Green Datacenter: Wer Datacenter baut, damit es zwischen den Servern zieht

Durchdachte Energie- und Kühl­konzepte können den RZ-Energie­verbrauch deut­lich senken. Ent­schei­dend ist dabei aller­dings die Bau­weise, die maß­geb­lich die Luft­führung zwischen den Racks bestimmt. Im kon­kre­ten Bei­spiel hat ein be­ab­sichtig­ter Kamin­effekt dazu bei­ge­tragen, die Energie­kosten zu halbieren.

Serverturm mit Luftschacht

Von Jens Zeyer, OVH

In Deutschland verbrauchen alle Rechenzentren zusammen etwa 12,4 Milliarden kWh Strom pro Jahr – das entspricht einem Anteil von 2,3 % am gesamten Stromverbrauch. Mit steigender Tendenz: In den nächsten zehn Jahren dürfte der absolute Energieverbrauch durch Datacenter um satte 30 % zunehmen. Auf diese Zahlen kommt das unabhängige Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit. Wenig verwunderlich also, dass Unternehmen nicht nur in Deutschland nach innovativen Lösungen suchen, um Energie und damit Kosten zu sparen.

Warm- und Kaltgänge

Den größten Anteil, an dem sich außerdem am meisten drehen lässt, macht weiterhin die RZ-Klimatisierung aus. Allerdings können Betreiber mittlerweile verschiedene Technologien zur Reduzierung der benötigten Energiemenge nutzen. Eine Möglichkeit ist die Luftkühlung: Hierbei ist es üblich, die Racks Front gegen Front mit Warm- und Kaltgängen im Wechsel mit entsprechender Kaltluftzuführung über einen Doppelboden anzuordnen. Diese Konstruktionsweise sorgt zunächst dafür, dass die gekühlte Zuluft in den Kaltgang durch den Doppelboden eingeblasen wird. Im nächsten Schritt wird sie von beiden Seiten von den Servern eingezogen, damit sie letztendlich auf der Rückseite der Racks in den Warmgang heraustreten kann. Mit dieser Anordnung können, bei entsprechend guter Planung und Umsetzung, 6 bis 8 kW Kühlleistung pro Rack eingespart werden.

Bei luftgekühlten Räumen spielt die Rücklufttemperatur eine wichtige Rolle. Eine hohe Rücklufttemperatur ist gleichbedeutend mit einer energieeffizienten Arbeitsweise der Anlage. Dabei ist eine gut geplante und sorgfältig ausgeführte Luftführung im Rechenzentrum erforderlich. So ist beispielsweise die erwähnte Anordnung von Kalt- und Warmgängen strikt einzuhalten – ansonsten riskiert man Luftverwirbelungen. Sie führen dazu, dass die kalte Luft einerseits nicht an die zu kühlenden Stellen gelangt und andererseits die Rücklufttemperatur sinkt. Eine weitere mögliche Gefahr, die dabei besteht: Im kalten Gang kann eine Warmluftströmung entstehen, die eine eventuelle lokale Überhitzung zur Folge hat.

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Dank des Turmkonzepts strömt die kühle Luft direkt auf der Vorderseite der Server ein und reguliert so die Temperatur der Ventilatoren und Lufteinlässe der Maschinen. Damit erreichen die OVH-Rechenzentren einen PUE-Wert unter 1,2. (Bild: OVH)

Besonders in kalten und gemäßigten Klimazonen kann die sogenannte freie Kühlung zum Einsatz kommen. Bei der freien Kühlung wird zwischen direkter und indirekter Kühlung unterschieden. Bei einem System mit direkter freier Kühlung wird die kühle Außenluft in den zu kühlenden Raum direkt eingebracht. Wenn sich das Rechenzentrum also in einem Gebiet befindet, wo vornehmlich kalte oder gemäßigte Temperaturen herrschen – die bekannteste geografische Region für dieses Szenario ist Island –, lässt sich mit dieser Betriebsweise eine Menge Energie einsparen. Bei der indirekten freien Kühlung wird mithilfe von Luft-Wasser-Wärmetauschern die Wärme an die Außenluft abgeführt. Das Einsparpotenzial hier: bis zu 50 % im Vergleich zum ausschließlichen Einsatz von Kältemaschinen.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechen­zentren und Infra­struktur“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

