LTE-zu-WLAN-Router: Wer aus LTE einen WLAN-Hotspot macht

Viele, vor allem mobile Access Points hängen nicht am Ethernet-Kabel, sondern beziehen das Netz aus der Funk­luft von einem LTE-Provider. Das klappt auch im Selbst­versuch tadellos und ziemlich un­kompliziert: Im Test spannt die AVM Fritz!Box 6820 LTE rasch ein tadel­loses Hotspot-Netz auf.

WiFi-Hotspot unterm Mobilfunkmast

Von Dr. Harald Karcher

Vom rechtlichen Risiko einmal abgesehen – rein technisch kann man einen offenen WLAN-Hotspot auch ohne große IT-Kenntnisse in 10 bis 20 Minuten einrichten. Das wollen wir am Beispiel des kleinen LTE-zu-WLAN-Routers AVM Fritz!Box 6820 LTE stellvertretend für die ganze Gattung zeigen.

Der folgende Bericht fasst stark verkürzt die Praxiserfahrungen zusammen, die sich über mehrere Monate hinweg aus diversen Einsatzszenarien ergeben haben, mit unterschiedlichen SIM-Karten, im Büro und im Freien und mehreren Geräten.

Anbindung per LTE, UMTS, LAN, WLAN

Die Fritz!Box 6820 LTE holt sich das Internet per LTE bis 150 MBit/s oder per UMTS bis 42 MBit/s aus der Mobilfunkluft. Vor Ort gibt sie das Internet entweder drahtgebunden per LAN-Kabel mit bis zu 1 GBit/s und/oder drahtlos per WLAN bis 450 MBit/s an die lokalen Endgeräte weiter. Das können Laptops, Tablets, Smartphones, Internet-Fernseher, IP-Telefone, IPTV-Boxen, IPTV-WLAN-Sticks, Gaming-Konsolen und vieles mehr sein. Die Endgeräte müssen entweder LAN oder WLAN verstehen, um die Fritz!Box als Internet-Zugang zu nutzen. Der kleine LTE-WLAN-Router überzeugt nicht zuletzt mit der weithin beliebten und leicht verständlichen Betriebssystemsoftware Fritz!OS. Seit Ende 2015 ist er lieferbar. Der Straßenpreis lag per Mai 2016 bei 199 Euro.

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Auf der Rückseite der AVM FRITZ!Box 6820 LTE sieht man von unten nach oben: eine gelbe Buchse für den Gigabit-Ethernet-Anschluss, einen grauen Taster für DECT-Telefon-Kopplungen und einen weiteren Taster für WLAN-Kopplungen. (Bild: Harald Karcher)

Die Fritz!Box 6820 LTE kann also einen DSL-Anschluss ersetzen – oder ihn zumindest im Sinne einer Ausfallreserve ergänzen, sofern am Einsatzort erstens eine hinreichend gute UMTS-/LTE-Versorgung besteht und zweitens auch die Kosten der UMTS-/LTE-Nutzung in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen. Dafür ist die Fritz!Box 6820 LTE viel mobiler als ein DSL-Anschluss. Man kann sie überall betreiben, wo eine 230-V-Steckdose und 2G-3G-4G-Versorgung zur Verfügung stehen.

Mobilfunkfrequenzen und Anschlüsse

LTE-Cat4-Frequenzen (4G) versteht der kleine Router

  • auf Band 1 bei 2,1 GHz,
  • auf Band 3 bei 1,8 GHz,
  • auf Band 5 bei 850 MHz,
  • auf Band 7 bei 2,6 GHz,
  • auf Band 8 bei 900 MHz und
  • auf Band 20 bei 800 MHz.

Das heißt, dass auch alle derzeit wichtigen deutschen LTE-Frequenzen dabei sind, nämlich:

  • 800 MHz für die Versorgung großer Flächen, etwa auf dem Lande,
  • 1800 MHz für die Versorgung von dichter bebauten Gebieten, etwa von größeren Städten, sowie
  • 2600 MHz für die Versorgung von sehr dicht bevölkerten Gebieten und Gebäuden, etwa von Bahnhöfen, Flughäfen und Messegeländen.

