Sigfox: Wie flächen­deckende IoT-Vernetzung funktioniert

Das französische Start-up Sigfox baut ein globales LPWA-basiertes Funk­netz­werk auf. Geräte- und Lösungs­anbietern stehen schon heute um­fassende An­wendungs­möglich­keiten zur Ver­fügung, denn das Sigfox-Netz ist bereits in vielen Ländern im Einsatz. Ende 2018 soll auch ganz Deutsch­land ab­gedeckt sein.

IoT-Anbindung ohne Grenzen

Von Aurelius Wosylus, Sigfox Germany GmbH

Mit dem Low Power Wide Area Network (LPWAN) von Sigfox können bislang nicht vernetzbare Sensoren und Bedienelemente sowie Geräte, Maschinen und Anlagen aller Art in das Internet der Dinge eingebunden werden. Die Anbindung ist extrem kostengünstig, sodass selbst einzelne Druckknöpfe zu smarten Buttons werden, die man überall einsetzen kann – etwa als kabellose Klingel vor dem Lkw-Tor oder als Lichtschalter im Garten, als Notfallmeldeknopf im Taxi oder am Handgelenk. Selbst rein elektrisch ausgelegte Geräte können mit vergleichsweise geringem Aufwand Daten über ihre Nutzungshäufigkeit an Hersteller liefern, um z. B. Wartungsarbeiten auszulösen.

Entsprechend vielfältig ist deshalb auch schon das verfügbare Lösungsangebot für Sigfox. Die Building-Blocks reichen von Bauelementen, Modulen, Baugruppen und Starterkits über applikationsfertige Sensoren bis hin zu Lösungen für die Cloud-Integration und Komplettangeboten für spezifische Abwendungen, beispielsweise für das Smart Metering, die Füllstandmessung von Glascontainern oder ein Notfallmeldesystem bei der Benutzung eines Defibrillators.

Einsatz in Großunternehmen

Airbus verwendet Sigfox-Lösungen für das Tracking von Ersatzteilen, über verschiedene Standorte und Landesgrenzen hinweg und auch beim Rolling Stock auf der Straße. Auch Air Liquide, selbst Anteilseigner bei Sigfox, will die Technologie in Kombination mit Alizent-Trackern für die Logistik einsetzen, um CO2-Flaschen nachzuverfolgen, die Fast-Food-Ketten in den Zapfanlagen für Softdrinks nutzen. CNH Industrial setzt Sigfox bereits in Spanien und in den Niederlanden zur Anbindung seiner Landmaschinen ein. Das Unternehmen entwickelt damit vollkommen neue Lösungen zur Diebstahlsicherung sowie zur Logistikprozessoptimierung und für neue Geschäftsmodelle. Durch die Ortung und Bewegungsmessung kann eine wirksame Alarmfunktion in jede diebstahlgefährdete Komponente integriert und über Sigfox gemeldet werden. Zeichnet man GPS-Daten auf und übermittelt sie zyklisch an die Cloud, können Abrechnungsmodelle nicht nur nach Betriebsstunden sondern auch nach bearbeiteter Fläche erfolgen, was für Landwirte eine sicherere Kalkulationsgrundlage bietet. Landmaschinenhändler und Leasing-Gesellschaften können so ganz neue Angebote entwickeln.

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SMS auf Knopfdruck: Der Druckknopf BT.TN setzt bei Betätigung eine Sigfox-Meldung ins Internet ab. Was man mit dieser Information macht, entscheidet alleine der Lösungsanbieter. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. (Bild: The Button Corporation Ltd.)

Überall verfügbar und einfach aufgebaut

Zur erkennen ist bei all diesen Applikationen, dass niemand ein privates Netzwerk dafür aufbauen könnte. Im Gegensatz zu alternativen LPWA-Netzwerken ist Sigfox überall öffentlich verfügbar. Die Konnektivität basiert auf einer zellularen Infrastruktur von Basisstationen, die mit 3G/4G-basierten Funkzellen vergleichbar ist, aber eine deutlich höhere Reichweite hat. Die Topologie des Netzwerks ist mit nur drei Ebenen zudem im Vergleich zu privaten LPWA-Netzen extrem flach: Lediglich eine Device-, Basisstations- und Cloud-Ebene wird benötigt. Es ist vor allem diese flache Architektur, die für die niedrigen Betriebs- und Investitionskosten auf Kundenseite verantwortlich ist.

