Discover präsentiert Nutzern Inhalte ohne aktive Suche, während AI Overview Anfragen direkt im Ergebnisfenster beantwortet – ohne Klicks auf externe Websites. Beide Mechanismen untergraben etablierte SEO-Praktiken und stellen besonders ressourcenschwache KMU vor neue Herausforderungen.
Wer ausschließlich auf klassische Suchmaschinenoptimierung setzt, verliert zunehmend Sichtbarkeit. Entscheidend wird, wie gut Inhalte in personalisierten Feeds und KI-Zusammenfassungen auftauchen – ein fundamentaler Wandel für die gesamte Digitalbranche.
E-E-A-T-Prinzip: Google bewertet Qualität nach vier Kriterien
Für mittelständische Unternehmen gilt das E-E-A-T-Prinzip als Schlüssel zum Erfolg in der neuen Suchlandschaft. Es bestimmt maßgeblich, welche Inhalte Google in Discover hervorhebt und welche Quellen AI Overview für seine Antworten nutzt.
Google ergänzte im Dezember 2022 sein Qualitätsbewertungssystem E-A-T um einen weiteren Faktor. Das zweite „E“ steht für „Experience“ und erweitert das bestehende Prinzip zu E-E-A-T, wie aus einem Eintrag im offiziellen Entwickler-Blog hervorgeht. Der Suchmaschinenkonzern reagierte damit auf die zunehmende Bedeutung nachweisbarer Praxiserfahrung mit Produkten oder in Fachgebieten. Die Richtlinien für Qualitätsbewerter definieren die vier Bewertungskriterien wie folgt:
- Experience (Erfahrung): Bewertet nachweisbare praktische Erfahrung mit dem Thema. KMU punkten hier durch dokumentierte Branchenerfahrung und Produktkenntnisse.
- Expertise (Fachwissen): Beurteilt das Wissen und die Fähigkeiten im Themenfeld. KMU profitieren von klarer Spezialisierung statt thematischer Breite.
- Authority (Autorität): Prüft die Anerkennung als Themenexperte. Entscheidend sind Zitationen, Verlinkungen und Vernetzung mit Branchenexperten.
- Trustworthiness (Vertrauenswürdigkeit): Kernfaktor der E-E-A-T-Bewertung. Google prüft transparente Quellenangaben und die Freiheit von Interessenkonflikten.
Google wendet die E-E-A-T-Kriterien nicht nur auf einzelne Autoren an, sondern bewertet damit auch komplette Domains und Unternehmensauftritte. Ein einfacher Autorenkasten reicht deshalb für gute Bewertungen nicht aus – die gesamte digitale Präsenz muss vertrauenswürdig wirken.
Für mittelständische Unternehmen bietet E-E-A-T eine einzigartige Chance: Während Großkonzerne oft an Glaubwürdigkeit einbüßen, punkten kleine und mittelgroße Firmen durch nachgewiesene Praxiserfahrung, fachliche Tiefe und persönlichen Kundenkontakt. Diese Stärken systematisch in der Content-Strategie zu verankern, bildet die Grundlage für den Erfolg bei beiden neuen Google-Technologien.
Die vier E-E-A-T-Komponenten greifen ineinander: Erfahrung, Fachwissen, Autorität und Vertrauen bestimmen die Qualitätsbewertung bei Google (Bild: Google Gemini/stk).
Mobile Feeds: Google Discover liefert personalisierte Inhalte
Discover erscheint auf der Startseite der Google-App und im Chrome-Browser auf Android-Geräten. Im Gegensatz zur herkömmlichen Suche benötigt der Dienst keine Nutzeranfrage – er schiebt Inhalte ungefragt ins Blickfeld des Nutzers. Dabei analysiert Google das bisherige Suchverhalten, besuchte Webseiten und die App-Nutzung, um relevante Vorschläge zu liefern.
Mit über 800 Millionen monatlichen Nutzern weltweit hat sich Discover zu einer bedeutenden Traffic-Quelle entwickelt. Google Discover funktioniert vergleichbar mit einem KI-gestützten RSS-News-Reader oder Social-Media-Feed wie Instagram oder Facebook. Anders als eine KI-Suchmaschine wie Perplexity präsentiert Discover Inhalte proaktiv, ohne dass Nutzer aktiv nach ihnen suchen müssen.
