Wann sich Open Source rechnet, Teil 3

Programme produzieren Arbeitsstunden

Von Sebastian Sand

Wer Open Source mit „kostenlos“ gleichsetzt, richtet den Blick nur auf die Anschaffungskosten der Softwarepakete und denkt allzu kurzfristig. Kostspielig wird es meist erst nach der Anschaffung, wenn es um Installation, Wartung und Schulung der Mitarbeiter geht.

Zudem ist es ohnehin immer erst erforderlich, ein umfassendes IT-Konzept zu entwickeln, das neben dem Betriebssystem noch weitere Software umfasst, vor allem unternehmensspezifische Speziellprogramme. Diese sind aber oft nur für bestimmte Plattformen verfügbar, für die es unterschiedliche Lizenzmodelle gibt. Das wird in manchen Fällen zum entscheidenden Kostenfaktor.

Mit am teuersten kommen in der Gesamtbetrachtung die Personalkosten der IT-Abteilung. Ja nach Qualifikation und Region schwanken die jährlichen Preise pro Angestelltem zwischen 40.000 und 60.000 Euro. Nehmen wir zwei typische Unternehmenssituationen als Rechenbeispiele, um einen Einblick in die Kosten für Mensch und Software zu bekommen.

Serie: Wann sich Open Source rechnet
Teil 1 sichtet die Betriebssysteme und sagt, wie der Support bei Linux aussieht. Teil 2 prüft, ob Open Source mit Word, Excel und Co. konkurriert. Teil 3 rechnet nach, welche Kosten am Ende den Ausschlag geben.

Beispiel 1: Mit eigenen Mitteln

Ein Unternehmen mit zehn Arbeitsplätzen braucht für alle Angestellten IT-Infrastruktur für das tägliche Bürogeschäft: Erstellung von Dokumenten und Präsentationen sowie E-Mail-Korrespondenz. Aufgrund der geringen Beschäftigtenzahl verzichtet es auf eine ausgewiesene IT-Kraft und entscheidet sich dafür, einen Mitarbeiter weiterzubilden. Für die Instandhaltung der betrieblichen IT werden zehn Stunden pro Woche, also eine Viertelstelle veranschlagt. Als Software reichen ein Betriebssystem und ein Office-Paket. Berücksichtigt wird weiterhin eine durchschnittliche Lohnkostenerhöhung von 2,5 % pro Jahr.

Je nach Betriebssystem und Office-Umgebung fallen für das Beispielunternehmen mit zehn Arbeitsplätzen sehr unterschiedliche Investitionskosten an. Im Prinzip ist sogar die vollkommen kostenlose Kombination aus Linux und Openoffice.org möglich; am oberen Ende der Möglichkeiten steht die Windows-Ultimate-Variante.

Darüber hinaus interessiert uns, wie die Investitions- und Personalkosten über einen längeren Zeitraum aussehen. Besonders die Betrachtung über fünf Jahre hinweg macht deutlich, dass sich Einsparungen bei Investitionen langfristig gerechnet ausgleichen, da Linux monatliche Updatekosten verursacht.

Einzig entscheidend bleiben am Ende die Kosten für Personal. Das bedeutet: Was die Software betrifft, treten die finanziellen Aspekte in diesem Rechenbeispiel praktisch ganz in den Hintergrund. Stattdessen werden Eigenschaften wie Bedienbarkeit, Zukunfssicherheit und Kompatibiliät zu den wichtigsten Entscheidungskriterien.

Beispiel 2: Personal und Aufwand

Diesmal gehen wir von einem mittleren Unternehmen mit hundert Mitarbeitern aus. Außerdem nehmen wir einen „harmlosen“ Fall an, in dem die Firma mit nur drei IT-Support-Mitarbeitern auskommt. Ein solches Szenario ist freilich rein hypothetisch; in der Praxis von Unternehmen werden drei Stellen wohl niemals ausreichen. Für die Beispielrechnung ist es aber nur fair, wenn die Personalkosten eher zu niedrig als zu hoch angesetzt werden. Denn je höher der Betreuungsaufwand kalkuliert werden muss, desto eher treten die Ausgaben für Software in den Hintergrund und die zeitliche Entwicklung verläuft noch drastischer.

Es ist daher zu kurz gedacht, wenn bei den meisten Unternehmen die Anschaffungskosten im Vordergrund stehen, sobald es um die Software-Ausstattung einer Büroumgebung geht. Denn der Vorteil von kostenlosen Open-Source-Lösungen relativiert sich gewaltig, wenn man die Supportkosten mit in den Blick rückt und das Ganze über die Lebensdauer der Software hinweg betrachtet. Dann ergibt sich ein Bild, in welchem diese Ausgaben nicht mehr ins Gewicht fallen, da sie von den Personalkosten um ein Vielfaches übertroffen werden.

Fazit: Sauber und sachgerecht

Sicher stellen die Softwarekosten ein Einsparungspotenzial dar, das hat Teil 1 für die Betriebssysteme deutlich gemacht. Jedoch können die Vorteile, die kommerzielle Produkte bieten, gegen diesen unterm Strich verschwindenden Betrag problemlos bestehen: mit kostenlosen Updates, außerdem kommt die Tatsache hinzu, dass sich mit der Weiterentwicklung professionelle Programmierer beschäftigen, deren Beruf es ist, dies zu tun. Open-Source-Projekte werden dagegen nicht nach strikten Gantt-Diagrammen vorangetrieben, da die anstehenden Aufgaben viele Programmierer kostenlos in ihrer Freizeit übernehmen. Andererseits hat sich in Teil 2 immerhin gezeigt, dass Microsoft Windows und openoffice.org ein ganz gutes Tandem ergeben.

Die Frage, ob Open Source in jedem Fall kostengünstiger ist, muss man also mit „Im Prinzip ja“ beantworten. Im professionellen Umfeld fällt die Ersparnis relativ gering aus, wenn man sie ins Verhältnis zu anderen IT-bedingten Kostenfaktoren setzt. Es gibt am Ende keinen Grund, sich als Unternehmer davon abhalten zu lassen, allein nach eigenen Anforderungen und der Leistung der Software zu entscheiden. Für zu Hause passt Open Source aber eigentlich immer.

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