Auf IEEE 802.11ac aufrüsten: Wann das Ethernet fit für 11ac-Access-Points ist

Bei einer Umstellung der WLAN-Infrastruktur von 11n auf 11ac müssen die Planer prüfen, ob das Backbone die größeren Lasten auch trägt. Die hinter dem Funknetz liegenden Kabel, PoE-Ports, Switches und WLAN-Controller müssen stärkeren Traffic und höhere Speed-Peaks aus den 11ac-Access-Points verkraften.

WLAN-Migration von 11n auf 11ac

Von Dr. Harald Karcher

Die neuen ac-Access-Points generieren beträchtliche Datenströme, die in der Regel über das kabelgebundene Ethernet-Netzwerk abtransportiert werden. Wenn das vorhandene Kabelnetzwerk das nicht abfangen kann, muss man aufrüsten. Dazu muss man wissen, wie viel Traffic jeder einzelne Access-Point maximal netto generieren kann. Voilà: 11ac-Wave-1-Access-Points bis 80 MHz dürften Speed-Peaks knapp unter 1 GBit/s produzieren. Wave-2-APs bis 160 MHz und MU-MIMO dürften Peaks von circa 2 GBit/s und mehr generieren.

Dual-Band-WiFi für alte 11n-Clients sicherstellen

Bei einer Migration auf eine 11ac-Infrastruktur wird man vorhandene 11n-Access-Points meist entfernen. Idealerweise schließt man die neuen 11ac-Funker an die frei werdenden Cat5e- oder Cat6-LAN-Kabel der ausgemusterten 11n-Funker an.

Allerdings funkt 11ac nur im 5-GHz-Band und nicht mehr auf 2,4 GHz. Da in den meisten Firmen aber noch für längere Zeit 11n-Clients zu versorgen sind, sollten die neuen Gigabit-Access-Points auch 11n auf 2,4 und 5 GHz beherrschen.

WLAN-Switches auf Gigabit-Level aufrüsten

Soll der Datenverkehr aus den schnellen Gigabit-WLAN-to-LAN-Access-Points nicht im kabelgebundenen Netz gleich wieder ausgebremst werden, dann müssen auch die Switches und Kabel hinter den 11ac-APs genug Speed-Reserven haben. Notfalls muss man dort nachrüsten: Switches mit 1-Gigabit-Uplink-Ports sind für 11ac das absolute Minimum. Switches mit 2,5- und 5-Gigabit-Ports wären perfekt für die absehbaren 11ac-Entwicklungen, es gibt dafür aber noch keine Standards. Bei diesem Speed-Range könnte man gerade noch die meist vorhandenen Cat5e- und Cat6-LAN-Kabel bis zu 100 Meter Entfernung verwenden, die in den meisten Firmen schon vor Jahren für 11n-APs verlegt wurden. Switches mit 10-Gigabit-Uplinks wären für 11ac-Wave-2-Access-Points vorerst fast der Overkill (und bis auf Weiteres auch noch sehr teuer).

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Dell hatte professionelle WLAN-APs mit dem Gigabit-Speed 802.11ac schon im Januar 2014 angekündigt. Der IT-Gigant aus Texas hat auch gleich passende Switching-Systeme bis 1, oder 10 oder 40 GBit/s im Portfolio, die den kumulierten Daten-Sprach-Videoverkehr aus Hunderten oder Tausenden von APs und Controllern im Backbone rasch weitertransportieren können. (Bild: Dell)

Einige Anbieter statten ihre jüngsten 11ac-Verteiler schon mit 2×1-Gigabit-Schnittstellen alias Dual-GigE-Ports aus, weil bloße 1-Gigabit-Uplink-Ports bei 11ac-Wave-2 schon als Bremsklotz wirken können. Bei 11ac-Wave-1 hat ein einziger Gigabit-Port am AP gerade noch gereicht, weil bei 1300 MBit/s Bruttospeed auf keinen Fall mehr als 1000 MBit/s netto über den LAN-Port laufen.

Außerdem müssen die WLAN-Controller aus früheren 11abgn-Installationen so dimensioniert sein, dass sie den aggregierten Verkehr aus den 11ac-Basisstationen nicht behindern. Falls man Nutzdaten schon am Access-Point auskoppeln kann, sollte man sie eventuell erst gar nicht über teure WLAN-Controller laufen lassen.

Bedarfsmonitoring vor der Migration

Bei aller Begeisterung für WLAN-11ac stellt sich die Frage: Wie viel WiFi braucht der Mensch? Wie viel braucht die Firma?

