Berufskleidung: Wer für Schutz- und Arbeitskleidung zahlt

Wenn der Arbeitsschutz spezielle Kleidung vorschreibt, muss sie vom Unternehmen gestellt und von den Mitarbeitern tatsächlich getragen werden. Sonst kann es nicht nur gefährlich, sondern auch teuer kommen. Worin die Unterschiede zur Arbeitskleidung liegen, erläutert die Fachredaktion anwalt.de.

Vom Arschleder bis zum Zimmermannskoks

Von der Fachredaktion anwalt.de

Es gibt unterschiedliche Gründe, warum ein Betrieb den Mitarbeitern Kleidung stellt oder vorschreibt. Dabei gibt es erhebliche rechtliche Unterschiede nach den verschiedenen Bekleidungsarten im Beruf. Man unterscheidet im Wesentlichen zwischen Schutzbekleidung, die insbesondere bei gefährlichen Tätigkeiten getragen werden muss, und der normalen Arbeitskleidung für ein einheitliches Erscheinungsbild. Je nachdem, um welche Kleidungsart es sich handelt, gelten verschiedene Regeln für die Kostenerstattung.

Insbesondere in Handwerk und Industrie, aber auch im medizinischen Bereich kommt Schutzkleidung zum Einsatz. Hierunter versteht man Bekleidung, die spezifischen, mit der Tätigkeit einhergehenden Gefahren vorbeugen soll. So vielfältig wie die Gefahrenquellen, so variantenreich die Schutzkleidung: vom Helm über Schutzbrille und Atemmaske bis hin zu speziellen Schutzanzügen und Sicherheitsschuhwerk – alles ist für die Sicherheit des Mitarbeiters im Einsatz.

Pflichten des Arbeitgebers

Viele verschiedene Gesetze enthalten Hygiene- und Unfallverhütungsvorschriften. Für das Arbeitsverhältnis gilt insbesondere das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Ist der Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, muss er die Schutzkleidung bei riskanten Tätigkeiten seinen Mitarbeitern kostenlos zur Verfügung stellen (§ 3 ArbSchG).

Wer mehr wünscht, zahlt
Die Kostentragungspflicht von Seiten des Arbeitgebers besteht nur in den gesetzlich angeordneten Fällen. Trägt der Arbeitnehmer Schutzkleidung aus persönlichen Sicherheitsgründen, können ihm dafür die Kosten durch entsprechende Vereinbarung ganz oder anteilig auferlegt werden. Ein Beispiel wären Schusswesten im Streifendienst, die dort gesetzlich nicht ausdrücklich vorgeschrieben sind und von den Beamten aus Sicherheitsgründen freiwillig getragen werden können.

Die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben wird vor Ort von den Berufsgenossenschaften oder den Gewerbeämtern kontrolliert. Stellt sich bei einer Prüfung heraus, dass Sie als Unternehmer im Betrieb keine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, begehen Sie damit eine Ordnungswidrigkeit und müssen mit einem Bußgeld rechnen. Der Arbeitnehmer darf sich in diesem Fall auch weigern, ohne die erforderliche gesetzliche Schutzkleidung zu arbeiten.

Wichtig!
Schutzkleidung muss immer voll funk­tions­fähig und in­takt sein, damit sie wirk­lich schützt. Schad­hafte oder stark abge­nutzte Klei­dung gewähr­leistet nicht aus­reichend die Sicher­heit. Darüber hinaus ist oft eine Reini­gung er­forder­lich, die nur Fach­firmen aus­führen kön­nen. In­zwi­schen gibt es viele An­bieter, die einen Rund­um­service für Schutz­kleidung an­bieten, der die Reini­gung und In­stand­setzung umfasst.

Darüber hinaus müssen Sie Ihre Mitarbeiter einweisen, wie und wann sie die Schutzkleidung einsetzen sollen, und Sie haben die Reinigung und Instandsetzung der Kleider zu übernehmen.

Verletzt oder erkrankt ein Mitarbeiter aufgrund mangelhafter Schutzmaßnahmen, macht sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig.

Wie schnell es gehen kann, zeigt der tragische Fall einer Lehrerin, die sich bei ihrer Tätigkeit mit dem Hepatitis-C-Virus (HVC) infiziert hatte. Sie war in einer Berufsschule tätig, in der viele hartdrogenabhängige Schüler unterrichtet wurden, und verarztete bei einem Schüler eine Wunde. Bei Hartdrogenabhängigen (z.B. Heroin, Kokain) sind mindestens 80 % Träger des Hepatitis-C-Virus. Daher besteht bei der Wundversorgung ein erhöhtes Infektionsrisiko. Allerdings hatte der Arbeitgeber weder über das erhöhte Infektionsrisiko aufgeklärt noch entsprechende Schutzmaßnahmen vor Ort bereitgestellt – und so infizierte sich die Lehrerin bei der Wunderversorgung mit dem HVC-Virus. Das Bundesarbeitsgericht verurteilte den Arbeitgeber deshalb auf Schadensersatz, wobei der Schaden aufgrund eines vorliegenden Mitverschuldens der Arbeitnehmerin anteilig reduziert wurde. (Urteil vom 14. Dezember 2006, Az.: 8 AZR 628/05)

Pflichten des Arbeitnehmers

Der Mitarbeiter ist wiederum dazu verpflichtet, die Schutzkleidung tatsächlich zu tragen und auch bestimmungsgemäß zu verwenden, wie dies vom Arbeitgeber angeordnet wurde (§ 15 Abs. 2 ArbSchG).