UMTS- und GSM-Frequenzen (3G und 2G) versteht die kleine LTE-zu-WLAN-Box bei 850 MHz, 900 MHz sowie bei 2,1 GHz. Damit holt sie laut AVM maximal 42 MBit/s im Downstream aus dem Internet. Die Fritz!Box 6820 LTE schaltet selbstständig in das am jeweiligen Standort verfügbare Mobilfunknetzwerk 4G, 3G oder 2G um. Man ist also nicht nonstop auf eine LTE-Versorgung angewiesen. Die Automatik kann der User aber auch durch eine manuelle Funknetzwahl ersetzen.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Bei­trag erschien zu­erst in unserer Magazin­reihe „Kom­munika­tion und Netze“. Einen Über­blick mit Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Die AVM Fritz!Box 6820 LTE funkt das Internet über 11n-WLAN-3×3-MIMO mit bis zu 450 MBit/s brutto an die lokalen Endgeräte weiter. Zusätzlich hat sie an der Rückseite eine LAN-Buchse. Damit können Desktop- oder Tower-PCs per Kabel mit bis zu 1 Gbit/s brutto verbunden werden. Da jedoch das Internet per LTE „nur“ mit maximal 150 MBit/s hereinkommt, dürften sich weder das 11n-WLAN und schon gar nicht das Gigabit-LAN als Engpass bei der Weiterverteilung an die Endgeräte bremsend auswirken. Falls allerdings das 11n-WLAN vor Ort unter starken Störungen leidet, so bringt ein Anschluss über das Ethernet-LAN-Kabel oft eben doch die besseren und stabileren Durchsatzmesswerte.

SIM einsetzen, Provider-Profil wählen

Zurzeit gibt es auf dem Markt vier SIM-Kartengrößen: Nano-SIM, Micro-SIM, Mini-SIM sowie Full-Size-SIM im Scheckkartenformat. Die Fritz!Box 6820 LTE benötigt eine (relativ große) Mini-SIM-Karte. Beim ersten Test hatten wir gerade nur eine (relativ winzige) Nano-SIM von Vodafone zur Hand. Diese steckten wir in den von Vodafone mitgelieferten Plastikadapter und drückten sie danach bis zum Einrasten in den Mini-SIM-Slot an der Unterseite der Fritz!Box. Danach schlossen wir den Router über das mitgelieferte Netzteil an den 230-V-Strom an: Voilà! Der neue LTE-zu-WLAN-Router fuhr hoch, und im WLAN-Programm des Laptops erschien ein neues WLAN-Netzwerk mit dem SSID-Namen „Fritz!Box 6820 LTE“.

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Die FRITZ!Box 6820 LTE benötigt eine Mini-SIM-Karte. Deshalb haben wir die vorhandene Nano-SIM in den von Vodafone mitgelieferten Plastikadapter gesteckt und danach bis zum Einrasten in den Mini-SIM-Slot an der Unterseite des Routers gesteckt. (Bild: Harald Karcher)

Die WLAN-Verbindung zwischen der Fritz!Box und dem Laptop kam ruckzuck und ohne weiteres Zutun zustande, allerdings lieferte die Fritz!Box dem Rechner zu diesem Zeitpunkt noch kein Internet. Das musste erst noch konfiguriert werden. Dazu öffneten wir den Browser und gaben http://fritz.box/ in die Adresszeile ein. Damit wurde die Begrüßungsseite der Fritz!Box 6820 LTE aufgerufen. Als Internet-Zugang wählten wir das Profil „Vodafone DataGo“ in der Fritz!Box und tippten die vierstellige SIM-PIN ein. Damit landeten wir dann auch umstandslos per Mobilfunk im Internet.

Speed-Test im Netz von Vodafone

Im Indoor-Test, hinter den massiven Wänden im Münchener Büro des Autors, meldete die Fritz!Box 6820 LTE mit eingesteckter Vodafone-SIM-Karte meist nominale Bruttodatenraten von 42,2 MBit/s im Downlink und 5,8 MBit/s im Uplink, also kein LTE. Rein netto kamen damit Downloads von 6 bis 11 MBit/s, Uploads von 2 bis 8 MBit/s sowie recht flotte Ping-Zeiten von 31 bis 37 ms.

Von Outdoor-Tests erwarten wir uns allerdings höhere Durchsatzwerte. Also maßen wir noch einmal auf einem Parkplatz unweit vom Eingang West an der Messe München. Dabei stand die Fritz!Box auf dem Armaturenbrett des Pkw. Das Netzteil steckten wir in einen 12-auf-230-V-Wandler.

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Hier hat die Fritz!Box 6820 LTE gerade ein 150 MBit/s schnelles 4G-LTE-Netz von Vodafone im 2,6-GHz-Band gefunden. Netto kommt an den verbundenen WLAN-Geräten aber fast immer weitaus weniger Speed an. (Bild: Harald Karcher)

Bei den ersten Outdoor-Messungen mit Vodafone war die Fritz!Box 6820 LTE zunächst noch im 3G-Modus mit HSPA+ und DC-HSDPA unterwegs, und zwar auf der typischen UMTS-Frequenz um die 2100 MHz und in relativ schmalen FDD-Bändern von 5 MHz. Damit kamen nominale Bruttodatenraten von 42,2 MBit/s im Download und 5,6 MBit/s im Upload. Netto kamen damit knapp 8 MBit/s im Download und gut 4 MBit/s im Upload.

