Vertriebsprozess und -optimierung, Teil 4

Maßnahmen zur Effizienzsteigerung

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Falls der Eindruck entsteht, dass die Vertriebsorganisation keinen optimalen Output in der Kundengewinnung oder bei Vertriebsmargen generiert, ist eine Analyse und Bewertung der Vertriebsarbeit erforderlich. Das notwendige Instrument hierfür ist die systematisch durchgeführte Vertriebsanalyse, die sorgfältig alle Bereiche untersucht, die Einfluss auf den Vertriebserfolg haben können. Auf dem Prüfstein stehen sollten dabei die Produktpositionierung, der Produktnutzen, das Kauf- und Nutzungsverhalten der Kunden, Wettbewerbsangebote, Vertriebskanalverschiebungen etc. Hierfür kann es sinnvoll sein, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, um Betriebsblindheit und Vorurteile zu vermeiden.

Fehlende Erfolge im Vertrieb können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Motivation und Qualifizierung der Vertriebsmitarbeiter können ein Problem darstellen, dem mit Schulung und Anreizsystemen sowie mithilfe von modernen Führungsinstrumenten entgegengewirkt werden kann. Eine vergleichende Bewertung der Vertriebskanäle zeigt in manchen Fällen überraschende Ergebnisse, insbesondere wenn Erfolg versprechende Kanäle bislang nicht oder nicht mit ausreichender Priorität bearbeitet werden.

Schwächen in einer Vertriebsorganisation zeigen sich auch gelegentlich durch Analysen der Vertriebsplanung und des Controllings, so dass hier Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Schließlich ist auch die Organisationsstruktur an sich zu hinterfragen. Strukturen, die vor zehn Jahren optimal auf die damaligen Marktbedingungen ausgerichtet waren, müssen dies heute nicht mehr sein.

Checkliste: Die Checkliste zur Vertriebs­optimierung prüft die Orga­nisa­tion von der Vertriebs­planung bis hin zu evaluie­renden Meetings.

Die Optimierung sollte der Unternehmer regelmäßig durchführen, z.B. anhand einer Checkliste. Da der Vertriebsprozess dem Produkt, dem bearbeiteten Markt, aber auch dem eigenen Unternehmen und seinen Zielen angepasst sein muss, gibt es keinen Standardvertriebsprozess für eine Branche oder eine Zielgruppe. Ob die Kriterien aus einer allgemeinen Checkliste für das eigene Unternehmen zutreffen oder nicht bzw. welchen Stellenwert sie haben, ist nur für das individuelle Unternehmen zu beantworten. Wichtig ist, dass der Vertrieb als Produktionsfaktor im Unternehmen wahrgenommen wird, der in seinen Abläufen und Verantwortlichkeiten optimiert und auf einen maximalen Markterfolg ausgesteuert wird.

Vertriebsmitarbeiter

Eine Voraussetzung zur Steigerung der Effizienz ist eine regelmäßige Auswertung in jedem Vertriebsschritt zur Ermittlung von Kennzahlen, z.B. für neue Vorgaben und zur Erfolgsmessung, aber auch zur Schwachstellenermittlung. Dies ist typischerweise die Aufgabe des Vertriebscontrollings.

Die querschnittliche Auswertung von allgemeinen Kennzahlen hilft bei der Verbesserung der Planung und der Ermittlung der Wirtschaftlichkeit (z.B. relative Werte von Kontakten, Besuchen, Angeboten, Nachverhandlungen, Rabatten pro Auftrag). Ein wichtiger Posten sind zudem die Akquisitionskosten pro Kunde, je nach Vertriebslinie oder Vertriebsmitarbeiter.

Die Beurteilung der Vertriebsmitarbeiter kann u.a. nach dem Prinzip des erzielten Beitrages zur Wirtschaftlichkeit z.B. aus dem Kundenwert erfolgen. Hierzu sind geeignete Kenngrößen (Vertriebskosten im Verhältnis zum Deckungsbeitrag, Kundenlebensdauer bzw. Vertragslaufzeit, Kundenwert gemäß Kundenwertanalyse, durchschnittlicher Betreuungsaufwand etc.) abzuleiten.

Um das Selbstverständnis der Vertriebsmitarbeiter auf die Unternehmensziele auszurichten, ist die klare Kommunikation der Vertriebs- und Unternehmensziele eine wichtige Voraussetzung. Diese simple Erkenntnis wird leider nur allzu oft nicht berücksichtigt. Der Vertriebsmitarbeiter ist das „Aushängeschild“ bzw. der Vertreter des Unternehmens beim Kunden, und um diese Rolle auszufüllen, müssen neben den notwendigen Qualifikationen auch die erforderlichen Informationen vorhanden sein!