Wer sich nicht daran hält und entgegen der Anordnung ohne Schutzkleidung im Einsatz ist, riskiert im Falle eines Unfalls den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. (Dann übernimmt zwar die Krankenkasse weiterhin die Behandlungskosten, allerdings können weitere Leistungen, insbesondere eine Berufsunfähigkeitsrente, von den Berufsgenossenschaften/Unfallkassen verweigert werden.)

Darüber hinaus drohen bei Verstößen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Der Unternehmer kann, wenn er erfährt, dass sich ein Arbeitnehmer wiederholt und entgegen seiner Anweisungen nicht daran hält, dem Mitarbeiter eine Abmahnung erteilen, die dann weitere Konsequenzen nach sich zieht – bis hin zur Entlassung.

Arbeitskleidung wird vereinbart

Besteht keine gesetzliche Verpflichtung, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vereinbarungen über die Arbeitskleidung treffen, die dann der Mitarbeiter während der Arbeitszeit zu tragen hat. Für Firmen ist Arbeitskleidung immer interessant, wenn das Unternehmen Wert auf ein einheitliches Erscheinungsbild und eine einheitliche Darstellung des Unternehmens nach außen legt. Die Vereinbarung kann im Arbeitsvertrag bzw. in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Ist dies der Fall, ist der Beschäftigte verpflichtet, die Arbeitskleidung während der Arbeitszeit zu tragen. Schwierig ist in solchen Fällen allerdings die Frage, ob die Umkleidezeit bezahlt wird oder nicht.

Möglich ist auch, dass eine Kleiderordnung eingeführt wird, in der bestimmte Vorgaben zur Kleidung (Dresscode) gemacht werden. Je nach Vereinbarung kann die Beschaffung der Kleidung dem Arbeitnehmer überlassen sein oder der Arbeitgeber stellt die Kleidung zur Verfügung und dies wird z.B. mit dem Gehalt verrechnet (Kleidergeld).

Zustimmung des Betriebsrats

In Hinblick auf die Arbeitskleidung steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu. Erzielen Betriebsrat und Arbeitgeber keine Einigung, kann die Einigungsstelle darüber entscheiden. Ihr Spruch ersetzt dann die Zustimmung von Arbeitgeber und Betriebsrat.

Kosten nach Nutzung

Soweit es anderen Vereinbarungen nicht widerspricht, ist es grundsätzlich auch zulässig, dass das Unternehmen zur Kostenbeteiligung für die Berufs- und Arbeitskleidung verpflichtet wird oder diese sogar selbst übernehmen muss. Hier gilt aber: Kleidung, die der Arbeitnehmer aus reinem Eigeninteresse trägt, um seine Privatkleidung zu schonen, muss er grundsätzlich selbst finanzieren.

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Anders ist es wiederum, wenn Sie als Arbeitgeber eine bestimmte Dienstkleidung vorschreiben. Hier kann durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer sich anteilig an den Kosten beteiligt, wenn die Kleidung auch außerhalb der Arbeitszeit getragen werden kann.

Allerdings darf der Arbeitnehmer durch die Kosten für die Arbeitskleidung nicht unbillig benachteiligt werden. Das ist insbesondere der Fall, wenn sein finanzieller Aufwand für die Arbeitskleidung in einem krassen Missverhältnis zum Gehalt steht. Bei der Beurteilung bezieht das Bundesarbeitsgericht auch die Vorgaben des Pfändungsschutzes mit ein.

In einem Verbrauchermarkt sollte eine Einzelhandelskauffrau ein so genanntes „Kittelgeld“ bezahlen, das der Arbeitgeber über die Lohnabrechnung mit dem monatlichen Gehalt verrechnete. Die Zeiten von Urlaub oder Krankheit wurden nicht berücksichtigt. Ob die Klauseln im Arbeitsvertrag rechtmäßig sind, ließen die Erfurter Richter offen. Denn sie sahen in der Kostenübertragung bereits einen Verstoß gegen den gesetzlichen Pfändungsschutz, weil das tatsächliche Nettogehalt der Arbeitnehmerin in Höhe von rund 800 Euro bereits weit unter der Pfändungsgrenze gemäß §§ 850 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) lag und durch das Kittelgeld der gesetzliche Pfändungsschutz unterlaufen würde (Urteil v. 17. Februar 2009, Az. 9 AZR 676/07).

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