Emotionsmanagement

Dankeschön, wie aufmerksam!

Von Anne M. Schüller, Anne M. Schüller Management Consulting

Viele Begeisterungsfaktoren haben ihren Ursprung nicht nur in dem, was getan wird, sondern vor allem in dem, wie etwas getan wird. Gerade, wenn bei Dienst­leistungen der Kunde in den Produktions­prozess mit ein­gebunden wird, merkt er sehr schnell, ob die Mitarbeiter ihren Job liebe­voll oder lieb­los erbringen. Emotions­management heißt: „Make your customer Wow!“

Man spürt beim Arzt, ob er die Untersuchung nach Schema F durchführt oder ob ihm das Wohlbefinden des Patienten wirklich am Herzen liegt. Und man spürt, ob die Spritze liebevoll oder lieblos gesetzt wird. Man spürt die Begeisterung der Kellner beim Lieblingsitaliener und die Uninteressiertheit bei der 08/15-Gaststätte von nebenan. Man spürt, ob die Verkäuferin einem wirklich etwas Passendes verkaufen möchte oder ob sie nur lustlos ihre acht Stunden ableiert und Thekenbewacherin spielt.

Eine Frage der Einstellung

Studien haben gezeigt, dass die Qualität während der Leistungserbringung sogar höher bewertet wird als das Schlussergebnis. Doch gerade die „weichen“ Faktoren, also der herzliche, achtsame und zuvorkommende Umgang mit den Kunden kann nicht per Dienstanweisung angeordnet werden. Ist dem so, erhalten wir Kunden höchstens ein Muss-Lächeln, und das wird sofort enttarnt.

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Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Veranstaltungen und Fachkongressen. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk Xing zum Xing-Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager sowie zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.


Anne M. Schüller Marketing Consulting, Harthauser Str. 54, 81545 München, 089-6423208, info@anneschueller.de, www.anneschueller.de, www.touchpoint-management.de

Das echte, warme Lächeln und all die vielen kleinen freiwilligen Gesten des Entgegenkommens, die sich so gut anfühlen, sind eine Frage der Einstellung, also des wollen Wollens der Mitarbeiter. Die Ansprache des Kunden mit Namen ist dabei die einfachste Form. Der eigene Name ist das wichtigste Wort im Leben eines Menschen. Seinen eigenen Namen zu hören sorgt automatisch für eine positive Grundstimmung.

Aus eigener Erfahrung
An Bord eines Flugzeugs konnte ich das in der Economy-Klasse bislang nur ein einziges Mal erleben: „Herr Müller, was darf ich Ihnen anbieten? Frau Schüller, Kaffee oder Tee? Und Sie, Herr Fuchs?“ Der Effekt war gigantisch. Jeder hatte das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Es begann zu menscheln im Fluggerät. Und es war so einfach gewesen. Die Flugbegleiterin hatte die Passagierliste auf ihrem Servierwagen liegen. Warum nicht immer so?

Dienstleistung neu erfinden

Die Differenzierung zur Konkurrenz findet nicht vornehmlich auf der Leistungsebene, sondern vor allem auf der Beziehungsebene statt. Die gefühlte Wertschätzung, verbunden mit Herzlichkeit, absoluter Fairness und erprobter Zuverlässigkeit, ist der Dreh- und Angelpunkt für Begeisterung. Wenn es dann noch gelingt, dem Kunden mit Spitzenprodukt- oder Servicenutzen unerwartete Anstöße für seine Lebensqualität oder seinen unternehmerischen Erfolg zu geben, dann ist auch das Weiterempfehlungsgeschäft so gut wie gesichert.

Wer der Begeisterung auf die Spur kommen will, beschäftigt sich am besten nicht nur mit den (geheimen) Wünschen und Träumen seiner Kunden, sondern auch mit deren Befürchtungen, Zweifeln und Nöten: „Was sind die (verborgenen) Ängste der Kunden in meiner Branche und wie antworte ich darauf?“ Oder anders gesagt: „Was ist deren „Point of Pain“? Und wie können wir sie davon erlösen?“

Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute

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Selbst bei mittelgroßen Unter­nehmen kommen bei einer sorg­fältigen Analyse schnell mehr als ein­hundert potenzielle Touch­points zusammen. Die Zahl als solche ist schon ver­wirrend genug. Viel ent­scheidender ist aber die Frage, auf welche Touch­points sich das Unter­nehmen schließ­lich kon­zentrieren soll, welche sich neu kom­binieren lassen, welche ver­nachlässigt werden können, welche ge­strichen werden müssen und welche wo­möglich noch fehlen. Wie das geht? Das ist aus­führlich be­schrieben in „Touch­points. Auf Tuch­fühlung mit dem Kunden von heute. Management­strategien für unsere neue Business­welt“ (Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Gunter Dueck. 5. aktualisierte Aufl. Offen­bach: Gabal 2014. 350 S., ISBN: 978-3-86936-330-1, 29,90 Euro, 47,90 CHF. – Ausge­zeichnet als Mittelstands­buch des Jahres und mit dem Deutschen Trainer­buchpreis 2012. Auch in unge­kürzter Hörbuch­fassung: 8 CDs, ISBN 978-3-86936-501-5, 49,90 Euro, 62,50 CHF).