In den meisten Unternehmen sorgt schon der Trend zum nicht totzukriegenden BYOD (Bring Your Own Device) für einen ständig steigenden WLAN-Traffic. Ob für die Arbeit oder nicht – zahllose ganz normale Mitarbeiter bringen ihre privaten WLAN-fähigen Mobilgeräte von zu Hause in die Firma mit: Laptop, Tablet, Smartphone. Genau wie zu Hause erwarten sie auch in der Arbeit ein WLAN, damit sie nicht ihre privaten 3G- oder 4G-Daten-Flatrates am Ende im Dienste des Unternehmens verbraten müssen. Oft genug stellt auch die Firma selber drahtlose Geräte und Systeme zur Verfügung. In solchen Szenarien stellen sich folgende Fragen:

  1. Welche dieser WLAN-Endgeräte sollen vom Unternehmen drahtlos versorgt werden? Alle? Nur mobile? Auch stationäre? Welche Standards haben diese Endgeräte? WLAN-11b? WLAN-11g? WLAN-11n auf 2,4 GHz oder WLAN-11n im 5-GHz-Band? WLAN auf beiden Bändern? Danach fällt die Entscheidung, ob Single-Band- oder Dual-Band-APs infrage kommen, ob WLAN-11b, -11g oder -11n noch eine Weile für die genutzten Endgerätegattungen reicht oder ob das Unternehmen schon WiFi-11ac-Wave-1 oder gar -Wave-2 in Angriff nehmen sollte.
  2. Welche Durchsatzanforderungen haben die drahtlosen Endgeräte? Nur Daten? Auch Video? Vielleicht sogar Sprache über WLAN? Braucht man High Performance auch für Power-User? Dann beschränkt sich die Wahl sowieso auf 11n oder 11ac.
  3. Welcher Grad an Abdeckung wird benötigt? Das komplette Gebäude? Das Gelände? Nur eine punktuelle Abdeckung? In Meeting-Räumen? In der Lobby? Im Lager? Im Keller?

Nach einer weiteren Detaillierung dieser Fragen lässt sich ein erstes Netzkonzept für LAN und WLAN samt Projektzeitplan erstellen und ein grober Kostenrahmen prognostizieren.

Überwachung des laufenden Betriebs

Wenn das mobile Netzwerk erst einmal funkt, empfiehlt sich ein ständiges Monitoring der tatsächlichen Nutzung, damit man Engpässe, Schwachstellen und potenzielle Sicherheitslücken im LAN und WLAN frühzeitig erkennt und ganz gezielt gegensteuern kann.

Hard- und Software für WLAN-Messungen gibt es von zahlreichen Anbietern. Unter anderem sind die WiFi-Planungs- und Monitoring-Tools von Ekahau bei vielen Beratern, Installateuren und Systemintegratoren beliebt. Es gibt aber auch schon WLAN-Access-Points, die Tools zur Netzwerk- und Security-Überwachung eingebaut haben und das Netz und seine Nutzung damit permanent überwachen können, etwa von Extreme Networks.

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Schwarz auf Weiß
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Szenarien ohne WLAN-11ac

Wer anno 2015 an ein neues oder erweitertes WLAN denkt, wird sicherlich auch Access-Points mit 11ac-Wave-2 testen und in die engere Wahl nehmen. Allerdings gibt es auch heute noch Firmen, die nach wie vor nur WLAN-802.11b bis 11 MBit/s auf 2,4 GHz haben, warten und pflegen wollen, weil sie in Lowspeed-Umgebungen einfach nicht mehr Bandbreite brauchen, etwa an Gabelstaplern in Lagern oder an Kassen in Läden.

In seltenen Fällen gibt es auch Firmen, die schon deshalb kein Gigabit-WLAN-11ac haben wollen, damit das Kernnetz hinter den schnellen APs nicht so stark belastet wird. Allerdings gibt es auch andere Möglichkeiten, die Last im Backbone in Schach zu halten, etwa indem man die Switches aufrüstet oder den Traffic drosselt.

Netzplanung mit WLAN-11ac

Wer schon heute weiß, dass er viel Durchsatz in seinem WLAN braucht, weil viele User ihre Mobilgeräte mit fetten Applikationen bis hin zu Videostreaming und Videoconferencing ohne Ruckeln betreiben wollen, sollte bei einem neuen Funknetz auf alle Fälle 11ac-APs in die enge Wahl nehmen. Doch Vorsicht! 11ac-1×1 mit bis zu 433 MBit/s ist sogar langsamer als das „alte“ 11n-3×3 mit bis zu 450 MBit/s. Erst ab zwei MIMO-Antennen kann 11ac das ältere 450-MBit/s-11n übertrumpfen. Also fragen Sie Ihren Lieferanten bitte nicht pauschal nach 11ac, sondern nach der Anzahl der tatsächlich verbauten 11ac-Antennen, wenn Sie viel Speed benötigen.

Doch egal ob 11n oder 11ac: Die maximale Datenrate kommt ohnehin nur auf kurze Distanz zustande, wenn sich keine größeren Hindernisse, etwa dicker Stahlbeton, zwischen Sender und Empfänger befinden. Wer in jeder Ecke und in jedem Winkel hohen WLAN-Speed haben will, muss nun einmal kleine Zellen planen und entsprechend viele Access-Points installieren.

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