DSGVO-konformes Cloud Computing im deutschen Südwesten: Was regionale Rechen­zentren im deutschen Süd­westen leisten

Die DSGVO hat regionalen Rechen­zentrums­betreibern den Rücken gestärkt. Cloud-Anbieter vor Ort sind auf Daten­schutz ein­ge­schworen und wissen mit diesem Stand­ort­vorteil auch zu punkten, ebenso wie durch mittel­stands­spezifische Dienste. Nicht zuletzt sprechen beide Vertrags­partner dieselbe Sprache.

Datendienste in Reichweite

Von David Schahinian

Anfangs herrschte noch Skepsis: Vielen Managern erschien es sicherer, die Daten des eigenen Betriebs in einem Serverschrank im Keller zu wissen als sie in eine Cloud zu schieben, die nirgendwo greifbar ist. Die Erkenntnis, dass sie dort besser geschützt sind, hat sich zwar nur langsam, aber mittlerweile sicher durchgesetzt. Dem Cloud-Monitor 2019 der Beratung KPMG und des Branchenverbandes Bitkom zufolge nutzten 2018 bereits 73 % der deutschen Unternehmen Rechenleistungen aus der Cloud. Lediglich für 8 % waren derartige Dienste nach wie vor kein Thema.

Cloud ist jedoch nicht gleich Cloud: Seit dem Wirksamwerden der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) gelten in der EU strengere Vorschriften für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Davon wiederum profitieren regionale Rechenzentren. Sie arbeiten nicht nur DSGVO-konform, sondern begegnen gerade dem Mittelstand auf Augenhöhe, mit kurzen Wegen und persönlichen Ansprechpartnern. Und wer immer noch skeptisch ist, kann sich das Datacenter mit eigenen Augen ansehen und sich selbst von den Sicherheitsvorkehrungen überzeugen.

Von Freiburg bis Frankfurt

Mittlerweile gibt es im deutschen Südwesten zahlreiche Dienstleister, die sich auf die wachsende Nachfrage nach Rechenkapazität und damit verbundene Services spezialisiert haben. Ein Beispiel: FreiNet. Das Freiburger Unternehmen wurde bereits 1991 gegründet, gehört seit 1996 zur Firmengruppe Badisches Pressehaus und ist seit 2019 mehrheitlich im Besitz der badenIT. Neben der Beratung und der Begleitung von Kundenprojekten gehören Hosting Services, Managed Security Services sowie Internet-Zugänge für Geschäftskunden zum Portfolio.

Der Anbieter wirbt explizit um Mittelstandskunden, mit mehrfach abgesicherten regionalen Rechenzentren „ganz in Ihrer Nähe“. Die Standorte sind rund um die Uhr für Kunden zugänglich und via Glasfaser direkt an den weltgrößten Internet-Knotenpunkt DE-CIX in Frankfurt angebunden. Dazu bietet FreiNet verschiedene Hosting-Varianten wie Firmenserver mit Wartungsservice oder Rackhousing an. Zum Service gehört eine jederzeitige Alarmierung bei Störungen sowie eine Service- und Support-Hotline.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „IT-Unternehmen aus der Region stellen sich vor“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen bereits verfügbaren Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Apropos Frankfurt: Die Mainmetropole hat sich zur Rechenzentrenhauptstadt Deutschlands gemausert. Ob Interxion, e-shelter, Equinix oder Telehouse, die Anbieter kommen mit dem Bau neuer Serverflächen kaum der immensen Nachfrage hinterher und suchen zunehmend auch im Umland nach weiteren Standorten. So investierte e-shelter jüngst 400 Millionen Euro in einen Neubau in Hattersheim im Main-Taunus-Kreis.

