Electronic Data Interchange: Wie Electronic Data Interchange funktioniert

Der Menschheitstraum sieht Maschinen mit Maschinen reden, während wir den Kopf frei bekommen. Stattdessen rücken uns Mobilgeräte immer enger auf die Pelle. Dabei gibt es schon eine Lösung: Electronic Data Interchange. Der Haken ist nur, dass EDI selten einfach ist. Wie es trotzdem klappt, erklärt Oliver Schonschek.

Die Cloud wird strukturierte Datenschnittstelle

Von Oliver Schonschek

Kosten reduzieren und Abläufe beschleunigen – mit EDI, dem elektronischen Datenaustausch, wäre dies möglich. Doch viele kleine und mittlere Unternehmen verzichten darauf oder machen EDI nur auf Wunsch ihrer Großkunden. Mit dem richtigen Ansatz jedoch wird es zum Erfolg, statt zur lästigen Pflicht.

Auf die Frage, ob ein Unternehmen bereits EDI-fähig ist, also elektronischen Datenaustausch betreiben kann, hört man in der Praxis häufig Antworten wie „Ja, wir schicken unsere Rechnung als PDF-Datei“ oder „Bei uns kann man per E-Mail bestellen“. Das aber ist kein EDI im Sinne von Electronic Data Interchange. Grundlegend für EDI ist die Übertragung von strukturierten Daten, die maschinenlesbar sind und automatisiert verarbeitet werden können. Das ist bei einer einfachen E-Mail oder einer PDF-Datei nicht der Fall.

Schluss mit Medienbrüchen

Elektronischer Datenaustausch läuft im Idealfall direkt von Maschine zu Maschine, eine Rechnung z.B. von der Auftragsbearbeitungssoftware des Lieferanten zur Buchhaltungssoftware des Kunden. Einfache E-Mails oder PDF-Rechnungen jedoch werden in der Regel zur weiteren Bearbeitung ausgedruckt und die relevanten Inhalte nochmals erfasst. Das sind zusätzliche Arbeitsschritte und Kosten. Man spricht hier auch von einem Medienbruch, da der Ablauf nicht vollständig digital verläuft.

Prozesskosten senken

Die mögliche Kostensenkung durch Electronic Data Interchange ist je nach Studie zwar unterschiedlich hoch, aber in jedem Fall spürbar. Die Standardorganisation GS1 Germany geht z.B. davon aus, dass sich bei Umstellung auf EDI pro Abrechnungsprozess etwa 16 Euro einsparen lassen. Je nach Rechnungsaufkommen ein stattliches Einsparpotenzial. Trotzdem nutzen viele mittelständische Unternehmen EDI nur ungern oder gar nicht.

Datenaustausch mit Hindernissen

Der wesentliche Anlass für die Umsetzung von EDI im Mittelstand ist meist der Wunsch großer Kunden, die selbst von EDI profitieren möchten und deshalb in der Regel zumindest die Rechnung in Form strukturierter Daten haben möchten – wohlgemerkt nicht einfach als PDF-Rechnung. Für kleinere und mittlere Unternehmen bedeutet die Erfüllung dieses Wunsches einiges an Aufwand – in der Technik, insbesondere aber auch in der Organisation.

Denn leider sieht der elektronische Datenaustausch meist mit jedem Geschäftspartner anders aus. Jeder will zwar seine EDI-Rechnung, aber die Unterschiede in den Anforderungen können enorm sein. So gibt es zwar den so genannten UN/EDIFACT-Standard (United Nations rules for Elec­tronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport)-und z.B. im Handel das so genannte EDIFACT-Subset EANCOM. Doch trotz aller Standardisierungsbemühungen sieht eine Rechnung im EANCOM-Format für den einen Geschäftspartner anders aus als für den anderen. Wie in der IT üblich, reichen schon kleinste Unterschiede und Abweichungen für ein großes Chaos. Dabei steckt kein böser Wille dahinter, sondern schlicht verschiedene Inhouse-Systeme und Datenbankstrukturen, historisch gewachsen und kaum noch zu ändern.

… und noch mehr Besonderheiten

Unternehmen, die verschiedene Geschäftspartner über EDI anbinden wollen oder sollen, haben es jedoch nicht nur mit verschiedenen Ausprägungen eines EDI-Standards und dadurch mit leicht unterschiedlichen Dateiformaten zu tun. Wer mehrere Branchen beliefert, z.B. Baumärkte als Handelsunternehmen und zudem Industrieunternehmen, die die gelieferten Teile verarbeiten, wird sogar verschiedenen Branchenstandards begegnen. Neben EANCOM ist dann noch z.B. die eine oder andere XML-Spezifikation umzusetzen oder SAP IDoc oder eine individuelle CSV-Datei.

