Haftung für Personenschäden im Betrieb: Wer für mutwillig verletzte Mitarbeiter haftet

Normalerweise ist für Betriebsunfälle die Gesetzliche Unfallversicherung zuständig – sofern die Verletzung durch eine „betriebliche Tätigkeit“ erfolgt. Was aber, wenn ein Mitarbeiter einen anderen ohne Not zu Schaden bringt? Dann haftet er selbst nach Zivilrecht – das gilt auch für Auszubildende.

Gefährliche Willkür kostet Schmerzensgeld

Von Sabine Wagner

Weil die Arbeit auf dem Werksgelände oft mit besonderen Gefahren verbunden ist, hat der Gesetzgeber besondere Regelungen zur Haftpflicht erlassen: Die Mehrzahl der Unfälle im Betrieb übernimmt die Gesetzliche Unfallversicherung – allerdings gilt die Haftungsprivilegierung nur, wenn der Schaden „durch eine betriebliche Tätigkeit“ entstanden ist. Wenn dagegen ein Mitarbeiter einem Kollegen einen Schaden zufügt, haftet er selbst. Sogar ein Auszubildender haftet nach den gleichen zivilrechtlichen Regeln für Schäden wie andere Arbeitnehmer, und zwar ohne Rücksicht auf seinen Ausbildungsstatus und sein Alter. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 19. März 2015 (Az: 8 AZR 67/14).

Keine Ausnahmeregelung für Auszubildende

Kläger und Beklagter waren beide als Auszubildende in einer Kfz-Werkstatt beschäftigt. Der Beklagte warf aus mehreren Metern Entfernung unversehens mit vom Kläger abgewandter Körperhaltung ein Wuchtgewicht hinter sich. Das war zwar nicht schwer (10 g), traf den Kläger über den Raum hinweg aber unglücklich: am linken Auge, am linken Augenlid sowie an der linken Schläfe. Er musste über Monate hinweg mehrfach behandelt werden und sich diversen Eingriffen unterziehen; u.a. bekam er eine Kunstlinse eingesetzt. Aufgrund von Einschränkungen der Sehfähigkeit bekommt er von der zuständigen Berufsgenossenschaft eine monatliche Rente.

Das Hessische Landesarbeitsgericht kam in seinem Urteil vom 20. August 2013 (Az.: 13 Sa 269/13) bereits zu dem Ergebnis, dass der Beklagte schuldhaft gehandelt habe. Der Wurf war betrieblich nicht veranlasst gewesen. Die Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses zugunsten des Beklagten nach § 105 Abs. 1, § 106 Abs. 1 SGB VII waren im vorliegenden Fall also nicht erfüllt. Ein Haftungsausschluss greift des Weiteren nur dann, wenn der Versicherungsfall nicht vorsätzlich oder nicht auf einem versicherten Weg herbeigeführt wurde.

Fazit: Vorsätzlich unerlaubt ist nicht betriebsbedingt

Die Haftungsausschlüsse nach §§ 104 ff SGB VII dienen der Wahrung des Betriebsfriedens. Bis auf wenige Ausnahmen soll die private Haftung eines Arbeitnehmers durch den gesetzlichen Versicherungsschutz abgelöst werden, um Konflikte unter Arbeitnehmern oder zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vermeiden. Die Haftungsausschlüsse beziehen sich in der Regel nur auf Personenschäden, d.h.: Nur in absoluten Ausnahmefällen sind auch Sachschäden davon erfasst, sodass es üblicherweise bei der privaten Haftung bleibt.

Im vorliegenden Fall erkannte das Gericht dem Kläger auch ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro zu, da es von einer vorsätzlich unerlaubten Handlung des Beklagten ausging. Das BAG bestätigte das Urteil des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerfrei.

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