BilRUG: Wann Kapitalgesellschaften noch als klein gelten

Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz hat die Obergrenzen von Bilanzsumme und Umsatz angehoben: Jetzt gelten rund 7000 Unternehmen mehr als „klein“ und profitieren von Erleichterungen – und zwar bereits rückwirkend ab Geschäftsjahr 2014. Ob sich das im einzelnen Fall lohnt, ist eine andere Frage.

Bis 6 Mio. Euro gilt die Gesellschaft als klein

Von Sabine Wagner

Seit 23. Juli 2015 ist das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) in Kraft. Es räumt gewissermaßen hinter dem Bilanzrechts­modernisierungs­gesetz (BilMoG) von 2009 auf, enthält aber auch wichtige Neuerungen. So hat der deutsche Gesetzgeber die nach der EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU eröffnete Erhöhung der Schwellenwerte in vollem Umfang an die deutschen Unternehmen im Mittelstand weitergegeben. In Zukunft werden mehr Kapitalgesellschaften als klein gelten und profitieren damit von vereinfachten Jahresabschlüssen.

Höhere Schwellenwerte, einfachere Abschlüsse

Grundsätzlich gelten die BilRUG-Änderungen ab 31. Dezember 2015, allerdings mit einer Ausnahme: Bereits rückwirkend ab dem Kalenderjahr 2014 (Art. 75, Abs. 2 BilRUG) werden die Größenklassenkriterien für Kapitalgesellschaften oder gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften erhöht; es ändert sich also die Definition in § 267 HGB, die sagt, welche Kapitalgesellschaften sowie diesen gleichgestellten Personengesellschaften als klein, mittelgroß und groß gelten.

Voraussetzung für die Kategorie „klein“ ist zum einen, dass das Unternehmen

  • nicht kapitalmarktorientiert ist und
  • an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei der folgenden Schwellenwerte unterschreitet:
    • eine Bilanzsumme von 6 Mio. Euro (statt bisher 4,84 Mio. Euro),
    • Umsatzerlöse von 12 Mio. Euro (statt bisher 9,68 Mio. Euro) und
    • eine durchschnittliche Arbeitnehmerzahl von 50.

Für die Kategorie „mittelgroß“ liegen die Schwellenwerte nun bei 20 Mio. Euro (Bilanzsumme), 40 Mio. Euro (Umsatzerlöse) und 250 Arbeitnehmern im Jahresdurchschnitt. Die Beschäftigtenzahlen orientieren sich offenbar an der KMU-Definition der EU.

Damit fallen nun deutlich mehr Unternehmen, die bislang als mittelgroß eingestuft waren, in die Kategorie „klein“ – der Gesetzgeber rechnet mit mehr als 7000, was einer Steigerung um ca. 24 % entspräche. Der Anteil der mittelgroßen Kapitalgesellschaften dürfte um ca. 4 % zunehmen. Das heißt: Die Jahresabschlussrechnung und deren Offenlegung werden für mehr Unternehmen einfacher. Den Wert dieser Erleichterungen beziffert die Gesetzesbegründung auf rund 12.500 Euro pro Jahr und Unternehmen.

Zudem wurde die Definition des Umsatzerlöses erweitert. Sie erstreckt sich auf alle Erlöse aus dem Verkauf und/oder der Vermietung/Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen. Die bisherige Einschränkung auf gewöhnliche und für das Unternehmen typische Erlöse kann entfallen, wenn vorzeitig die niedrigere Unternehmensklassengröße angestrebt wird.

Fazit: Die Kontenumstellung ist nicht zu unterschätzen

Auch wenn ein Unternehmen damit die Option hat, ab 2014 den Sprung in eine höhere Kategorie zu vermeiden, gilt es zu beachten, dass ein erheblicher Umstellungsaufwand bei der Kontierung erforderlich ist. Das heißt: Bei einer rückwirkend angestrebten Anwendung der neuen Schwellenwerte ab 2014 müssten die Gewinn-und-Verlust-Konten nachträglich durchgesehen und korrigiert werden. Hier gilt es abzuwägen, ob das Unternehmen diesen Aufwand faktisch stemmen kann und ob er kosten- und aufwandsmäßig in Relation zu den angestrebten Erleichterungen steht.

Viele Unternehmen entscheiden sich aus diesem Grund dafür, sich darauf zu konzentrieren, die Schwellenerhöhungen ab dem Geschäftsjahr 2015 zu nutzen. Damit einhergeht die unterjährige Erfassung des Umsatzes mit Blick auf die oben genannten Rahmenbedingungen. Man kann sich außerdem überlegen, welche bilanzpolitischen Maßnahmen ergänzend einzusetzen wären, um künftig unter dem höheren Schwellenwert zu liegen und dann ab 2015/2016 in die Kategorie „klein“ eingestuft zu werden.

In welche Kategorie ein Unternehmen fällt, wird nach dem Ansatzwahlrecht bestimmt. Das heißt: Bei der Berechnung der Bilanzsumme sind die aktivierten latenten Steuern einzubeziehen, aber nicht ein in den Aktiva ausgewiesener Fehlbetrag.

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