LWL-Verkabelung im Rechenzentrum: Wie neue LWL-Standards für Daten­durchsatz sorgen

Der Hunger nach mehr Band­breite ist un­gebremst: 40 und 100 GbE sind bereits auf dem Weg in die Rechen­zentren. MPO-Steck­verbinder sind dabei das Mittel der ersten Wahl. Denn nur mit Mehr­faser­technik in Multi­mode-Aus­führung lassen sich Über­tragungs­geschwindigkeiten von über 100 GbE realisieren.

MPO mit OM5 und SWDM

Von André Engel, tde – trans data elektronik GmbH

Seit Oktober 2016 steht mit OM5 ein weiterer OM-Standard für die Glasfaserverkabelung zur Verfügung, der den steigenden Bandbreitenbedarf in Rechenzentren erfüllt. OM5 unterstützt SWDM (Short Wave Division Multiplexing) und breitbandig optimierte Multimodefasern (Wideband Multimode Fiber/WBMMF) mit Übertragungsraten von bis zu 400 GBit/s. Bislang hatte die standardisierte Klassifizierung von Lichtwellenleitern die vier Klassen OM1, OM2, OM3 und OM4 für Multimodefasern vorgesehen. In allen fünf OM-Kategorien stehen für die optische Übertragung die Wellenlängen zwischen 850 nm und 1300 nm zur Verfügung. Die Dämpfungswerte sind in allen Klassen gleich, die Bandbreitenlängenprodukte dagegen sehr unterschiedlich. Während für die OM1-Klasse bei 850 nm ein Bandbreitenlängenprodukt für 200 MHz × km spezifiziert ist, verfügen die Multimodefasern der OM4-Klasse über eine Effective Modal Bandwidth (EMB) von 4,5 GHz × km.

Weiter und schneller

Da die überbrückbaren Entfernungen mit OM4-Kabel relativ gering sind und bei der Übertragung von 40 GbE (4 × 10 GBit/s) oder 100 GbE (10 × 10 GBit/s oder 4 × 25 GBit/s) vier oder zehn Multimodefasern genutzt werden müssen, setzt die OM5-Klasse auf die breitbandig optimierte Wideband Multimode Fiber (WBMMF). OM5 ist voll abwärtskompatibel mit OM3- und OM4-Fasern, punktet aber in Bezug auf eine erweiterte Längenrestriktion. Die OM5-Faser ermöglicht damit mindestens eine Verdopplung der Reichweite. Im Vergleich zu herkömmlichen Multimodefasern hat die OM5-Klasse ein breites erstes optisches Fenster im Wellenlängenbereich zwischen 850 und 950 nm, das die optimale Nutzung mehrerer Wellenlängen ermöglicht.

In Bezug auf Multimodefasern ist SWDM (Shortwave Wavelength Division Multiplexing) derzeit eine häufig eingesetzte Option für Übertragungsraten bis 100 GBit. Dabei handelt es sich um ein Multiplexverfahren, das vier verschiedene Wellenlängen zwischen 850 und 950 nm für die Übertragung nutzt – eine Vervierfachung der bisherigen Übertragungsleistung. 40 GBit und 100 GBit lassen sich jeweils über eine Sende- und Empfangsfaser übertragen. Im Falle einer 40-GBit-Verbindung werden demnach auf vier Wellenlängen jeweils 10 GBit, bei 100 GBit je Wellenlänge 25 GBit übertragen werden. Für die SWDM-Übertragung reichen Multimodefasern 50/125µ der Klassen OM3 und OM4 aus. Dies geht allerdings einher mit reduzierten Reichweiten. Für 100 GBit ergibt sich mit OM3 eine reduzierte Reichweite von 75 m und in Verbindung mit OM4 eine Reichweite von 100 m. Der Grund: OM3- und OM4-Fasern sind für die 850-nm-Wellenlänge optimiert und bei der effektiven Bandbreite durch die modale Dispersion eingeschränkt.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechenzentren und Infrastruktur“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämtlichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Die Verabschiedung des OM5-Standards eröffnet insbesondere der MPO-Technologie vielfältige neue Möglichkeiten. Es gibt bereits modular aufgebaute Verkabelungssysteme, bei denen Trunkkabel und Module mit 24-Faser-MPO-Steckern ausgestattet sind. Dann basiert die gesamte Rückraumverkabelung auf dem 24-Faser-Stecker. Er bietet im Gegensatz zum baugleichen 12-Faser-MPO-Stecker zwei Reihen zu jeweils zwölf Fasern und damit die doppelte Faserzahl. So schafft er eine noch kompaktere Performance. Das unterstützt überdies die Migration von der 2-Faser-Übertragung (LC-Duplex) auf 8-Faser- (MPO) oder 20-Faser-Übertragungen (MPO). Wenn sich in naher Zukunft der MPO-16- oder 32-Faserstecker als Standard herauskristallisieren sollte, so lässt sich auch das problemlos durch einen Modultausch abbilden, ohne dass man die Trunkkabel im Rückraum tauschen müsste. Ein weiterer Vorteil einer solchen modularen Lösung: Unabhängig von der Übertragungsrate im Rückraum können in der Regel alle Fasern genutzt werden.