Google Discover bevorzugt laut Semrush aktuelle Nachrichten und hochwertigen Evergreen-Content (circa 16 Prozent der angezeigten Inhalte), was etablierten Nachrichtenportalen und Branchenexperten zugutekommt. Discover steht derzeit nur auf mobilen Geräten zur Verfügung – ein entscheidender Aspekt, weil die Mobiloptimierung den Erfolg in diesem Kanal maßgeblich bestimmt.
Lokale Themen: Discover erschließt neue Zielgruppen
Google Discover folgt anderen Regeln als klassisches SEO. Besonders für kleinere Unternehmen ergeben sich hier Chancen: Nischenthemen und lokale Relevanz erzielen in Discover oft überdurchschnittliche Sichtbarkeit. In technischer Hinsicht sollten Webseiten große, hochwertige Bilder (mindestens 1.200 Pixel breit) verwenden und diese mit korrekten Metadaten versehen. Die Ladegeschwindigkeit entscheidet maßgeblich über den Erfolg – mobile Optimierung und Core Web Vitals beeinflussen die Discover-Performance direkt.
Beim Content funktionieren emotionale, visuelle und aktuelle Inhalte besonders gut. News, Listicles und Bildergalerien erzielen überdurchschnittliche Engagement-Raten. Für KMU empfiehlt sich eine Fokussierung auf lokale Themen oder Branchennischen, in denen sie besondere Expertise vorweisen.
Die Erfolgsmessung läuft über die Google Search Console, die einen eigenen Bereich für die Discover-Performance bietet. KMU sollten diese Daten regelmäßig analysieren, um erfolgreiche Content-Typen zu identifizieren und ihre Strategie anzupassen.
KI-Direktantworten: AI Overview senkt Website-Besuche drastisch
AI Overview, auch als Search Generative Experience (SGE) bekannt, markiert Googles Einstieg in KI-generierte Suchergebnisse. Die Funktion extrahiert Kerninformationen aus verschiedenen Quellen und blendet sie direkt über den klassischen Suchergebnissen ein – der Klick auf externe Seiten entfällt. Technisch setzt Google dabei auf proprietäre Large Language Models, die ähnlich wie ChatGPT funktionieren, aber speziell für die Informationsextraktion und -verdichtung optimiert sind.
Erste Daten zeigen, dass AI Overview die Klickraten auf organische Suchergebnisse drastisch reduziert. Für KMU-Webseiten bedeutet dies ein erhöhtes Risiko, wertvollen Traffic zu verlieren – speziell bei primär informationsorientierten Inhalten. Beunruhigend dabei: Laut KPMG/University of Melbourne verlassen sich rund 66 Prozent der Nutzer auf KI-generierte Angaben, ohne deren Richtigkeit zu überprüfen. Diese unkritische Übernahme von Informationen verstärkt die Herausforderungen für mittelständische Unternehmen zusätzlich.
AI Mode: Google definiert die Suchlandschaft um
Google AI Mode markiert die nächste Evolutionsstufe der Suchmaschine. Anders als AI Overview, das klassische Suchergebnisse nur ergänzt, bietet AI Mode eine vollständig KI-gestützte Sucherfahrung mit erweiterter Funktionalität. Die Technologie nutzt das Large Language Model Gemini 2.5 und ermöglicht komplexe, mehrteilige Anfragen mit dialogorientierten Folgefragen.
Das System nutzt ein spezielles „Query Fan-Out“-Verfahren und teilt Nutzeranfragen in mehrere Unterthemen auf. Es recherchiert diese parallel in verschiedenen Datenquellen und führt die Ergebnisse anschließend zu einer kohärenten Antwort zusammen. AI Mode verschärft für KMU die bereits durch AI Overview ausgelösten Herausforderungen und intensiviert den Trend zu „Zero-Click“-Suchergebnissen.
