit 1. Juni 2007 in Kraft ist.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Substanzen, die vor dem 18. September 1981 auf den Markt kamen, waren bislang fast unbeschränkt handelbar, obwohl man wenig von ihrer Gefährlichkeit weiß. Jetzt muss jeder, der einen solchen Altstoff (bei REACH auch „Phase-in-Stoff“ genannt) herstellt oder aus einem Nicht-EU-Land importiert, die notwendigen Fakten nachrecherchieren und allen Anwendern zur Verfügung stellen.

„Anwender“ sind dabei diejenigen, die mit den Chemikalien zu tun haben. Das können z.B. Lackfabrikanten oder Farbverkäufer sein, die gegebenenfalls die Details an die Kunden weitergeben müssen. Die Idee, die dahinter steckt, ist, dass alle Beteiligten Glieder einer Kette sind, die die Infos immer weiterreichen.

Ohne Registrierung kein Markt mehr

Bei Stoffen, von denen eine Gefahr ausgehen kann, spielt die Menge keine Rolle; sie müssen immer erst zugelassen werden. In dem Dossier müssen die Stoffeigenschafen, eine Anleitung, wofür man das Ganze verwenden darf, und Tipps zum Umgang sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen stehen.

Jeder, der mindestens eine Tonne der verdächtigen Substanzen herstellt oder aus einem Nicht-EU-Land einführt, muss den Stoff bei der Chemieagentur in Helsinki registrieren und ein technisches Dossier beifügen.

Wenn Sie 10 t in Umlauf bringen, müssen Sie noch einen Stoffsicherheitsbericht abliefern. Der beschreibt, wie gefährlich der Stoff für Mensch und Umwelt ist, und macht Sicherheitsangaben.

Ab 100 t pro Jahr wird es richtig ernst. Dann müssen Sie den zuständigen deutschen Behörden (Umweltbundesamt, Bundesinstitut für Risikobewertung und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) eine Teststrategie verraten. Diese soll ausführen, welche Tests noch nötig sind, um Wissenslücken zu schließen. Die Behörden klären dann die weiteren Schritte.

Ab 1000 t nimmt der Datenumfang dann noch einmal zu.

Unabhängig von der Menge müssen Sie immer ihren Stoff genau beschreiben und gefährliche Substanzen selbst in kleinen Mengen angeben. Als Anwender müssen Sie sich bei der Helsinkier Behörde melden, wenn Sie mit zulassungspflichtigen Substanzen arbeiten.

Anwender reichen die Daten weiter

Selbst wenn Sie als Anwender die Stoffe meist nicht anmelden müssen – Sie haben die Infos zu beherzigen und gegebenenfalls weiterzugeben, z.B. an ihre Kunden. Außerdem müssen Sie zusehen, ob Sie sich in den Szenarien, in dem der Umgang beschrieben wird, wiederfinden. Falls nicht, müssen Sie das Ihrem Lieferanten mitteilen. Der kann dann Ihre Anwendung abnicken oder auch ablehnen.

Falls Sie die Details Ihrer Anwendung nicht verraten wollen, weil Sie dann Betriebsgeheimnisse verraten müssten, müssen Sie selbst die Legalisierung übernehmen. Wenn Ihnen dabei neue Eigenschaften der Substanz ins Auge springen sollten, müssen Sie dieses Wissen mit dem Lieferanten teilen.

Fazit: Gemeinsam die Prüfkosten niedrig halten

Wenn Sie auf REACH-Substanzen angewiesen sind, sollten Sie Ihre Lieferanten ganz genau befragen, wie sie zur EU-Verordnung stehen. Es wird nun sicher viele geben, die da nicht ganz mitmachen. Und dann müssen Sie sich nach einem neuen umschauen oder selbst die Registrierung verantworten. Rechnen Sie auch damit, dass der Stoff in Zukunft teurer sein wird, da Ihr Lieferant mit Sicherheit wegen der Mehrkosten die Preise erhöht.

Aber auch, wenn man Ihnen versichert, dass Sie keine Bedenken zu haben brauchen: Schauen Sie ab dem 1. Januar 2009 im SIEF nach (Substance Information Exchange Forum). Diese Foren sollen zu jeder einzelnen Substanz eingerichtet werden. Den nach dem OSOR-Prinzip (One Substance, One Registration) ist keine Doppelregistrierung desselben Stoffes durch unterschiedliche Importeure nötig. Betroffene können sich also austauschen und bei den Tests zusammentun. Das spart Zeit und Geld, bedeutet aber, dass Sie unter Umständen wichtige Informationen aus der Hand geben müssen.

Nützliche Links

Der Text der REACH-Verordnung vom 18. Dezember 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union ist als PDF (1,88 MByte) abrufbar. Konkrete Fragen des Mittelstands beantwortet der Service auf den REACh-Net-Seiten. Auf dem Laufenden hält Sie z.B. der REACH-Newsletter der IHK Berlin. IT-Unterstützung sollen KMU auch durch das Datenbanksystem IUKLID (International Uniform Chemical Information Database) erhalten. Zu REACH gibt es außerdem ein eigenes E-Learning-Modul sowie den Bundeshelpdesk; beide erreichen Sie auch über das Infoportal www.reach-info.de des Umweltbundesamts.