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Cloud-Markt: Wohin sich der Cloud-Markt entwickelt

Alle Welt redet von Ver­netzung, In­ter­net of Things, In­dustrie­vier­punkt­irgend­was, Digi­tali­sie­rung und Trans­for­ma­tion. Und von neu­en Ge­schäfts­modellen. Doch wo kommen die tech­ni­schen Res­sour­cen eigent­lich her, die das – gerade dem Mittel­stand – er­mög­li­chen. Und welche Ri­si­ken gehen Un­ter­neh­men damit ein?

Die Herrschaft der Dienstleister

Von Axel Oppermann

Der Aufbau einer IT-Infrastruktur kann für neu gegründete, wachsende oder sich reorganisiernde Unternehmen ziemlich komplex und teuer sein. Begrenzte Ressourcen, sei es Fachwissen, Zeit oder Geld, wirken oft einschränkend. Viele kleine und mittlere Unternehmen, aber auch der gehobene Mittelstand und Großkonzerne, sind nicht in der Lage, die Ziele mit eigenen Mitteln zu erreichen.

Die Probleme des Mittelstands haben insbesondere IT-Service-Provider und Softwareunternehmen erkannt. Sie haben Tools entwickelt, die entweder speziell für die Bedürfnisse von mittelständisch geprägten Unternehmen entwickelt wurden oder so konfiguriert werden können, dass sie auch einfachere oder kleiner skalierte Anforderungen erfüllen. Zu den Klassikern gehören mittlerweile Lösungen für E-Commerce, E-Mail-Marketing oder Rechnungswesen. Diese Tools bieten einen Service, der unabhängig von technologischen Schwellenwerten – also den Gegebenheiten im Betrieb – auch kleineren Unternehmen ein Niveau bietet, wie es vor einigen Jahren nur Konzernen vorbehalten war.

Vom Produkt zum Service

Nehmen wir als erstes Beispiel HelloFresh. Der Anbieter im sogenannten Meal-Kit-Markt verschickt Kochboxen mit Rezepten und vorportionierten Zutaten. Die in mehreren Märkten stattfindende weltweit schnelle Expansion führte dazu, dass heute über eine Million Haushalte den Service nutzt. Um dahin schnell und mit vergleichbar wenigen Vorabinvestitionen zu kommen, wird ein Dienstleister benötigt, der flexibel und effizient unterschiedliche Märkte abbilden kann. Die Protagonisten bei HelloFresh entschieden sich für die Amazon Cloud und Dienste wie Amazon CloudFront, EC2, RDS und Route 53. Diese Dienste ermöglichen es dem Unternehmen, kosteneffizient auf globaler Ebene zu arbeiten; beschleunigen so Prozesse und verbessern die Zusammenarbeit.

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Das Berliner Unternehmen HelloFresh hat schnell und heftig expandiert. CEO Dominik Richter entschied sich im Dezember 2014 für AWS. (Bild: HelloFresh Deutschland SE & Co. KG)

Aber auch ein Unternehmen wie Vorwerk mit über 10.000 Mitarbeitern setzt auf AWS und die Cloud: Um den Kunden des Verkaufsschlagers Thermomix mehr Funktionalitäten zu bieten, die Nutzungsintensität und die Kundenbindung zu erhöhen, arbeitet Vorwerk mit der Cloud. Das Credo lautet: Der richtige Inhalt – die richtige Unterstützung und Ansprache – fördert die tägliche Nutzung, die wiederum eine höhere Kundenzufriedenheit sicherstellt, was zu weiteren Empfehlungen führt. Um dies zu erreichen, musste das Produkt Thermomix zum Service Thermomix weiterentwickelt werden, ein Ökosystem mit digitalen Rezepten, Apps, einer Community, Bestellmöglichkeiten und mehr. Das Ziel: Den Kern des Businessmodells zu stärken, nämlich die Kundenzufriedenheit in enger Korrelation mit Kundenbindung und einer hohen Weiterempfehlungsrate, basierend auf einer hohen Qualität des Geräts. Das Problem: Die bestehenden IT-Infrastrukturen, die Prozesse und mehr. Die Lösung: eine hybride Cloud-Architektur und Realisierung entlang bimodaler IT-Organisationsformen. Das Ergebnis: Der Thermomix ist heute mehr denn je ein Service, ein IoT-Service, als ein Produkt.

