Made in Germany: Wo Made in Germany draufsteht

Da fassen die Kunden Vertrauen. Und die Mitbewerber werden neugierig: Sind wirklich die „wesentlichen Herstellungsschritte“ im Lande der deutschen Wertarbeit geblieben? Das nämlich macht die Rechtsprechung zur Grundbedingung, die sich in solchen Fällen auf den Standpunkt des Verbrauchers stellt.

Wertschöpfung aus Verbrauchersicht

Von Sabine Wagner

Die geografische Herkunftsangabe „Made in Germany“ oder einfach nur „Germany“ bzw. „Hergestellt in Deutschland“ ist irreführend und daher unzulässig, wenn aus Sicht des Verbrauchers die wesentlichen Produktionsschritte nicht in Deutschland stattfinden.

Sowohl Deutsche, als auch ausländische Kunden schreiben Waren, die in Deutschland hergestellt werden, besonders hohe Eigenschaften zu: „hohe Qualität“; „Zuverlässigkeit“ etc. Viele Deutsche kaufen solche Produkte, weil es ihnen um den „Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland“ geht, was sie als Produkteigenschaft sehen.

Die wesentlichen Herstellungsschritte

Lässt z.B. ein Hersteller von Essbesteck seine Messer in einem anderen Land als Deutschland schmieden, härten und schleifen, so ist eindeutig belegt, dass die wesentlichen Herstellungsschritte des Bestecks nicht in Deutschland stattfinden. Dass die Messer anschließend in Deutschland mehrfach nachpoliert und in Besteckkästen mit Gabeln und Löffeln verkauft werden, die nur in Deutschland hergestellt werden, reicht nicht aus, um eine Kennzeichnung „Made in Germany“ zu rechtfertigen: Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 5. April 2011, Az. I-20 U 110/10) stuft das mehrfache Nachpolieren als reine Nachbehandlung und Überarbeitung des Bestecks ein.

Unterlassung und Schadensersatz
Wer im Geschäftsverkehr mit un­zu­treffenden Kenn­zeich­nungen wie „Herge­stellt in Deutsch­land“ etc. ar­beitet, ohne dass die prä­genden Herstellungs­schritte in Deutsch­land statt­finden, kann auf Unter­lassung und Schadens­ersatz wegen Ver­wendung irre­führender Herkunfts­angaben gemäß §127 Marken­gesetz (MarkenG) und §5 Gesetz gegen den un­lauteren Wett­bewerb (UWG) verklagt werden.

Für ebenso unbeachtlich hielt das Gericht die Tatsache, dass die Produktionsschritte im Ausland mit deutschem Maschinen-Know-how stattfinden. Wichtig ist, dass aus Sicht des Verbrauchers die wesentlichen Herstellungsschritte des kompletten Bestecks in Deutschland erfolgt sind, was vorliegend nicht der Fall war. Der Herstellungsort für den gesamten Inhalt des Besteckkastens ist gerade nicht Deutschland.

Produktion und Verarbeitung

Da es immer wieder auf die Sicht des Verbrauchers ankommt, ist es bei Waren, deren Wertschöpfung schwerpunktmäßig in der Verarbeitung liegt, grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob die verwendeten Rohstoffe oder Halbfabrikate aus Deutschland sind. Die Sicht des Verbrauchers geht immer nur auf das fertige Produkt und darauf, dass die wesentlichen Arbeitsschritte in Deutschland stattfinden, wenn die Ware mit „Made in Germany“ bezeichnet wird.

Die Bestimmungen des Zollkodex (VO Nr. 2913/92/EWG) sowie mögliche Einschätzungen der Industrie- und Handelskammer zum Fertigungsanteil in Deutschland sind im vorliegenden Fall nicht maßgeblich, da es immer wieder auf die Sicht des Verbrauchers ankommt. Zwar ziehen Unternehmen diese Einschätzungen und Bestimmungen oft bei der Abwägung hinzu, ob ein im Ausland hergestelltes Produkt doch noch als „Made in Germany“ bezeichnet werden kann, doch – wie man sieht – nicht immer mit Erfolg.

Ein in Deutschland nur entworfenes, aber im Ausland hergestelltes Produkt muss konsequenterweise den ausländischen Staat als Herstellungsland kennzeichnen (z.B. in der Textilindustrie: „Made in Portugal“).

Fazit: Outsourcing als Marktrisiko

Ob Ihre Ware mit „Made in Germany“ bezeichnet werden kann, muss pro Ware unter Berücksichtigung der Sichtweise des Verbrauchers geprüft werden. Wurden die wichtigsten Herstellungsschritte aus Kostengründen ins Ausland verlagert, so riskiert Ihr Unternehmen, dass es auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt wird.

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