Die Summe der Details

Meist sind es kleine Dinge, die der Kunde so nicht erwartet und anderswo auch noch nie so erlebt hat, die sich äußerst positiv auf sein Kauf- und Empfehlungsverhalten auswirken. In meinen Workshops lasse ich das von den Mitarbeitern selbst erarbeiten. Am Anfang steht meist – und das mag hier zunächst schockieren – die Frage:

„Was müssen wir tun, um ganz sicher all unsere Kunden zu vergraulen und damit so schnell wie möglich bankrott zu sein?“

Aus dem anschließenden Umkehrschluss ergeben sich die positiven Ideen fast wie von selbst – maßgeschneidert für das eigene Unternehmen. Und diese werden dann auch gerne umgesetzt, denn sie wurden nicht vom Chef diktiert, sondern in Eigenregie entwickelt. Das Wollen erreichen Führungskräfte immer dann am besten, wenn die Mitarbeiter selbst sagen, sie könnten sich vorstellen, etwas in Zukunft so und so zu machen. Und Begeisterung für die Sache wird auf diesem Weg gleich mitgeliefert.

Der Begeisterungskanal

Allerdings: Ein Wermutstropfen bleibt. Was heute noch für Überraschungen sorgt, ist morgen schon basic, also ganz selbstverständlich und kaum noch der Rede wert. Weil sich der Kunde schnell an Begeisterungsfaktoren gewöhnt, werden seine Erwartungen und damit auch seine Anforderungen steigen.

Deshalb muss ein Unternehmen bestrebt sein, Begeisterung zu „tunen“. Hierzu begibt es sich mit dem Kunden gemeinsam in einen stetig ansteigenden mehr oder weniger steilen Begeisterungskanal. Innerhalb des Kanals werden immer wieder neue Begeisterungselemente geplant und umgesetzt. Unterhalb des Kanals wird es dem Kunden schnell langweilig, darüber wird es dem Unternehmen zu teuer.

Ausbildung zum zertifizierten Touchpoint Manager

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Über die Zukunft eines Unternehmens entscheidet, was an den Touchpoints in den „Momenten der Wahrheit“ zwischen Anbieter und Kunde tat­sächlich passiert. Deshalb brauchen Unternehmen nicht nur ein Customer Touchpoint Management, sondern auch einen Customer Touchpoint Manager. Seine Kernaufgabe ist es, eine hundertprozentige Kundenorientierung zu ermöglichen und abteilungsübergreifend ein durchgängig positives, begeisterndes, verlässliches und vertrauensvolles Markenerlebnis sicherzustellen.

Die dreitägige Ausbildung zum zertifizierten Customer Touchpoint Manager richtet sich vor allem an ambitionierte Mitarbeiter aus den Bereichen Marketing und Kundenservice, die im Kontext unserer neuen Businesswelt und mithilfe dieser Zusatzqualifikation die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Arbeitgeber sichern wollen.

Die nächste Ausbildung findet vom 27. bis 29. August 2020 in München statt. Zu weiteren Informationen und zur Anmeldung geht’s hier: www.touchpoint-management.de.

Fazit: Zu viel ist zu viel

Begeisterung „tunen“ bedeutet auch, darauf zu achten, dass die Mitarbeiter in der Kundenansprache nicht überdrehen. Die richtige Dosierung macht’s. Das heißt: nicht bemüht höflich und aufgesetzt freundlich wirken, sich nicht beim Kunden anbiedern und einschleimen, dem Kunden nichts aufzwingen. „Und spürt man die Absicht, ist man verstimmt“, hat schon Goethe gesagt.

Die richtige Dosierung? Das kommt auf den Kunden an. Wer als Kunde selbst begeisterungsfähig ist, lässt sich auch gerne mitreißen. Wer hingegen in seinen Gefühlsausbrüchen äußerste Zurückhaltung übt, interpretiert jeden Anflug von Begeisterung schon als künstlich – was letztlich eine Frage der subjektiven Einstellung ist.

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