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Musterbeispiel Guided Cooking „mit Geling-Garantie“: Rund um den Thermomix von Vorwerk hat sich eine globale Fanszene gebildet, die das Gerät IoT-gesteuert kochen lässt. (Bild: Vorwerk & Co. KG)

Eine Plattform für alles

Im direkten Vergleich mit AWS überzeugten TeamViewer die konsistente Gesamtstrategie von Microsoft und die wertigen Services von Azure, das eigene Wachstum künftig durch die skalierbare Cloud-Plattform von – eben – Microsoft zu befeuern. TeamViewer, bekannt für und führend darin, die Verbindung zwischen weltweit verstreuten Geräten abzubilden, nutzt Azure unter anderem, um die Big-Data-Workloads im Unternehmen auf der Azure-Plattformlösung (PaaS) zu bearbeiten.

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TeamViewer wurde als Remote-Support-Lösung groß und hat im Januar 2018 mit einer dedizierten IoT-Lösung für Fernzugriff und -steuerung nachgelegt, die das Datenaufkommen noch einmal deutlich anheben dürfte. Die Plattform dafür ist Microsoft Azure. (Bild: TeamViewer GmbH)

Die Mann+Hummel-Gruppe mit Hauptsitz im württembergischen Ludwigsburg ist ein deutscher Hersteller für Flüssigkeits- und Luftfiltersysteme. Das Unternehmen testet Filter zur Reduzierung der Feinstaubbelastung von Fahrzeugen. Das Szenario: Das Testfahrzeug verfügt über drei Anwendungen. Ein Filter auf dem Dach trennt Partikel aus der Umgebungsluft. Ein Innenraumluftfilter schützt die Fahrzeuginsassen. Ein neu entwickelter Bremsstaubpartikelfilter verhindert zudem das Eindringen von Partikeln in die Umgebung. Die Feldversuche für die intelligenten Lösungen und den damit verbundenen Rollout werden mit 200 Geräten durchgeführt. Die Lösung ist jedoch für industrielle IoT-Anwendungen geeignet; eine jährliche Erweiterung von über 20.000 Geräten ist denkbar. Zahlreiche Sensoren befeuern die Backend-Anwendungen, die die Telemetriedaten erfassen, mit reichlich Brennstoff.

Der Knackpunkt: Die größte Herausforderung bei der IoT-Implementierung ist, Hardware und Software optimiert zu verbinden und optimal zu verwalten, und zwar automatisch und auf einem Top-Level, denn es ergibt keinen Sinn, ein hochgradig vernetztes Netzwerk intelligenter Geräte aufzubauen, wenn jedes einzelne Gerät manuell verwaltet werden muss. Es ist zeitaufwendig und potenziell teuer. Was hat also Mann+Hummel getan? Als Ressource für das Gerätemanagement wurde auf Bosch Software Innovations zurückgegriffen; alles auf der AWS-Cloud abgebildet.

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Gerätemanagement für vernetzte Filter: Die Mann+Hummel-Gruppe nutzt dafür die IoT-Plattformdienste von Bosch Software Innovations auf Basis von AWS. (Bild: Bosch Software Innovations)

Schlüsseltechnologien

Schon die wenigen Beispiele zeigen: Es werden unterschiedlichste technische Ressourcen benötigt, um das zu realisieren, was im weitesten Sinn unter Industrie 4.0 verstanden wird. Nahezu alle neuen und zunehmend auch etablierte Geschäftsmodelle beruhen auf zwei grundlegenden Säulen: mobilen Technologien bzw. mobilen Geräten und Cloud-Computing. Ergänzt werden sie durch Analytik– und Social-Interaktionsmodelle. Die Cloud bildet das neue Rückgrat und das Gehirn der Geschäftsmodelle sowie der Interaktion. Hier liegt die Intelligenz. Sie verteilt, sammelt und generiert Wissen und Informationen. Über Datenbestände, Analytikfunktionen und Rechenleistung werden Informationen auf mobile Geräte ausgespielt. Die nächste Stufe der Entwicklung und Optimierung von betrieblichen Prozessen und die Grundlage für das Wachstum sind KI und Cognitive Computing.

Wer stellt die Ressourcen bereit?

Die Ressourcen für das kommende industrielle Wachstum, die nächste industrielle Revolution, die neuen Geschäftsmodelle, für die Effizienzsteigerung und viel mehr werden von einigen internationalen Anbietern und sehr wenigen nationalen kommen. Zwar herrscht momentan scheinbar noch eine große Auswahl an Sourcing-Anbietern, Hostern und Dienstleistern. Doch der Schein trügt: Einerseits baut die Vielzahl der Anbieter das eigene Geschäftsmodell auf die Produkte und Services weniger großer, weltweit agierender Provider auf. Andererseits findet eine Verdrängung statt, und zwar basierend auf Funktionsumfang und Preispunkten.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Heise-Beilage „IT- und Technologie­unternehmen stellen sich vor“. Einen Über­blick mit freien Downl­oad-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Zunehmende Monopolisierung