Wenig später meldete sich dann auch eine schnelle Vodafone-LTE-Zelle auf 2,63 GHz mit einer üppigen FDD-Bandbreite von 20 MHz aus 300 m Entfernung im Router. Damit konnte die Fritz!Box 6820 LTE endlich auf nominale Datenraten von 150 MBit/s im Download und 50 MBit/s im Upload hochschalten. Und siehe da: Es kam auch gleich ein Nettodurchsatz von gut 94 MBit/s im Download und fast 28 MBit/s im Upload zustande. Das heißt: Die Fritzbox 6820 beherrscht auch 2600-MHz-LTE. Je länger man misst und Messplätze sucht, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, hohe Messwerte zu bekommen. Das wollen wir aber nicht übertreiben, sonst werden die Werte zu praxisfern.

Speed-Test im Netz der Deutschen Telekom

Wir entnahmen eine Nano-SIM der Deutschen Telekom aus einem Apple iPhone 6 Plus und steckten sie von unten via SIM-Adapter in die Fritz!Box 6820 LTE. Mit dem von AVM vorkonfigurierten Provider-Profil „Telekom Mobile Data“ klappte der Internet-Zugriff.

Beim Indoor-Test im Büro kamen damit recht stabile Netto-Downloads mit circa 25 bis 27 MBit/s. Die Uploads lagen zwischen 4 und 5 MBit/s netto. Das alles bei zackigen Ping-Zeiten von 26 bis 28 ms. Die nominale Bruttodatenrate lag bei den meisten Inhouse-Messungen zwischen der Fritz!Box 6820 LTE und der Telekom-Basisstation bei 150 MBit/s im Download und 50 MBit/s im Upload. Laut LTE-Monitor der AVM-Box war die Basisstation nur 1 km vom Büro entfernt.

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Hier hat die Fritz!Box 6820 LTE unweit der Messe München ein bis zu 150 MBit/s schnelles 4G-LTE-Netz der Deutschen Telekom im 1,8-GHz-Band gefunden. (Bild: Harald Karcher)

Die ausgesprochen schöne LTE-Übersichtsgrafik der Fritz!Box 6820 LTE attestierte Frequenzen im Bereich um circa 1800 MHz mit einer FDD-Bandbreite von 20 MHz. Das ist die typische LTE-Versorgungsvariante der Telekom in allen größeren Städten Deutschlands. Das heißt: Die Fritz!Box 6820 beherrscht auch 1800-MHz-LTE. Das ist erwähnenswert, weil das nicht immer alle LTE-Router in unseren Tests konnten, auch nicht die frühen Modelle von AVM.

Im Outdoor-Test im Kfz unweit der Messe München fand die Fritz!Box 6820 LTE mit eingesteckter Telekom-SIM recht gute LTE-Verbindungen mit 20 MHz breiten FDD-Kanälen im 1800-MHz-Band. Laut Fritz!Box-Monitor war die LTE-Basisstation der Telekom nur 400 m vom Armaturenbrett entfernt.

Die Fritz!Box meldete bei den Telekom-Messungen nonstop nominale Datenraten von 150 bis 50 MBit/s. Speedtest.net gab dazu Ping-Zeiten um die 25 ms aus, was stimmen dürfte, weil sich das Surfen unter den Fingern auch wirklich zackig anfühlte. Der beste Netto-Download lag bei knapp über 85 MBit/s. Der beste Netto-Upload bei knapp 40 MBit/s.

Speed-Tests mit E-Plus und o₂

Auch weitere Tests mit SIM-Karten von E-Plus und o₂ klappten mit den von AVM vorkonfigurierten Internet-Zugangsprofilen an der Fritz!Box 6820 LTE ruckzuck. Das heißt: Der User muss bei Inbetriebnahme des LTE-zu-WLAN-Routers nur noch Pulldown-Menüs und Auswahlfelder richtig anklicken. So kann der Hotspot schon wenige Minuten nach dem Auspacken mehrere User per LTE-und WLAN-Funk mit mobilem Internet versorgen.