Angekündigte Standards

Zukunftsfähige Hochleistungsdatennetze mit Übertragungsgeschwindigkeiten von mehr als 100 GbE (Ethernet) beziehungsweise 128 GFC (Fiber Channel) im Zusammenhang mit Multimodefasern lassen sich ausschließlich unter Einsatz von MPO-Steckern realisieren. MPO-Stecker mit 12 oder 24 Fasern sind in Bezug auf derzeitige Transceivertechnik längst bewährt. Übertragungsraten von 40 GBit über Multimode erreicht man derzeit wirtschaftlich mit einem 12-Faser-MPO, 100 GBit mit einem 24-Faser-MPO. Hierbei handelt es sich um eine paralleloptische Übertragung, die pro Kanal 10 GBit überträgt. Nach dem bereits im Juni 2010 verabschiedeten Standard IEEE 802.3ba werden für 40GBASE-SR4 jeweils vier Sende- und Empfangsfasern verwendet. Für 100GBASE-SR10 sind jeweils zehn Sende- und Empfangsfasern erforderlich.

Im Februar 2015 wurde der Standard IEEE 802.3bm verabschiedet. Er unterscheidet sich von IEEE 803.3ba im Wesentlichen durch die Kanalgeschwindigkeit von 25 GBit. Für die 100-GBit-Übertragung nach 100GBASE-SR4 ist alternativ zum bisherigen Standard mit 24-Faser-MPO ein 12-Faser-MPO mit jeweils vier Sende- und Empfangsfasern definiert.

Viele Anbieter von Verkabelungssystemen halten daher am 12-Faser-MPO im Rückraum fest. Einige gehen sogar dazu über, ihn selektiv mit 8 Fasern (Base 8) zu belegen. Dieser Trend scheint angesichts der immer schneller steigenden Übertragungsraten fragwürdig. Ein MPO mit einer höheren Faserzahl, wie etwa der 24-Faser-MPO, bietet im Rückraum unabhängig von den aktuell genutzten Übertragungsraten deutliche Vorteile. Dazu gehören kürzere Installationszeiten, geringeres Kabelvolumen und Brandlasten, mehr Migrationsoptionen auf höhere Übertragungsraten und schlussendlich ein höherer Investitionsschutz.

André Engel ist Geschäftsführer der tde – trans data elektronik GmbH. Der Hersteller von Glasfaser- und Kupfertechnik liefert hochwertige, qualitätsgeprüfte Netzwerkkomponenten, von der Serienfertigung bis zu maßgeschneiderten Verkabelungslösungen sowie ein umfassendes Spektrum an Steckverbindern. Sowohl die LWL- als auch die Kupferkabel-Applikationen stammen grundsätzlich aus eigener Produktion und werden vollständig in Deutschland gefertigt.


tde – trans data elektronik GmbH, Prinz-Friedrich-Karl-Str. 46, 44135 Dortmund, Tel.: 0231-9143127, info@tde.de, www.tde.de

Mit IEEE 802.3by wurde im Juli 2016 der 25GBASE-SR-Standard von der 100-GBit-Technologie abgeleitet. Er nutzt folgerichtig jeweils eine Sende- und Empfangsfaser. Damit reicht für die 25-GBit-Übertragung die traditionelle Einzelfaseranschlusstechnik vorzugsweise mit LC-Duplexsteckverbinder aus.

Für 2018 liegt als Entwurf bereits der Standard IEEE 802.3cd vor. Mit dem Modulationsverfahren PAM4 werden dann 50 GBit pro Kanal möglich sein. Analog zu den schon existierenden Normen ergeben sich hieraus die Übertragungsstandards 50GBASE-SR, 100GBASE-SR2 und 200GBASE-SR4. Mit jeweils vier Sende- und Empfangsfasern wären dann sogar 200 GBit möglich. Auch in diesem Zusammenhang ist der MPO-Steckverbinder mit 12 Fasern für die 200-GBit-Übertragung vorgesehen.

Noch in diesem Jahr soll nach IEEE 803.3bs der 400GBASE-SR16-Standard kommen. Erstmalig wird darin ein MPO-Steckverbinder mit 32 Fasern festgeschrieben. Auch ein 16-Faser-MPO ist inzwischen für die 400-GBit-Übertragung vorgesehen und befindet sich in der Normierung. Damit ist der Weg klar vorgezeichnet: Spätestens jenseits der 100 GBit werden alle Übertragungsraten über Multimode auf paralleloptischer Übertragung mit MPO-Anschlusstechnik basieren. Dies veranschaulicht auch die 2016 Ethernet Roadmap der Ethernet Alliance sehr gut.

In Kombination unschlagbar

Spielt der OM5-Standard zusammen mit der SWDM-Technologie bereits seine Vorteile aus, so hat er das Potenzial, in Verbindung mit der MPO-Technologie noch erfolgreicher zu werden. Diese Dreierkombination ermöglicht Unternehmen eine Vervielfachung der Übertragungsraten und lässt alle Optionen bei der Migration offen. Außerdem wird die Industrie in naher Zukunft Transceiver entwickeln, die SWDM- und Mehrfasertechnologie kombinieren. Übertragungsraten im Terabit-Bereich wären dadurch schon bald möglich. Das ist umso wichtiger, da laut Cisco Visual Networking Index allein in Deutschland die durchschnittliche Datentransferrate im Jahr 2020 etwa 13 TBit/s, in Spitzenzeiten bis zu 81 TBit/s betragen wird. Hier kann die OM5-Faser ihren Reichweitenvorteil ausspielen.

Zugleich sollten Unternehmen gut überdenken, ob sie angesichts zahlloser erfolgreicher MPO-Projekte eine freiwillige Restriktion auf zwei oder acht Fasern vornehmen und damit eine vorzeitige Limitierung in der Übertragungsrate in Kauf nehmen wollen. Besser wäre es, schon heute die MPO-24-Faser-Technologie in Kombination mit OM5-Fasern einzusetzen. Nur so halten sich Unternehmen wirklich alle Optionen offen.

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