Taiwan, Teil 3: Was Taiwan vom Festland trennt

Das ist zuerst die jüngere Geschichte. Die Republik entging Mao Zedong und ist daher seit Jahrzehnten mit einem westlichen Lebensstil vertraut. Dass es zwischen Tempeln und Taifunen, Erdbeben und Essgewohnheiten für Unternehmer doch vieles Ungewohnte gibt, schildert dieser Schwerpunktbeitrag.

Im Auge des Tigers

Von Sabine Philipp

Auch im unternehmerfreundlichen und mit westlichen Partnern versierten Taiwan gilt es für KMU einiges zu beachten. Neben Taifunen, Erdbeben und dem manchmal etwas problematischen Verhältnis zur Volksrepublik China ist auch hier Technologietransfer nicht völlig ausgeschlossen – wie übrigens überall auf der Welt.

Und auch wenn es kaum vorstellbar ist: Taiwan wird von den meisten Ländern nicht als eigenständiger Staat anerkannt. Auch nicht von der Bundesrepublik Deutschland. Der Grund: Die Volksrepublik China betrachtet das Land als abtrünnige Provinz und möchte als einzige chinesische Republik anerkannt werden.

In völkerrechtlicher Schwebe

Wer also diplomatische Beziehungen mit dem kleinen Bruder aufnimmt, dem drohen Handelssanktionen, was natürlich kaum ein Staat riskieren möchte. Das Risiko muss indes nicht eingegangen werden, denn für den Handel und die Wirtschaft spielt der Status Taiwans keine Rolle. Um Komplikationen zu umgehen und trotzdem Handel zu treiben, betrachtet die EU Taiwan einfach als Wirtschaftseinheit oder Zollgebiet und nicht als eigenständigen Staat. Die Rolle der Auslandsvertretung nimmt das Deutsche Institut in Taipei ein.

Apropos VR China: Das Säbelrasseln zwischen Festland und Insel war lange Zeit bis nach Europa zu vernehmen. Inzwischen hat sich die Lage gebessert. So investieren sogar taiwanesische Unternehmer in der Volksrepublik und produzieren dort, weil die Lohnkosten dort günstiger sind. Seit 2008 gibt es sogar regelmäßige Charterflüge. Mit Stürmen und Erschütterungen ist eher von anderer Seite zu rechnen.

Wenn die Insel wackelt

Von Juni bis Oktober ist Taifunsaison. Die tropischen Wirbelstürme sorgen immer wieder für gefährliche Situationen, Regen und Erdrutsche sowie für zerstörte Straßen und Gebäude. Die Aufbauarbeiten gehen aber in der Regel flott voran. Ebenso wie nach den Zerstörungen von Erdbeben, die die Insel immer wieder heimsuchen. Taiwan liegt nämlich in einer der seismisch aktivsten Regionen der Erde.

Mit fremden Federn

Natürlich gibt es in Taiwan Raubkopien und Produktpiraterie. Beim Plagiarius-Wettbewerb, der die dreistesten Fälschungen auszeichnet, räumen taiwanesische Firmen regelmäßig Preise ab. Für Taiwan wie China gilt jedoch, dass die Asiaten den Ideenklau nicht erfunden haben. Auch einheimische Unternehmen bedienen sich beim Wettbewerb.

Immerhin geht die taiwanesische Regierung aktiv gegen das Problem vor – schon aus eigenem Interesse, da sich das Land als Forschungsstandort etablieren möchte. Auch die Korruption hält sich in Grenzen. Laut Korruptionsindex von Transparancy International belegt es Platz 37 (während die VR China auf Platz 79 steht). Abgesehen davon gibt aber auch viele Gemeinsamkeiten mit den Chinesen auf dem Festland.

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Als MittelstandsWiki-Autorin auf Taiwan: Sabine Philipp stellt sich den chinesischen Schriftzeichen

Als verwandte Nachbarn

Taiwan ist ein buntes Völkergemisch aus Ureinwohnern, asiatischen Gastarbeitern und Han-Chinesen, welche die Mehrheit stellen. Letztere sind vor allem die Nachfahren der Anhänger von Generalissimus Chiang Kai-shek, der mit seinen Gefolgsleuten 1949 vor den Kommunisten unter Mao Zedong auf die Insel floh.

Die Mentalität ist insgesamt ähnlich wie auf dem Festland, weshalb sich zur weiteren Lektüre der China-Verhaltensleitfaden mit Einschränkungen empfehlen lässt. Die Einschränkungen liegen darin begründet, dass es durchaus auch Unterschiede zwischen den beiden Nationen gibt. Die Küche ist z.B. recht ähnlich, wobei Sie bei Geschäftsessen aber weniger mit Hund, Katze, Maus und Schlange rechnen müssen. Etwas verschieden sind die Schriftzeichen, da Taiwan noch die Langzeichen verwendet, die im sozialistischen China vereinfacht wurden.

Serie: Taiwan
Teil 1 stellt das Land vor und korrigiert einige billige Vorurteile. Teil 2 sieht sich den Standort und seine Chancen genauer an. Teil 3 sagt, was Unter­neh­mer vor Ort beachten sollten, und gibt Tipps für den Handel.

Am augenfälligsten ist jedoch, dass die Taiwanesen ein sehr religiöses Volk sind. Im ganzen Land gibt es gigantische buddhistische Klosteranlagen, und fast jeder Stadtteil hat seinen eigenen Tempel, in dem regelmäßig auch junge Menschen ihren Göttern opfern.

Fazit: Näher an beiden Welten

Taiwan musste keine Kulturrevolution erleben, die Insel war nie kommunistisch und nie abgeschottet, so dass sich die Einwohner stets mit den Märkten und der westlichen Kultur auseinandersetzen konnten. Wie die Festlandchinesen betrachten sich aber auch die Taiwan-Chinesen als Erben einer langen Geschichte und einer reichen Kultur, auf die sie zu Recht sehr stolz sind.

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