Aktuell ist AI Mode in Deutschland und der EU noch nicht verfügbar. Google bietet die KI-Suche zwar in über 180 Ländern an, in Europa jedoch nur in Nicht-EU-Staaten wie Großbritannien, Ukraine oder Serbien. Für den deutschen Markt verdichten sich allerdings die Anzeichen für einen baldigen Start, was mittelständische Unternehmen zu einer frühzeitigen Anpassung ihrer Digitalstrategien zwingen dürfte.
Schema-Markup: Strukturierte Daten steigern Quellenwertigkeit
Bei AI Overview hängt der Erfolg von der Quellenauswahl und -bewertung der KI ab. Neben den E-E-A-T-Faktoren gewinnen hier strukturierte Daten enorm an Bedeutung: Sie helfen der KI dabei, Inhalte korrekt zu verstehen und einzuordnen.
KMU sollten Schema.org-Markup für ihre wichtigsten Inhalte implementieren – besonders für Produkte, FAQs, How-tos und lokale Geschäftsinformationen. Die Content-Erstellung erfordert Anpassungen: Klare, präzise Antworten auf spezifische Fragen erzielen bessere Ergebnisse. Lange Einleitungen oder Marketing-Sprache schaden hingegen der Platzierung.
Für KMU mit begrenzten Ressourcen ist eine klare Priorisierung entscheidend: Zuerst die wichtigsten Produkt- oder Dienstleistungsseiten optimieren, danach FAQ-Seiten und Wissensdatenbanken für häufige Kundenanfragen.
Systemvergleich: Neue Technologien verlangen neue Taktiken
Google Discover, AI Overview und AI Mode funktionieren grundlegend verschieden und erfordern unterschiedliche Optimierungsansätze:
Aspekt | Google Discover | AI Overview | Google AI Mode |
---|---|---|---|
Funktionsweise | Proaktiv, zeigt Inhalte ohne Suchanfrage | Reaktiv, antwortet auf konkrete Fragen | Vollständig konversationell, mit Dialog-Kontinuität |
Datengrundlage | Nutzerinteressen, Verhalten, Standort | Webinhalte, verarbeitet durch KI | Query Fan-Out über multiple Datenquellen |
Darstellung | Vorschaukarten mit Bildern, verlinkt auf externe Seiten | Direkte Antworten mit optionalen Quellenlinks | Vollständige KI-Oberfläche mit Canvas-Funktion |
Traffic-Auswirkung | Generiert zusätzlichen Traffic | Reduziert bestehenden Traffic | Ersetzt klassische Suchergebnisse komplett |
Optimierungsfokus | Bilder, Emotionen, Aktualität | Strukturierte Daten, präzise Antworten | Multimodale Inhalte, dialogfähige Strukturen |
Besonders betroffen | Lokale Inhalte, News, Listicles | Faktische Inhalte, FAQ-Seiten, How-tos | Komplexe Recherchethemen, mehrstufige Anfragen |
Verfügbarkeit | Weltweit auf mobilen Geräten | Weltweit auf allen Geräten | Begrenzt, nicht in der EU verfügbar |
Während Google Discover und KI-Suchmaschinen beide auf künstlicher Intelligenz basieren, verfolgen sie fundamental unterschiedliche Ansätze. Discover funktioniert als KI-gestützter Feed, der personalisierte Inhalte proaktiv präsentiert, bevor Nutzer aktiv nach ihnen suchen. KI-Suchmaschinen und AI Mode beantworten hingegen konkrete Nutzeranfragen reaktiv, wobei AI Mode durch seinen dialogorientierten Ansatz und die Canvas-Funktion deutlich weitergeht als AI Overview.
Für KMU ergeben sich gegensätzliche Auswirkungen: Während Discover neuen Traffic bringt, drohen AI Overview und besonders AI Mode bestehenden Traffic zu reduzieren. Eine differenzierte Strategie für alle drei Systeme zählt deshalb zum Pflichtprogramm.
Unterschiedliche Nutzungsszenarien: Discover liefert proaktiv personalisierte Inhalte (links), während AI Overview direkte Antworten auf konkrete Fragen gibt (Bild: Google Gemini/stk).