Außer der Kenntnis über die übergeordneten Ziele ist die Transparenz des Vertriebsprozesses für die verschiedenen Stufen im Unternehmen (Sachbearbeiter, Teams, Abteilungsleiter, Geschäftsführung) nicht nur wünschenswert, sondern eine absolute Notwendigkeit.

Ein oft genutztes Instrument zum Informationsaustausch sind Vertriebsmeetings, die im Sinne einer effizienten Durchführung gut geplant und strukturiert durchgeführt werden müssen. Einige Aspekte dieser Vorbereitung sind:

  • Häufigkeit und Inhalte von Vertriebsmeetings,
  • Einbeziehung der Mitarbeiter in die Vorbereitung,
  • Dokumentation und Verbindlichkeit von Ergebnisse etc.

Ein regelmäßiges Feedback an die einzelnen Mitarbeiter und eine transparente Auswertung des Erfolgs schaffen auch beim Vertriebsmitarbeiter mehr Verständnis für vielleicht noch vorhandene Defizite. Beliebt ist in vielen Unternehmen das Erzeugen von Wettbewerb zwischen den Mitarbeitern und Vertriebslinien (nicht nach neu gewonnen Kunden, sondern auch nach relevanten Kennzahlen).

Dies kann durchaus zu einer Steigerung der Effizienz führen, wenn Erfolge entsprechend anerkannt und auf der anderen Seite Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen zur Verbesserung der Qualifikation angeboten werden. Ein notwendiger Schritt ist hierbei die Prüfung und Weiterentwicklung des individuellen Ausbildungsstandes. (Zur Bedeutung von offener Kommunikation und Transparenz siehe auch unter Führungsinstrumente.)

Die Bildung von Teams bei der Bearbeitung wichtiger Kunden (z.B. aus Telemarketing, Außendienst, Vertriebsinnendienst) ist ein Instrument, das sich in vielen Fällen bewährt hat und die Erfolgschancen für einen Abschluss deutlich steigert. Solche Vertriebsteams bilden sich aber in der Regel nicht von alleine, und sie müssen gesteuert werden. Dabei sind die Beiträge der einzelnen Teammitglieder zu erfassen und bei der Verteilung von Erfolgsprämien in gerechter Weise zu berücksichtigen.

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Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Vertrieb für den Mittelstand gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Der optimale Vertrieb – Erfolgsfaktor im Wettbewerb“, den Sie online kostenfrei im Pressezentrum des MittelstandsWiki bekommen.

Organisationsstruktur

Auch eine Vertriebsorganisation braucht eine dokumentierte Struktur mit Stellenbeschreibung und festgelegten Kompetenzen. Die Führungsspanne auf den verschiedenen Ebenen ist zu definieren, um Klarheit zu schaffen. Allerdings darf die Entscheidungsbefugnis nicht nur in der Organisation beschrieben, sondern sie muss auch tatsächlich vorhanden und ausgeübt werden. Eine nur auf dem Papier stehende Struktur führt bei den Mitarbeitern meist zu Frustration und zu fehlendem Mut zur eigenen Entscheidung!

Grundsätzlich sollte die Übereinstimmung von Organisationsstruktur und Prozessabläufen geprüft werden und bei Abweichungen entsprechend angepasst werden. Hierzu gehört auch die Einhaltung der Berichts-, Informations- und Entscheidungswege in der täglichen Praxis. Motivationselemente für die Nutzung der Entscheidungsfreiräume helfen dabei, die Selbständigkeit der Mitarbeiter im definierten Rahmen zu steigern. Sonderregelungen sollten so weit wie möglich ausgeschaltet und eben auf tatsächliche Sonderfälle reduziert werden.

Die Häufigkeit von Organisationsänderungen sollte auf das absolut notwenige Maß reduziert werden. Häufige Änderungen verunsichern eher und sorgen dafür, dass sich kaum einer der Mitarbeiter wirklich mit der aktuellen Struktur beschäftigt. Auf jeden Fall ist eine intensive Kommunikation der Organisationsstruktur an die Mitarbeiter notwendig, damit sichergestellt wird, dass die Organisation nicht nur ein Dokument für die Ablage ist. Die Erfahrungen mit der Organisation sollten trotzdem regelmäßig überprüft werden, auch ohne dies gleich in Organisationsänderungen umzusetzen. Dabei sind relevante Beobachtungsbereiche:

  • die Bekanntheit beim Mitarbeiter,
  • die Akzeptanz bei den Mitarbeitern,
  • Problemfälle und Notwendigkeiten zur Änderungen,
  • fehlende Regelungen,
  • Informationsflüsse etc.

