Andreas Hintermayer

Wer angeschrieben wird, muss rasch reagieren

In Zusammenarbeit mit Ecovis Info, Magazin für Mandanten von Ecovis, erhielt das MittelstandsWiki von Rechtsanwalt und Steuerberater Andreas Hintermayer konkrete Antworten auf direkte Fragen zur Künstlersozialabgabe als Kostenfalle für kleine und mittlere Unternehmen.

Wie kommt es, dass so viele Unternehmen die Künstlersozialabgabe ignoriert haben?

Das bereits seit 1983 bestehende Künstlersozialversicherungsgesetz ist die Grundlage der sozialen Sicherung von selbstständigen Künstlern und Publizisten. Viele Unternehmen wussten bisher gar nicht, dass es diese Versicherung gibt, geschweige denn, dass beispielsweise Aufträge an kleine selbstständige Webdesigner die Abgabepflicht nach sich ziehen könnten. Die Künstlersozialkasse (KSK) hat über viele Jahre hinweg die Betroffenen nur sehr unzureichend informiert. Auch über die Frage, wer überhaupt ein Künstler im Sinne des KSV-Gesetzes ist, gab und gibt es immer wieder Zweifel und Irritationen. Zudem finden sich in der Rechtsprechung bislang nur wenige Urteile zu dieser Thematik.

Sind jetzt alle Unklarheiten beseitigt?

Die Sache wird verstärkt von Wirtschaftsverbänden wie den Industrie- und Handelskammern sowie den Medien und diversen Internet-Blogs aufgegriffen, insofern hat sich der Informationsstand etwas verbessert. Aber es kommt stets auf die Details und den individuellen Einzelfall an. Die KSK hat im Juli 2007 die mit 3600 Mitarbeitern personell viel besser ausgestattete Deutsche Rentenversicherung Bund mit der Abwicklung beauftragt und seitdem ticken die Uhren anders.

Welche Rolle spielt die Deutsche Rentenversicherung?

Diese Experten werden künftig bei jeder Sozialversicherungsbetriebsprüfung auch die KSK-Brille aufsetzen und für die zurückliegenden fünf Jahre gegebenenfalls happige Nachforderungen stellen. Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte, die ein Auftraggeber an selbstständige Künstler und Publizisten zahlt. Nicht abgabepflichtig sind Honorare an juristische Personen, etwa eine GmbH.

Wen erwischt es besonders hart?

Für Unternehmen, die ab und an mal einen Werbeprospekt oder die Überarbeitung ihres Web-Auftritts in Auftrag geben, ist die Sache noch überschaubar und finanziell einigermaßen zu verkraften. Richtig teuer dagegen kann es aber für unzählige PR- und Werbeagenturen oder kleinere Verlage werden, die Aufträge an freie Mitarbeiter, Selbstständige oder GbRs vergeben. Ich berate einige Mandanten, bei denen über die Jahre eine noch zu tilgende KSK-Hypothek von mehreren Zehntausend Euro aufgelaufen ist.

Wie viele Unternehmen sind konkret betroffen?

Wie wir erfahren haben, will die Deutsche Rentenversicherung bis zum Jahr 2010 rund 280.000 Betriebe wegen der KSK-Problematik anschreiben, allein 2007 haben über 73.000 Firmen solche Post erhalten. Jeweils im darauf folgenden Jahr prüft die Deutsche Rentenversicherung die Betriebe, bei denen eine hinreichende Aufklärung der Abgabepflicht im schriftlichen Verfahren nicht möglich war. Was unter dem Strich finanziell herauskommt, ist schwer zu sagen.

Müssen KSK-säumige Unternehmen zusätzlich mit Bußgeldern rechnen?

Nach Angaben der Bundesregierung sind bei der Deutschen Rentenversicherung bisher keine Bußgeldbescheide bekannt. Die KSK hat im vorigen Jahr 43 Einzahlungen aus Bußgeldverfahren in Höhe von insgesamt rund 30.000 Euro und in Einzelbeträgen zwischen 30 und 5000 Euro erhalten. Die Erhöhung des Bußgeldrahmens auf bis zu 50.000 Euro soll wohl in erster Linie als psychologische Anreiz zur Steigerung der Zahlungsbereitschaft dienen.

Kann man mit der KSK verhandeln?

Die KSK verfügt durchaus über einen Ermessensspielraum. Die Forderung kann danach unter bestimmten Voraussetzungen gestundet, niedergeschlagen oder erlassen werden. Betroffene Unternehmen können auch Ratenzahlungsvereinbarungen beantragen. Wir sehen eine Tendenz, dass man besondere Härten oder eine Insolvenzbedrohung möglichst vermeiden will.

Was raten Sie Ihren Mandanten?

Sie sollten sich gemeinsam mit ihrem Steuerberater ein genaues Bild der Lage machen, die mögliche KSK-Forderung ermitteln und eventuell eine Rückstellung in der Bilanz bilden. Wer angeschrieben wird, muss rasch reagieren. Viele Unternehmen werden zudem ihr Geschäftsmodell überprüfen und sich die Frage stellen müssen, wie sie bei ihrer Auftragsvergabe die KSK-Pflicht reduzieren bzw. vermeiden können.

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