Damit ist diese Anbindung so, wie eine IoT-Anbindung sein soll: schnell, kosteneffizient und einfach. Wie einfach, das belegt beispielsweise der Sens’it-Multisensor, der als applikationsfertiges Testsystem bereits online erhältlich ist. Mit ihm lassen sich binnen weniger Minuten unterschiedlichste Sensordaten ins Web übertragen und Push-Nachrichten direkt aufs Smartphone und über E-Mail, SMS, Twitter, Facebook oder den IFTTT-Maker-Channel versenden.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Bei­trag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Kom­munika­tion und Netze“ 1/2017. Einen Über­blick mit freien Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Ökonomisch in Anschaffung und Betrieb

Konkurrierende Lösungen sind eher als private Netze konzipiert, die nur vor Ort die LPWA-Funktion bereitstellen und dann über ein privates Gateway an das Internet anbinden. Bei Sigfox entfallen alle Gateway-Kosten für Anschaffung, Installation und Unterhalt. Allein dass in Gebäuden kein zentrales Gateway mehr erforderlich ist, wenn man beispielsweise Zähler auslesen oder Alarmsysteme installieren will, ist ausgesprochen attraktiv. Noch eklatanter wirkt sich dieser Vorteil bei den oben beschriebenen Smart-Farming-Applikationen aus: Bei großen Flächen kann die Installation eines robusten, IP-geschützten Gateways zur Überwachung nämlich schnell sehr aufwendig und teuer werden. Eine autarke Stromversorgung oder mehrere Kilometer Kabel zu installieren, kann immense Kosten verursachen.

SIM-los ist sinnvoll

Sigfox braucht zudem auch keine SIM-Karte für die Mobilfunkverbindung ins Internet. Dementsprechend haben die Devices auch keine Telefonnummer. Für eine eindeutige Identifikation verfügt jedes Gerät stattdessen über eine singuläre Lizenznummer. Die Verbindungsgebühren kauft der Hersteller in der Regel direkt mit der Lizenz mit. Deshalb gibt es auch keine Endnutzerverträge wie bei Telekom-Anbietern, was obendrein Verwaltungskosten spart. Stattdessen bestimmen OEMs selbst, welche Verbindungskosten für ihre Services entstehen. Auch Landesgrenzen kennt Sigfox nicht. Das Tarifmodell liegt dadurch deutlich unter denen von Telekom-Anbietern.

Beim Stromverbrauch wird im Vergleich zur Mobilfunkanbindung ebenfalls gespart. Um den Energiebedarf optimal zu reduzieren, bauen Sigfox-Devices nur eine Verbindung auf, wenn sie Daten senden. Zudem erfolgt der Verbindungsaufbau ohne Pairing und ist damit noch einmal energiesparender und weniger komplex als Mobilfunk- und alternative LPWA-Lösungen. Dadurch können beispielsweise Energiezähler, die mit einer 2500-mAh-Batterie ausgestattet sind, ganze 20 Jahre auskommen. Zum Vergleich: Dies entspricht ungefähr der Akkukapazität aktueller Smartphones, die allerdings bei regulärer Nutzung schon nach spätestens zwei Tagen aufgeladen werden müssen. Bei konventioneller M2M-Technologie wäre der Akku bereits nach Wochen oder wenigen Monaten leergesaugt.

Überwachung im 10-Minuten-Turnus

Wie oft können Sigfox-Devices aber eine Verbindung zum Internet herstellen? Kunden können aus unterschiedlichen Übermittlungsmodellen wählen, die von zwei bis zu 140 Nachrichten à maximal 12 Bytes pro Tag reichen, die an die Basisstationen gesendet werden. Zudem lassen sich bis zu vier Nachrichten zum Device senden. Möglich ist also eine engmaschige Überwachung mit zehnminütigen Updates etwa für Positionsdaten, Temperatur- oder Geschwindigkeitswerte, Objektstatus und Keep-alive-Nachrichten sowie für neue Parametrierungen des Devices (bis zu viermal pro Tag).

Bei der Datenübertragung wird jede Nachricht dreimal auf einer unterschiedlichen Frequenz versendet. Empfangen werden diese Nachrichten von jeder Basisstation im Empfangsbereich. Mehrfach empfangene Nachrichten werden dabei automatisch aussortiert. Durch dieses Verfahren ermöglicht Sigfox auch eine Triangulation und damit Geolokalisierung ganz ohne GPS. Wenn also keine Genauigkeit bis auf den Zentimeter gefordert ist, lässt sich ganz ohne GNSS-Empfänger eine Positionsbestimmung umsetzen.

