Wissensmanagement: Wer Wissens­management als Open Source entwickelt

Mit jedem Mitarbeiter, der in Rente geht, verlässt wertvolles Wissen die Firma. Doch ein vernünftiges Wissens­management ist für kleine und mittlere Unter­nehmen bislang viel zu aufwendig und teuer. Das soll sich demnächst ändern: MACKMA heißt das Open-Source-Projekt, das derzeit zum Mitmachen einlädt.

Open Source hält Firmen-Know-how in der Firma

Von Roland Freist

Unter dem Namen MACKMA ist ein neues Projekt zur Entwicklung einer Wissens­management-Software für kleine und mittlere Unter­nehmen gestartet. MACKMA steht für „MAss Customised Knowledge MAnagement“ und bezeichnet ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt zur Etablierung von Wissens­management in kleinen und mittleren Unter­nehmen (KMU). Denn gerade dort mangelt es oft an Prozessen und Systemen, um das vorhandene Wissen zu erfassen, zu speichern, zu verwalten und zu verbreiten.

Wie Markus Wirth, einer der Projektmitarbeiter von MACKMA erläutert, ist es ein häufig beobachtetes Problem, dass viel Know-how zu Produkten und Prozessen verloren geht, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Er und seine Kollegen wollen daher eine IT-gestützte Lösung entwickeln, die es ermöglicht, das vorhandene Wissen einzelner Personen im Unternehmen zu halten.

Auf den Mittelstand ausgerichtet

Markus Wirth ist Mitarbeiter bei der initOS GmbH, einem IT-Dienstleister mit Hauptsitz in Rosengarten bei Hamburg und einem Entwicklungsstandort in Magdeburg. Gemeinsam mit der Agricon GmbH, einer im Bereich Precision Farming tätigen Firma aus Jahna in Sachsen, werden in einem ersten Schritt zunächst die Anforderungen von KMU an ein Wissensmanagement-System ermittelt. Die Beteiligung von Agricon hat große Bedeutung für das Projekt, da das Unternehmen nicht nur Dienstleistungen, sondern auch Produkte anbietet. Seine eigenen Wünsche und Anforderungen entsprechen daher denen eines Großteils der KMU in Deutschland.

Gemeinsam haben initOS, Agricon und das Institut für Angewandte Informatik e.V. in einem ersten Schritt eine Befragung von bislang rund 20 Firmen zu ihrem Umgang mit Wissen und Wissensmanagement organisiert. Die Ergebnisse wird Projektleiter Frederik Kramer am 13. August unter dem Titel „The State of SME Knowledge Management“ auf der Americas Conference on Information Systems (AMCIS) in San Diego präsentieren, zugleich erscheinen die Resultate dann auch auf der Projektseite. Diese Befragung bildet die Grundlage für das geplante, eigene Wissensmanagement-System, das anschließend in der Praxis bei Agricon getestet werden soll.

Open-Source-Software bevorzugt

Die initOS setzt bevorzugt auf Open-Source-Software, auch MACKMA soll mit offener Software umgesetzt werden. Grund ist laut Markus Wirth nicht nur die kostenlose Lizenzierung, sondern vor allem die Unabhängigkeit von einem einzigen Hersteller und die damit einhergehende, höhere Flexibilität. Als Basissystem für ihre Wissensmanagement- Entwicklung verwendet die Firma das ERP-System Odoo, ebenfalls eine Open-Source-Lösung. Auf diese Weise soll MACKMA eine direkte Verknüpfung des Wissensmanagements mit dem betrieblichen Wertschöpfungsprozess ermöglichen – eine Anforderung, die bisherige Lösungen nicht erfüllen konnten. Zudem gilt Odoo als benutzerfreundlich und einfach zu bedienen und erfüllt damit zwei weitere Hauptanforderungen an die geplante Software.

Die Entwickler haben sich parallel dazu auch bestehende Wissensmanagement-Software angeschaut und nachgefragt, wie sie in einigen Großunternehmen eingesetzt wird. Es handelt sich zumeist um proprietäre Lösungen, die einen hohen Konfigurationsaufwand und lange Einarbeitungszeiten erfordern, zudem sind sie sehr kostspielig. Für KMU kommen solche Systeme daher in den meisten Fällen nicht infrage.

Leitfaden als Starthilfe
Auch bei einer Open-Source-Lösung ist Wissensmanagement nicht kostenlos. Denn das vorhandene Wissen der Mitarbeiter muss systematisch in eine Datenbank eingepflegt werden, die anschließend ständig bearbeitet und aktualisiert werden muss. Das kostet Arbeitszeit und damit Geld. Ein zweites Projektziel von MACKMA ist daher die Ausarbeitung eines Leitfadens, der nicht nur die Vorteile eines Wissensmanagement-Systems vorstellt – etwa die gesicherte Verwaltung des eigenen Wissensschatzes, den strategischen Gewinn für das Unternehmen und den Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten –, sondern auch eine Anleitung gibt, wie Firmen ihre Mitarbeiter zur Beteiligung an der Wissensdokumentation und -verteilung motivieren können.

Das Projekt ist offen für Einsteiger

Das Wissensmanagement-System der initOS GmbH soll in Zusammenarbeit mit der sehr aktiven Odoo-Community entstehen. Gleichzeitig wünscht sich die Firma aber auch die Kooperation mit weiteren Unternehmen, die vor allem jetzt in der Anfangsphase des Projekts noch ihre eigenen Ideen und Vorstellungen einbringen können.

Schließlich soll am Ende eine Software-Lösung entstehen, die nicht nur die Bedürfnisse eines einzelnen Unternehmens erfüllt, sondern möglichst weit verbreitet von kleinen mittleren Unternehmen eingesetzt wird. Interessierte Firmen können sich gerne an Projektleiter Frederik Kramer von initOS wenden. Er ist über die E-Mail-Adresse info@initos.com und die Telefonnummer (0391) 5385640-0 erreichbar.

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Roland Freist, Jahrgang 1962, begann nach einem Studium der Kommunikations­­wissenschaft ein Volontariat beim IWT Verlag in Vater­­stetten bei München. Anschließend wechselte er zur Zeitschrift WIN aus dem Vogel Verlag, wo er zum stell­­vertretenden Chef­­redakteur aufstieg. Seit 1999 arbeitet er als freier Autor für Computer­­zeitschriften und PR-Agenturen. Seine Spezial­­gebiete sind Security, Mobile, Internet-Technologien und Netz­­werke, mit Fokus auf Endanwender und KMU.


Redaktionsbüro Roland Freist, Fritz-Winter-Str. 3, 80807 München, Tel.: (089) 62 14 65 84, roland@freist.de

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