Arbeitsverträge und Führung

Generell sind variable Elemente in den Verträgen der Vertriebsmitarbeiter üblich und sinnvoll. Die Vergütungssysteme sollten sich an den wesentlichen Punkten für das Unternehmen orientieren. Durch die Fokussierung der Kriterien auf wenige und für die Mitarbeiter nachvollziehbare Kriterien wird die Wirksamkeit dieses Steuerungsinstrumentes in der Praxis gefördert.

Kriterien für die Bemessung der variablen Gehaltsbestandteile sollten bestimmten Ansprüchen genügen und u.a.

  • vom Mitarbeiter in seiner Funktion beeinflussbar,
  • für den Erfolg im Vertriebsprozess entscheidend,
  • für die Unternehmensentwicklung relevant sowie
  • im Ergebnis auswertbar und transparent sein.

Vorteilhaft ist es, wenn die Systematik auch für kurzfristige Aktionen wie z.B. Sonderverkäufe oder Produktneueinführungen nutzbar ist.

Ein wichtiges Führungsinstrument ist das Feedback-Gespräch, das in nicht zu langen Abständen geführt werden sollte und, auf Erfolgen und Mißerfolgen aufbauend, den individuellen Beitrag und die persönliche Entwicklung würdigt, aber auch Defizite aufzeigt. Ein Feedback-Gespräch sollte immer mit der Festlegung von überprüfbaren Zielen enden, die schriftlich festgehalten und im nächsten Gespräch überprüft werden. Das Feedback-Gespräch ist eine passende Gelegenheit, um nichtfinanzielle Anreize (Schulungen, „Titel“, Prämierung, etc.) zu gewähren.

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Bei einer Teamorganisation ist die Transparenz des Teamerfolgs ein wichtiges Motivationselement für die einzelnen Mitarbeiter und unterstützt die Erfolgschancen für das Team und das Unternehmen! In manchen Fällen sind interne Wettbewerbe ein zusätzliches Motivationselement. Die Vergleiche müssen dabei transparent und fair erfolgen. Wenn Ziele für zeitlich befristete Wettbewerbe vorgegeben werden, so dürfen diese zwar ambitioniert sein, aber sie müssen auch unter realistischen Bedingungen erreichbar sein!

Fazit: Vertriebserfolge sind kein Zufall

Der Vertrieb ist eine Organisationseinheit im Unternehmen wie alle anderen auch. Aufgrund der „Sondersituation“ der häufigen Kontakte mit wechselnden Ansprechpartnern an unterschiedlichen Orten – meist außerhalb des Unternehmens – erfordert die Führung des Vertriebes besondere Steuerungsinstrumente. Der Vertriebsprozess muss in allen Elementen sorgfältig geplant und organisiert werden, damit Vertriebserfolge nicht dem Zufall überlassen bleiben.

Schon vor der Ansprache neuer Kunden fallen Vertriebsaufgaben an. Gute Kenntnisse der Zielgruppen und eine sorgfältige Vertriebsplanung unter Auswahl der optimalen Vertriebskanäle schaffen die Voraussetzung für einen beständigen Erfolg.

Aufgrund der hohen Bedeutung der Vertriebsaktivitäten für jedes Unternehmen und die in der Regel hohen Kosten für den Vertrieb sind eine laufende Überwachung und Kontrolle unabdingbar. Wenn hierbei systematische Abweichungen festgestellt werden, sollte eine Vertriebsanalyse die Ursachen aufdecken, die sowohl in Veränderungen im Produktnutzen, einem veränderten Beschaffungsverhalten der Kunden als auch in Wettbewerbsaktivitäten liegen können.

Serie: Vertriebsprozess und -optimierung
Teil 1 betont, wie wichtig der Vertrieb ist, und sagt, welche Aufgaben ihm zufallen. Teil 2 widmet sich Vertriebsplanung und Vertriebskanälen. Teil 3 spielt die Abläufe von der ersten Ansprache bis zum Abschluss durch. Teil 4 gibt praktische Tipps für die Effizienzsteigerung im Tagesgeschäft.

Genauso wichtig ist die Aufrechterhaltung der Motivation und die Weiterentwicklung der Qualifikation. Nur ein gut geschulter, motivierter Vertriebsmitarbeiter kann im Rahmen einer eindeutigen Aufgabenteilung, mit den notwendigen Informationen augerüstet und mit klaren Zuständigkeiten versehen, den notwendigen Erfolg erzielen.

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