In Kombination mit Flüssigkühlung

Dass sich auf diese Weise ganze Datacenter „grün“ kühlen lassen, beweist der französische Provider OVH, der zwei interessante Ansätze verfolgt, um seine Rechenzentren energieeffizienter zu machen: Luftkühlung im Gebäude und eine spezielle Kühlflüssigkeit, die on the rack durch die Server fließt. Die Flüssigkeitskühlung befindet sich im Chassis der Server und wird an wärmeintensiven Komponenten (Prozessoren etc.) vorbeigeleitet. Dabei werden etwa 70 % der Wärme aufgenommen. Pumpen befördern anschließend die erwärmte Flüssigkeit nach außen. Dort sind Wärmetauscher installiert, die dafür sorgen, dass die Flüssigkeit sich wieder abkühlt. Das System ist redundant konzipiert und nutzt zur Pumpensteuerung abwechselnd mehrere Geräte. Für den Einsatz der Kühlflüssigkeit wurden spezielle Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Unter anderem sind die Platinen mit verschiedenen Schutzmechanismen ausgestattet, um Kurzschlüsse und andere Fehlfunktionen zu vermeiden.

Bei der Kühlung per Luft erzielen große Luftschächte einen Kamineffekt: Durch den Sog wird die warme Luft aus den Räumen gezogen. Kalt- und Warmgassen sind getrennt und kontrollieren die Luftzirkulation im Inneren der Serverchassis. Durch seitliche Öffnungen wird kühle Außenluft auf die Gehäuse der Server geleitet und gelangt so direkt auf Ventilatoren und Prozessoren im Inneren der Server. Die erwärmte Luft wird anschließend durch Warmgassen an der Serverrückfront abgeführt. In den Gassen befinden sich Absauger, die die warme Luft abtransportieren. Dabei ist jedes Chassis mit seiner eigenen Ventilation ausgerüstet. Mit einem solchen System gelangt die kalte Luft schnell zu den zu kühlenden Komponenten. OVH hat auf diese Weise seine Energiekosten effektiv halbiert.

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Dr. Jens Zeyer ist Marketing & PR Executive bei OVH Germany. Der europäisch ausgerichtete, aber international aufgestellte Hyperscale Cloud Anbieter betreibt derzeit 27 größtenteils selbst konzipierte Rechenzentren in 19 Ländern, eines davon in Limburg. Dabei stehen Ökologie und Energieeffizienz im Fokus: OVH verzichtet mittlerweile gänzlich auf Klimaanlagen und setzt stattdessen auf Flüssigkeitskühlung und eine optimale Verwaltung der Luftströme.


OVH GmbH, St. Johanner Str. 41–43, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681-906730, kundendienst@ovh.de, www.ovh.de

Energieeffizienz ist Kosteneffizienz

Die hohen Energiepreise in Deutschland zwingen Rechenzentrumsbetreiber dazu, weiter nach innovativen Lösungen Ausschau zu halten. Zukünftig ist ein intelligentes, automatisiertes Energiemanagement gefordert, das jede Komponente der IT-Infrastruktur nach Bedarf regelt und Überkapazitäten vermeidet. Ein anderer bzw. paralleler Ansatz ist der, dass Rechenzentren selbst als Stromerzeuger funktionieren. Mit der Abwärme lässt sich beispielsweise per thermoelektrischem Generator Strom erzeugen. Für viele Bestandsrechenzentren gilt noch immer: In puncto Energieeffizienz ist viel Luft nach oben.

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