Etwas deutlicher: Der Bedarf an Cloud-Leistungen, Analytik etc. wächst rasant – doch wächst damit auch die Anzahl der relevanten Anbieter? Die Antwort: Ja und nein; tendenziell aber nein. Konzerne wie Salesforce, Amazon oder Microsoft, aber auch Alibaba, kaufen kleinere Firmen und steigern so Marktanteile und Macht durch aggressive Preispolitik in umkämpften Wachstumsfeldern, die teilweise durch Quasi-Monopolgewinne in erschlossenen Märkten finanziert werden. Diese Aktivitäten haben für die Konzerne den Vorteil, nicht nur lukrativ zu sein, sondern zu einem enormen gesellschaftlichen Einfluss zu führen. Das gesamte Gebaren ist ein Profitpool, der subventionierte Investitionen in neue Wachstumsmärkte ermöglicht und die Abhängigkeit der Kunden forciert.

Drohende Risiken

Durch die zunehmende Zentralisierung wichtiger Ressourcen, die nur von wenigen Firmen bereitgestellt werden, entstehen für die Anwenderunternehmen nicht zu unterschätzende Risiken. Eine zunehmende Konsolidierung führt mittelfristig zu steigenden Preisen und sich ändernden Geschäftsbedingungen. So wird es in absehbarer Zeit der Fall sein, dass große Provider wie z. B. IBM die Lizenzierungs- bzw. Servicepauschalen nicht mehr von der eigentlichen Nutzung ableiten, sondern vom erzielten Mehrwert bzw. Umsatz. Denn die bereitgestellten (digitalen) Ressourcen werden zunehmend als integrativer Bestandteil des Services bzw. der Lösung des eigentlichen Kunden- bzw. Anwenderunternehmens gesehen, ohne dessen festes Zutun der eigentliche Service nicht erbracht werden kann. Dies wird möglich sein, da es eben auf mehreren Ebenen, nämlich der Demografie des Anwenderunternehmens und der Struktur des Anbietermarktes, keine Alternative (mehr) gibt. Eine weitere Eskalationsstufe wäre, wenn Unternehmen der Zugang zu Ressourcen verweigert würde.

Einen allgemeingültigen Ausweg oder einen Ansatz, sich dieser Entwicklung entgegenzustellen, gibt es kaum; bzw. es gibt einen zu verallgemeinernden Ansatz: Zu empfehlen ist, dass bei Planung und Ressourcenmanagement zumindest auf offene Standards und Interoperabilität gewartet wird. Aber eines ist klar: Das ist nur die halbe Miete. Eine Option wäre, auf die Nutzung kompletter integrierter Services der Provider zu verzichten und stattdessen bevorzugt die APIs zu nutzen. Hierdurch beraubt man sich aber Innovationen.

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Axel Oppermann berät seit über 17 Jahren als IT-Markt­analyst Technologie­unternehmen in Strategie- und Marketing-Fragen. Er arbeitet beim Beratungs- und Analysten­haus Avispador, schreibt für diverse Blogs, Portale, Fach­zeitschriften und kommentiert in diversen Bewegt­bild­formaten aktuelle Themen sowie den Markt. Als Gesprächs­partner für Journalisten und Innovatoren bringt Axel erfrischend neue Ansichten über das Geschehen der digITal-Industrie in die Diskussion ein. Seine viel­fältigen Erkenntnisse gibt Axel in seinen kontroversen, aber immer humor­vollen Vorträgen, Seminaren, Work­shops und Trainings weiter. Seine Themen: Digital & darüber hinaus.

Alles Mumpitz?

Einige dieser Ausführungen erscheinen abwegig, haarsträubend oder als purer Mumpitz. Aber sie sind real. Schon heute gibt es oligopolistische Entwicklungen im Public-Cloud-Markt; und dies trotz wachsender Anzahl an Anbietern und trotz in Summe wachsendem Markt. Und diese Tendenzen sind auf andere Marktsegmente, auf andere digitale Ressourcen übertragbar. Gerade im Bereich künstliche Intelligenz und bei der Bereitstellung von Intellectual Property (IP).

Wohl noch nie hatten kleine und mittelständische Unternehmen so viele Optionen, ihr Geschäftsmodell zu entwickeln und durch den Zukauf von digitalen Ressourcen Märkte zu erschließen. Aber auch noch nie war das Risiko so groß, in extreme Abhängigkeiten zu geraten und der eigenen Leistungsfähigkeit beraubt zu werden.

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