Zum Vergleich: Bei manch anderen (teuren) LTE-Routern aus dem Profilager mussten wir die Netzwerkprofile selber konfigurieren und detaillierte Zugangsparameter eintragen – oder fehlerhaft ausgefüllte Provider-Profile nachkorrigieren. Bei modernen Smartphones geht aber alles noch viel einfacher: Die erkennen selber, welche SIM-Karte welches Netzbetreibers gerade im Handy steckt, und laden das passende Provider-Profil auch für den Datenverkehr vollautomatisch. Smartphones müssen bei den deutschen Netzbetreibern scharfe Tests durchlaufen, bevor sie in den Vertrieb gehen. Bei den professionellen LTE-Routern darf sich dagegen oft der Systemintegrator um die Profile kümmern. Da gibt es keine Endkunden, die einen Router mit fehlerhaften oder fehlenden Profilen postwendend zurücksenden würden.

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Hier war die Fritz!Box 6820 LTE gerade per LTE im Internet. Über WLAN hingen zudem sieben Smartphones mit iOS und Android, ein Amazon-Tablet mit Fire OS, ein 2K-Laptop mit Windows 7 von Dell sowie ein 4K-Laptop mit Windows 8.1 von Toshiba an der Fritz!Box. Zusätzlich war ein Tower-PC von Acer mit Windows 7 hinter dem Rücken des Fotografen via 11n-WLAN mit der Fritz!Box 6820 LTE verbunden. Alle Handys und ein Teil der Rechner waren quasi im Nonstop-Synchronisierungsmodus und bekamen unter anderem alle paar Minuten neue E-Mails. Es flossen also ständig Daten von und zu mehreren Endgeräten. (Bild: Harald Karcher)

LTE-to-WLAN-Test mit elf WiFi-Geräten

In einem Haushalt, Büro oder öffentlichen WLAN-Hotspot will man ja mehrere Geräte gleichzeitig mit Internet versorgen. Also wollten wir prüfen, wie viele Rechner oder Smartphones gleichzeitig über WLAN einen Internet-Zugang von der Fritz!Box 6820 LTE bekommen. Für diesen Test suchte der Autor alle verfügbaren WLAN-Devices zusammen und verband insgesamt elft WLAN-Geräte mit der Fritz!Box 6820 LTE drahtlos. Das packte die Fritz!Box 6820 offenbar mit links. Für einen kleinen WLAN-Hotspot reicht es auf alle Fälle.

Mehr Hotspots in Eigenregie

Wenn ab Herbst 2016 die WLAN-Störerhaftung in Deutschland wirklich wegfällt, dann ist man auch in Deutschland, zumindest bei kleineren WLAN-Hotspots, nicht mehr so arg wie bisher auf die Hilfe von professionellen WLAN-Providern angewiesen. Die großen Hotspots wird man aber sicher auch in Zukunft von Spezialfirmen bauen lassen.

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Dank dieser schönen Ausrichthilfe kann man die Fritz!Box 6820 LTE so lange drehen, bis beide Mobilfunkantennen möglichst hohe Signalstärken melden. Die LTE-Antennen sind von außen unsichtbar in der Fritz!Box verbaut, die WLAN-Antennen ebenso. (Bild: Harald Karcher)

Wenn man aber sieht, wie problemlos die Fritz!Box 6820 LTE in unseren Tests funktioniert hat, dann wundert es schon, warum die Profi-Hotspots doch öfter Probleme machen. Mit dem Public WLAN auf dem Starnberger See etwa (dort testeten wir auch die Fritz!Box 6820 LTE zum Vergleich) hat der Autor dieser Story hat seit Sommer 2015 Verbindungsprobleme, Konfigurationsschwächen und die Abschaltung des @BayernWLAN nicht nur auf der großen MS Seeshaupt, sondern auch auf der großen MS Starnberg (Katamaran) und auf dem kleineren 300-Leute-Schiff MS Bernried erlebt.

Die Kapitäne und die Mannschaft auf den Schiffen können nichts für die gelegentlichen Probleme mit dem @BayernWLAN. Das Personal auf den staatlichen Schiffen ist extrem freundlich und immer hilfsbereit. Die Durchsagen zu den Sehenswürdigkeiten sind wirklich interessant, und manch ein Ansager hat einen grandiosen bayerischen Humor, der bei vielen Schiffsgästen sehr gut ankommt. So reagierte einer der Kapitäne nach einem erfolglosen Neustart seines @BayernWLAN auf seinem Schiff mit feinem Humor: „Schaun S’ her. Ich bin im Internet.“ Dazu der Autor: „Wie haben Sie denn das geschafft?“ Der Kapitän: „Ich hab halt LTE auf meinem Handy, ich brauch kein WLAN.“

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