Der Advokat des Kunden
Von Anne M. Schüller, Anne M. Schüller Management Consulting
Kundenzentrierung braucht Koordination – und Kommunikation. Wer das im Unternehmen besonders gut können sollte? Die Leute aus dem Marketing und Vertrieb. Doch man stelle sich vor: 49 % der Probleme zwischen Sales und Marketing liegen in der Kommunikation, gefolgt von schlechten Prozessen mit 42 %. Das hat der Demand Gen Report bereits 2016 herausgefunden. Die größte Umsatzverschwendung entsteht demnach aus einem Mangel an crossfunktionaler Zusammenarbeit. Leider bekommen die Kunden das oft genug mit. Erbost machen sie sich von dannen. Und im Web erzählen sie allen, warum.
Ein grundsätzlicher Fehler der Organisationsentwickler war der, dass man die marktorientierte Unternehmensführung eingepfercht hat. So passiert dann genau das, was in einer Abteilung immer passiert: Man teilt sich ab. Eigene Interessen, Ziele, Pläne und Boni stehen im Vordergrund. Man beschäftigt sich mit sich selbst. Symptomatisch dafür und vielfach gelebte Realität: Statt sich die Bälle zuzuspielen, agieren Online und Offline wie befeindete Units, die einander die Kunden „klauen“. Doch nur Hand in Hand kann man gegen externe Konkurrenten gewinnen.
Abteilungsdenke: aus Kundensicht inakzeptabel
Abgrenzungsstrategien findet man in jeder Firma. „Die“ im Marketing können bloß bunte Bildchen. „Die“ im Vertrieb fahren nur durch die Gegend. Und „die“ in der Auftragsabwicklung agieren so dilettantisch, dass die mühsam gewonnenen Kunden gleich wieder flüchten. Indes gerät man dort in die Bredouille, weil der Vertrieb, dem die Quartalsziele im Nacken sitzen, unhaltbare Versprechen macht. Oder weil man von der Anzeige mit den Sonderangeboten nichts erfahren hat. Ingenieure, die sich für etwas Besseres halten, hören den Kundendienstlern nicht einmal zu, wenn die von den Hilferufen der Kunden berichten.
Damit all das nicht passiert, braucht es einen Vertreter der Kundeninteressen, der entlang der kompletten Customer Journey die jeweils involvierten Bereiche und Prozessketten miteinander verknüpft. Er ist das Bindeglied zwischen drinnen und draußen. Als Koordinator bringt er die einzelnen Kundenerlebnisse zum perfekten Zusammenspiel. Mancherorts spricht man dabei vom Customer Experience Manager, vom Customer Journey Manager oder vom Customer Centricity Manager. Ich nenne dieses Bindeglied, diesen Brückenbauer, diesen Kundenadvokaten im Unternehmen den Customer Touchpoint Manager. Sein Ziel ist die Transformation des gesamten Unternehmens hin zu einer bestens vernetzten, kundenzentrierten Organisation.
Ein Kundenadvokat wird dringend gebraucht
Kernaufgabe des Customer Touchpoint Managers ist es, an den externen Touchpoints des Unternehmens, also den Berührungspunkten zwischen Produkten, Services, Lösungen, Marken, Mitarbeitern, Plattformen und Kunden, eine hundertprozentige Kundenfokussierung zu erreichen. Er ist der Begleiter auf der „Reise“ des Kunden durch die Unternehmenslandschaft. Er nimmt immer die Kundensicht ein, und das wird so akzeptiert, auch wenn es schon mal unbequem ist. Seine wichtigsten Fragen:
- „Wie sieht das aus Kundensicht aus?“
- „Was würden die Kunden dazu sagen?“
- „Haben wir die Kunden dazu befragt?“
Damit alles wie aus einem Guss funktioniert, wird er die jeweils passenden Experten aus den einzelnen Bereichen zusammenbringen. In alle Business Units hinein wird er als Stimme des Kunden Vorschläge machen und wichtige Impulse setzen, um die Leistungen des Unternehmens laufend zu optimieren und an den sich ständig wandelnden Anforderungen der Kunden auszurichten. Zu diesem Zweck entwickelt er einen Methodenbaukasten und bringt die passenden Instrumente zum Einsatz.
Über die Zukunft eines Unternehmens entscheidet, was an den Touchpoints in den „Momenten der Wahrheit“ zwischen Anbieter und Kunde tatsächlich passiert. Deshalb brauchen Unternehmen nicht nur ein Customer Touchpoint Management, sondern auch einen Customer Touchpoint Manager. Seine Kernaufgabe ist es, eine hundertprozentige Kundenorientierung zu ermöglichen und abteilungsübergreifend ein durchgängig positives, begeisterndes, verlässliches und vertrauensvolles Markenerlebnis sicherzustellen.
Die dreitägige Ausbildung zum zertifizierten Customer Touchpoint Manager richtet sich vor allem an ambitionierte Mitarbeiter aus den Bereichen Marketing und Kundenservice, die im Kontext unserer neuen Businesswelt und mithilfe dieser Zusatzqualifikation die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Arbeitgeber sichern wollen.
Die nächste Ausbildung findet vom 27. bis 29. August 2020 in München statt. Zu weiteren Informationen und zur Anmeldung geht’s hier: www.touchpoint-management.de.
Ein Touchpoint Manager rechnet sich schnell
Als neutraler Dritter und ohne jedes Abteilungsinteresse kann der Touchpoint Manager chronologisch erkunden, wie die Kunden tatsächlich kaufen – und wie nicht. Die „Moments that matter“, also die aus Kundensicht besonderen Momente über- oder unterdurchschnittlicher Kundenzufriedenheit, wird er eingehend sondieren.
Zudem wird er die typischen Einstiegs- und Ausstiegspunkte der Kunden ganz genau untersuchen. Dazu nimmt er vor allem diejenigen Touchpoints detailliert ins Visier, bei denen es um gewonnene oder verlorene Aufträge geht. Vertuschung und Verschleierung haben damit ein Ende.
Zum Beispiel ist der angebliche Hauptgrund für einen Kundenverlust fast immer der Preis. Eine Tiefenanalyse der kritischen Ereignisse jedoch offenbart: Mängel in der Ablauforganisation spielen bei Kundenabwanderungen oft die entscheidende Rolle. Für die Unternehmenserlöse macht es allerdings einen Riesenunterschied, ob man an der Preisschraube dreht – oder kundenbezogene Abläufe koordiniert und verbessert. Schon allein deshalb rechnet sich die Position eines Customer Touchpoint Managers schnell.
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Veranstaltungen und Fachkongressen. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk Xing zum Xing-Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager sowie zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.
Anne M. Schüller Marketing Consulting, Harthauser Str. 54, 81545 München, 089-6423208, info@anneschueller.de, www.anneschueller.de, www.touchpoint-management.de
Nützliche Links
- Anne M. Schüller, Alex T. Steffen: Die Orbit-Organisation. In 9 Schritten zum Unternehmensmodell für die digitale Zukunft. Offenbach: Gabal 2019. 312 Seiten, 34,90 Euro (Hörbuch 39,90 Euro) – Finalist im International Book Award 2019.
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