Hohe Signalsicherheit

Durch die Nutzung der Ultraschmalbandtechnologie ist Sigfox höchst störfest. Die Funkübertragung ist sowohl gegen reguläre Störgeräusche als auch mutwilliges Jamming geschützt. Die Nachricht konzentriert sich in einem sehr kleinen Frequenzspektrum mit hoher Energiedichte. Die Überlappung mit Störsignalen ist zudem nur sehr gering. Alternative LPWAN-Technologien, die mit der Spreizspektrum-Modulation arbeiten, sind deutlich störanfälliger. In Zahlen ausgedrückt können Sigfox-Nachrichten immer noch zu 100 % zuverlässig übermittelt werden, selbst wenn interferierende Spreizspektrum-Signale 500-mal mehr Sendeleistung haben. Umgekehrt werden die Signale mit nur einem Fünfhunderststel der Signalleistung sicher empfangen. Das ist insbesondere in Ballungsgebieten mit ihren vielen Störquellen ein wichtiges QoS-Merkmal.

Sichere End-to-End-Kommunikation

Das Thema Sicherheit ist aber nicht nur bei EMI-Festigkeit und EMC-Tauglichkeit relevant, sondern auch für die Verschlüsselung. Deshalb integriert das Netzwerk als Default Setting Authentifizierung, Integrität und Anti-Replay für Nachrichten, die im Netzwerk verbreitet werden. Des Weiteren nutzt es AES-Verschlüsselung und überträgt den Schlüssel nicht über Funk. Optional stellt eine Payload-Verschlüsselung auch die Vertraulichkeit der Daten sicher. Auf Device-Ebene definiert Sigfox beispielsweise drei verschiedene Sicherheitsstufen. Je nach Anwendungsfall und Sensibilität können Gerätehersteller oder Applikationsanbieter entscheiden, welche Stufe umgesetzt werden soll: mittlere Stufe (die Sicherheitsanmeldeinformationen werden auf dem Device gespeichert), hohe Stufe (Speicherung in einem softwarebasierten Schutzbereich) und höchste Stufe (Speicherung in einem Sicherheitsbauteil).

Ein solches Secure Element hilft dabei, die Daten zu verschlüsseln, die über das Netzwerk übertragen werden. Nur das Device und der Endkunde kennen den geheimen Schlüssel. Der Algorithmus hat keinen Einfluss auf die Größe der Nutzdaten. Auch wenn die Nachricht verschlüsselt ist, sind die Daten 12 Bytes lang. Auf dem gesamten Pfad einer Nachricht stellt das Netzwerk zudem sicher, dass die ID des Devices nicht dupliziert wird. Im Falle eines beschädigten Geräts gibt es zudem einen Blacklist-Mechanismus, der die Kommunikation mit ihm verhindert.

Kostengünstige Bauelemente

Derzeit ist ein Sigfox-Modul im Allgemeinen nicht teurer als 1 bis 2 Euro. Damit sind die Kosten pro Knoten sehr niedrig, sodass es sich rentiert, selbst einfachere Produkte wie die erwähnten CO2-Flaschen mit Konnektivität auszustatten. Auch Maschinen-, Anlagen- oder Boardlevel-Hersteller können die Betriebs- und Health-Daten ihrer Plattformen komplett ohne zumeist deutlich teurere Gateway-Technologien bereitstellen – einfach nur dadurch, dass sie ein Bauelement beispielsweise über I²C integrieren. Das ist mit deutlich weniger Aufwand verbunden, als einen SIM-Kartensteckplatz einzubauen und komplexe Verträge mit Providern zu managen. Es muss keine weitere Infrastruktur bereitgestellt werden, außer einer kleinen Funkantenne für die zum ISM-Band gehörenden UNB-Funkfrequenzen von 868,13 bis 869,525 MHz. Diese lässt sich auch onboard integrieren. Beim ISM-Band sind die Regularien übrigens besonders strikt. ISM-basiertes Equipment darf nicht mit anderen RF-Geräten in diesem Band interferieren. Konsequenterweise kann man Sigfox auch in Medizingeräten einsetzen. Insofern ist der Einsatz selbst in Devices unproblematisch, die eine hohe EMC erfordern.

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Das Arduino Board ist nur eines von 44 Starterkit-Angeboten, die derzeit auf partners.sigfox.com gelistet sind. (Bild: Arduino.cc)

Starterkits für jeden Bedarf

Wer Sigfox testen will, hat viele Optionen. Für Maker und professionelle Entwickler gleichermaßen interessant ist beispielsweise das Arduino-Entwicklungssystem, für das seit Kurzem Sigfox-Shields sowohl von Arduino als auch von Chipherstellern und Modulpartnern verfügbar sind. Alternativ gibt es aber auch Entwicklungsplattformen von zertifizierten Modulpartnern wie Radiocrafts (Norwegen), Wisol (Korea) oder Innocomm (Taiwan). Die Liste der Optionen ist noch viel länger, denn alleine 18 unterschiedliche Module sind auf der Website partners.sigfox.com als verfügbar gelistet. Von acht weiteren gibt es bereits erste Musterstücke, und noch einmal 18 sind in Entwicklung. Es sollte folglich für jeden Zweck etwas dabei sein.

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