Serie: DSGVO-konformes Cloud Computing
Teil 1 beginnt dort, wo der Daten­schutz am wichtigsten ist: bei den Auftrags­daten­verarbeitern für Kommunen. Dabei geht es auch gleich um die zentralen Vorgaben der Privacy Compliance. Teil 2 nimmt sich dann den deutschen Norden und Osten vor, um zu prüfen, welche Rechen­zentren sich dort anbieten. Teil 3 berichtet mitten aus dem Digitalisierungskessel an Rhein und Ruhr, Teil 4 sichtet die Lage im deutschen Südwesten, bevor Teil 5 sich in Bayern umsieht. Auch ein Seitenblick nach Österreich und eine Übersicht über die dortigen Cloud-Anbieter sind bereits online, ebenso eine Vorschau auf das Projekt Gaia-X, das namentlich für den Mittelstand interessant sein könnte. Zur Frage der Datenhoheit könnten Zertifizierungen und nicht zuletzt Open Source gute Cloud-Antworten geben. Ein Extra-Beitrag widmet sich außerdem den Fragen der App-Portabilität.

Zu den Dienstleistern in der Finanzmetropole zählen auch organisch gewachsene Unternehmen wie First Colo. Die Historie des Anbieters, der sich vor allem auf die Vermietung und den Betrieb von Servern und Rechenzentrumsflächen spezialisiert hat, reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Angeboten werden beispielsweise „maßgeschneidertes“ Colocation und Housing, Managed Services und, eher ungewöhnlich und vor allem für Entwickler interessant, Kubernetes as a Service. Kubernetes ist ein ursprünglich von Google entwickeltes Open-Source-System, das den automatisierten Betrieb von Linux-Containern ermöglicht.

In Frankfurt betreibt First Colo ein zweigeteiltes Rechenzentrum in aneinander angrenzenden Gebäuderiegeln, mit separaten Kühlkreisläufen und separaten Brandabschnitten. Es ist durch den TÜV Rheinland nach ISO 27001 zertifiziert, darüber hinaus durch den TÜV Saarland als Rechenzentrum der Stufe 3, womit es als durchgängig hochverfügbares Rechenzentrum ausgewiesen ist.

Rechtssicher und bombenfest

Mit dem Slogan „Daten sind wertvoller als Geld“ und einem klingenden Namen ist DARZ („Darmstädter Rechenzentrum“) am Start. Das Unternehmen sieht sich als Wegbegleiter seiner Kunden durch die digitale Transformation und betreibt dazu ein eigenes Hochsicherheitsrechenzentrum. Es befindet sich im ehemaligen Tresorgebäude der Hessischen Landesbank, wo bis 2005 die Geld- und Goldreserven des Landes lagerten. An der Gebäudesicherheit dürfte also kein Zweifel bestehen, wenngleich es für den neuen Zweck noch einmal umfangreich ausgebaut wurde.

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Vor allem bei Serverhousing/Colocation, also immer dann, wenn ein Unternehmen eigene Server im RZ kontrolliert unterbringen möchte, empfehlen sich regionale Anbieter. DARZ etwa vermietet Anbindung und Stellfläche für einzelne Racks bis hin zu separierten Serverräumen. (Bild: DARZ)

Wie bei vielen Anbietern zeigt sich auch hier, dass die DSGVO, die vor ihrer Einführung vielfach als „Bürokratiemonster“ verschrien wurde, sich mittlerweile zu einem Qualitätsmerkmal gewandelt hat, mit dem gerne geworben wird: „Die Beachtung der Bestimmungen der DSGVO ist für uns eine Selbstverständlichkeit“, heißt es dazu bei DARZ. Zu den Managed-Dienstleistungen zählen Storage as a Service, Colocation und Housing sowie eine Hybrid-Cloud-Architektur, die eine vollständige Datenmobilität zwischen Private Cloud, Public Cloud und Colocation gewährleisten soll.