Erfolgsbeispiele: Branchenanalyse zeigt deutliche Unterschiede
Eine besonders effektive Strategie zur Discover-Optimierung ist die präzise Verschlagwortung von Inhalten. Die Südwest Presse konnte laut einer Case Study von Retresco durch die Anpassung von Tag-Bezeichnungen an relevante Google-Entitäten eine signifikante Steigerung der Sichtbarkeit erreichen. Ähnliche Erfolge erzielte die digitale Medienmarke Supercar Blondie durch eine Pillar-Cluster-Content-Strategie, die verstreute Inhalte unter themenspezifischen Seiten konsolidierte und so die thematische Autorität stärkte, wie Distinctly dokumentiert.
Google weist in seiner offiziellen Dokumentation darauf hin, dass Discover-Zugriffe „im Vergleich zu auf Suchbegriffen basierenden Suchzugriffen weniger vorhersagbar oder verlässlich“ sind. Die Schwankungen resultieren aus sich ändernden Nutzerinteressen, Anpassungen bei bevorzugten Inhaltstypen und regelmäßigen Google-Updates. KMU sollten Discover als Ergänzung zur klassischen Suche sehen und ihre Traffic-Strategie entsprechend diversifizieren.
Während Google Discover durchaus zusätzlichen Traffic bringen kann, sinkt durch AI Overview in vielen Branchen die Klickrate bei organischen Suchergebnissen. Eine aktuelle Studie des Pew Research Centers zeigt das drastische Ausmaß dieser Veränderungen: Während Suchergebnisseiten ohne AI Overviews im Durchschnitt eine Klickrate von 15 Prozent auf organische Ergebnisse erzielen, sinkt dieser Wert bei SERPs mit KI-Zusammenfassungen auf nur acht Prozent. Besonders alarmierend: Nur ein Prozent der Nutzer klickt auf Links innerhalb der AI Overviews selbst.
Discover zeigt zwar oft höhere Klickraten als die organische Suche, spielt für B2B-Unternehmen jedoch eine untergeordnete Rolle. Der dort generierte Traffic bleibt oft kurzlebig und schwankt stark. Die Technologie bevorzugt mobile Consumer-Inhalte mit hoher Aktualität – genau das Gegenteil typischer B2B-Fachinformationen. Letztere nutzen Entscheider überwiegend am Desktop und suchen nach Inhalten mit längerfristiger Gültigkeit.
AI Overview hingegen trifft B2B-Anbieter besonders hart. Kleinere Fachexperten verlieren durch diese Technologie nicht nur wertvollen Traffic, sondern büßen auch an Sichtbarkeit ihrer Expertise ein. Die KI zitiert bevorzugt etablierte Quellen und große Plattformen, was die digitale Kluft zwischen Marktführern und Spezialisten weiter vergrößert.
Hybride Suchmodelle: Zukunftstrends prägen digitale Landschaft
Google arbeitet intensiv an der Integration von Discover und AI Overview. Der Suchmaschinenkonzern reagiert damit auf den wachsenden Wettbewerbsdruck durch spezialisierte KI-Suchmaschinen wie Perplexity. Google-CEO Pichai betont angesichts der explodierenden Informationsflut die zentrale Bedeutung zuverlässiger Quellen – ein direkter Bezug zu den internen E-E-A-T-Bewertungskriterien.
Die vorgestellten Google-Technologien verändern die digitale Sichtbarkeit fundamental: Während Discover zusätzlichen Traffic durch personalisierte Feeds generiert, reduzieren AI Overview und AI Mode die Klickraten auf organische Suchergebnisse drastisch. Für KMU ergeben sich daraus gegensätzliche Anforderungen, die eine differenzierte Strategie erfordern.
Bill Gates‘ berühmtes Zitat „Content is King“ behält seine Gültigkeit – aber die Art, wie dieser Content gefunden wird, wandelt sich radikal. Mittelständische Unternehmen sollten jetzt handeln: Optimieren Sie Ihre wichtigsten Seiten mit Schema-Markup, entwickeln Sie visuell ansprechende Nischeninhalte für Discover und strukturieren Sie Ihr Fachwissen in präzisen, KI-freundlichen Antworten. Wer diese Grundlagen schafft, sichert sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.