Damit nicht genug: Neben den Formaten sind auch die gewünschten Übertragungswege verschieden; bei dem einen Geschäftspartner soll es über X.400 gehen, bei dem anderen über FTP (File Transfer Protocol) oder AS2 (Applicability Statement 2) oder aber https (HyperText Transfer Protocol Secure).

Optionen für die Umsetzung

Betrachtet man Studienergebnisse wie die Global EDI/B2B Survey von Forrester Research, erreichen nur 7 % der kleinen und mittleren Unternehmen mit ihren Geschäftspartner eine EDI-Quote von 81 bis 100 %, bei größeren Unternehmen sind es immerhin 19 %. 48 % aller EDI-fähigen Unternehmen müssen mehrgleisig fahren, um alle Partner anzubinden, haben also mehr als eine EDI-Lösung im Einsatz. Das kann ein kleines oder mittleres Unternehmen schnell überfordern.

Wer mit EDI beginnen möchte, hat im Prinzip drei Wege zur Auswahl: das Betreiben einer bzw. mehrerer EDI-Lösungen im eigenen Unternehmen, das so genannte Web-EDI oder EDI im Outsourcing:

  • Inhouse-EDI erfordert entsprechendes Know-how und Personal im Unternehmen. Für viele kleine und mittlere Unternehmen ist das deshalb zu viel.
  • Web-EDI kann schnell umgesetzt werden, denn es setzt nur einen Webbrowser voraus. Allerdings stellt Web-EDI in der Regel selbst einen Medienbruch dar. So erhält der große Geschäftspartner zwar EDI über den Web-EDI-Dienstleister, der Web-EDI-Nutzer selbst muss jedoch meist die Rechnungen, Lieferscheine und die anderen geforderten Dokumente manuell in die Webmaske im Browser eintragen, zusätzlich zur Arbeit im eigenen Auftragsbearbeitungssystem. Web-EDI bedeutet in der Regel also Mehraufwand und ein höheres Fehlerpotenzial durch Mehrfacherfassung.
  • EDI im Outsourcing verlagert den EDI-Betrieb nach draußen, kann aber auch so genutzt werden, dass auch ein kleinerer Anwender seine Daten in eigenen Format bekommt, das sich automatisch verarbeiten lässt. Dazu wird bei dem Outsourcing-Partner eine spezielle Datenschnittstelle entwickelt und betrieben. Im Idealfall kann diese Datenschnittstelle von mehreren Anwendern genutzt werden, so dass die Entwicklungskosten für den einzelnen sinken.

Fazit: Die Wolke als goldene Mitte

Web-EDI bietet also einen schnellen Einstieg und sollte dann gewählt werden, wenn der große Kunde drängelt und noch keine eigene EDI-Lösung in Sicht ist. Ansonsten erscheint EDI im Outsourcing bzw. „aus der Cloud“ als geeigneter Weg gerade für kleinere Unternehmen, denn dabei können sie von den üblichen Kostenvorteilen des Cloud Computing profitieren.

Entsprechende EDI-Dienstleister gibt es reichlich, für jeden EDI-Weg. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderte Projekt Prozeus (Prozesse und Standards – eBusiness-Praxis für den Mittelstand) betreibt eine Dienstleister-Datenbank, die bei der Suche nach einem passenden EDI-Dienstleister behilflich sein kann.

In jedem Fall sollten auch kleinere Unternehmen die Möglichkeiten von EDI für sich prüfen, um Kosten zu senken, Abläufe zu beschleunigen und um für große Kunden attraktiv zu sein, die zunehmend auf EDI als Lieferbedingung bestehen.

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Oliver Schonschek bewertet als News Analyst auf MittelstandsWiki.de aktuelle Vorfälle und Entwicklungen. Der Fokus liegt auf den wirtschaftlichen Aspekten von Datenschutz und IT-Sicherheit aus dem Blickwinkel des Mittelstands. Er ist Herausgeber und Fachautor zahlreicher Fachpublikationen, insbesondere in seinem Spezialgebiet Datenschutz und Datensicherheit.


Oliver Schonschek, Tel.: 02603-936116, www.schonschek.de

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