Auch Saar Storage spielt den Heimvorteil schon im Namen aus. Die Kundendaten sind in einem Hochsicherheitsrechenzentrum im „schönen Saarland“ gespeichert und unterliegen damit deutschen bzw. europäischen Datenschutzbestimmungen. Genutzt wird ein ISO-27001-zertifiziertes Rechenzentrum von Infoserve in Saarbrücken. Saar Storage hat sich auf eine „sichere Cloud made in Germany“ spezialisiert, eine Speicherlösung, mit der Daten einfach und sicher über das Internet ausgetauscht werden können. „Bekannte und gängige Lösungen wie Dropbox und Google Drive kamen für unsere Kunden nicht infrage“, berichtete Krämer IT zur Markteinführung. Bei Saar Storage werden alle Daten verschlüsselt auf den firmeneigenen Servern abgelegt. Die Lösung ist sowohl für Desktop- als auch Mobilversionen verfügbar.

Everything as a Service

Mit vCompany hat der Anbieter Terrabit mit Stammsitz in Reutlingen eine Business-Cloud im Programm, die als geräteunabhängige Plattform konzipiert ist und flexibel nach dem Baukastensystem zusammengestellt werden kann. Innerhalb weniger Stunden kann man sich unter anderem komplett voreingerichtete Infrastrukturen nach Vorlagen einrichten. Die Kosten richten sich jeweils nach der aktuellen Nutzung und errechnen sich individuell auf Basis von Benutzern, gebuchten Paketen und Ressourcen. Terrabit ist als Cloud-Anbieter ISO-27001-zertifiziert und betreibt eine redundante Datenhaltung in zwei Rechenzentren an den Standorten Stuttgart und Reutlingen.

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Ralf Meckle ist bei Terrabit zuständig für vCompany. Die Cloud-Lösung für den Mittelstand gewann 2016 den Innovationspreis IT der Initiative Mittelstand. (Bild: Terrabit)

Rund 35 km Luftlinie sind es bis nach Leonberg, wo Interscholz seine Heimat hat. Das Team, ist seit 1996 am Markt und hat sich in den letzten Jahren auf Managed Web Services sowie betreutes Serverhousing konzentriert. IP-Telefonie ist unter den mehr als 200 Produkten das Steckenpferd der Firma, aber auch Webhosting, IT-Services und die Betreuung von Windows- und Linux-Servern zählen zum Portfolio. Zwei Rechenzentren befinden sich im Firmenbesitz am Verwaltungssitz in Leonberg. Sie sind rund um die Uhr mit Technikern besetzt – da sind die Wege kurz, falls es irgendwo einmal haken sollte. Weitere Rechenzentren befinden sich in Stuttgart und Frankfurt.

Standortvorteil für Rechen­zentren

In puncto technische Ausstattung stehen regionale Dienstleister in Baden-Württemberg, in Hessen und im Saarland heute den größeren Playern in nichts nach. Tatsächlich geht die jüngste Entwicklung auf dem Datacenter-Markt hin zu kleineren, verteilten Standorten. Der Grund dafür liegt im Internet der Dinge: Das IoT erfordert Datenverarbeitung mit schnellen Reaktionszeiten – daher rücken manche Datacenter als Edge-Installationen bereits in unmittelbare Nähe der Datenquellen. Entsprechend kompakt, robust und modular haben sich die RZ-Ausrüster mittlerweile aufgestellt.

Hinzu kommt, dass deutsche Anbieter von vornherein den geltenden gesetzlichen Datenschutzvorgaben unterliegen – und die sind im internationalen Maßstab recht hoch. Ausschlaggebend könnte daher noch etwas anderes sein: das Gefühl, kompetent, persönlich und in der eigenen Sprache beraten zu werden. Ein nicht zu unterschätzender Faktor, der am Ende den Unterschied ausmachen könnte.

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David Schahinian arbeitet als freier Journalist für Tageszeitungen, Fachverlage, Verbände und Unternehmen. Nach Banklehre und Studium der Germanistik und Anglistik war er zunächst in der Software-Branche und der Medienanalyse tätig. Seit 2010 ist er Freiberufler und schätzt daran besonders, Themen unvoreingenommen, en détail und aus verschiedenen Blickwinkeln ergründen zu können. Schwerpunkte im IT-Bereich sind Personalthemen und Zukunftstechnologien.

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