Zugangsregelung in Gewerbemietverträgen: Wer über den Zugang zu Gewerberäumen bestimmt

Das hängt zuerst einmal vom Mietvertrag ab. Im Fall einer Zahnarztpraxis wollte der Vermieter aber nicht dulden, dass die Haustür für Patienten offen bleibt. Schließlich musste das Landgericht Itzehoe über den ungehinderten Zugang entscheiden. Die Fachredaktion anwalt.de erläutert das Urteil.

Ob die Haustür zur Praxis offen bleibt

Von der Fachredaktion anwalt.de

Das Mietrecht ist meist verzwickt genug. Im Gewerbemietrecht ist die Lage noch verschärft, denn hier kann noch eine Vielzahl von berücksichtigenswerten Interessen und Pflichten eine Rolle spielen und entsprechend geltend gemacht werden. Daher bestehen nach Ansicht der Gerichte durchaus Unterschiede, je nachdem, ob es sich bei den Mietobjekten um Wohnungen oder um Gewerberäume handelt. Welche juristischen Aspekte eine Rolle spielen können, zeigt das folgende Realbeispiel:

Im Rahmen eines Gewerbe­mietverhältnisses entbrannte zwischen einem Vermieter und einem Mieter ein heftiger Streit wegen der Haustür. Der Mieter betrieb eine Zahnarztpraxis und bestand darauf, dass die Haustür zu den üblichen Geschäftszeiten geöffnet bleibt, damit seine Patienten ohne vorheriges Klingeln an der Haustür Zugang zu seiner Praxis haben. Doch der Vermieter hatte etwas dagegen und zog unter anderem wegen dieser Frage bis vor das Landgericht Itzehoe.

Nach Mietvertrag und Hausordnung

Der dem Mietverhältnis zugrunde liegende Gewerbemietvertrag enthielt als Anlage eine Hausordnung, die von beiden Parteien unterschieben war und folgende Formulierung vorsah:

„Die Zugänge bleiben von [nicht ausgefüllt] Uhr abends bis [nicht ausgefüllt] geschlossen.“

Die Türschließanlage an der Haustür war mit einer Gegensprechanlage ausgestattet. Der Mieter hatte gegenüber der Hausverwaltung beanstandet, dass die Schlossfalle – im Gegensatz zu der Zeit davor – verriegelt worden war. Daraufhin weigerte sich der Vermieter, die Haustür permanent offen zu halten und ließ kurzerhand eine Schlossfalle ohne Entriegelung einbauen.

In einem Anwaltschreiben hatte sich der Mieter bereit erklärt, die geschlossene Haustür zu akzeptieren, wenn der Vermieteter eine elektronische Türsteuerung einbaut. Auch das lehnte der Vermieter ab und erteilte dem Mieter wegen der geöffneten Tür und anderen angeblichen Verstößen gegen den Mietvertrag eine Abmahnung. Nach einer weiteren Abmahnung kündigte er schließlich das Gewerbemietverhältnis fristlos. Über die Räumungsklage und eine hilfsweise Unterlassungsklage des Vermieters musste daher das Landgericht Itzehoe entscheiden.

Das Urteil der Zivilkammer

Die Klausel im Gewerbemietvertrag sah die Zivilkammer nicht als ausreichend an, um eine entsprechende vertragliche Duldungspflicht des Mieters bezüglich der geschlossenen Haustüre zu begründen, da insbesondere die Textpassagen in Hinblick auf die Öffnungszeiten gerade nicht ausgefüllt waren. Somit fehlte es an einer ausdrücklichen, vertraglichen Regelung.

Weiter musste die Zivilkammer klären, ob das Offenhalten der Haustür als vertragsgemäßer Gebrauch anzusehen ist. Dann müsste der Vermieter die offen stehende Tür dulden. Bei der rechtlichen Beurteilung sind die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen. Die Beurteilung fiel zugunsten des Zahnarztes aus:

Denn gerade im Gewerbemietrecht kann – im Gegensatz zur Vermietung von Wohnraum – der Mieter ein gesteigertes Interesse an einer geöffneten Haustür zu den regulären Betriebszeiten haben, insbesondere damit seine Kunden ungehinderten Zugang zu seinen Gewerberäumen haben können. Das gilt auch für Gebäude mit gesonderter Haustür.

Im Sicherheitsinteresse der Mieter

Das Vorbringen des Vermieters, die Haustür müsse wegen des Sicherheitsinteresses der übrigen Mieter stets verschlossen gehalten werden, gewichteten die Richter als nicht so schwer wiegend. Denn es gelang dem Vermieter nicht, das gesteigerte Sicherheitsinteresse der anderen Mieter zu beweisen. Er hatte lediglich behauptet, dass es Einbrüche und Diebstähle in dem Haus gegeben habe. Doch die reine Behauptung hielten die Richter nicht für ausreichend.

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Hinzu kam, dass der Vermieter vor Gericht Vorfälle dazu vorgetragen hatte, die der Mieter mit dem Hinweis widerlegen konnte, dass bei den vom Vermieter geschilderten Einbrüchen und Einbruchsversuchen die Einbrecher gerade nicht über die Haustür in die Räume gelangt waren. Aus diesem Grund überwog nach Ansicht des Gerichts das Interesse des Gewerbemieters an einem freien Zugang zu seiner Zahnarztpraxis gegenüber dem Sicherheitsinteresse der anderen Mieter (LG Itzehoe, Urteil vom 9. Juli 2009, Az.: 7 O 191/08).

Fazit: Entscheidung im Einzelfall

Kleinere Reibereien zwischen Mieter und Vermieter können sich summieren und beiden Seiten großen Ärger bringen. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit ging es neben der Haustür auch um andere Streitfragen, etwa um die Nebenkosten oder darum, dass der Hund des Zahnarztes zeitweise in der Praxis war. Aus juristischer Sicht kommt es immer auf die konkrete Situation und den Einzelfall an.

Hinzu kommt die rechtliche Bewertung des Geschehens. So kann die Interessenlage bei einem Mietvertrag für Gewerberäume ganz anders zu bewertet sein als bei einem Wohnraum­mietvertrag. Chancen und Risiken des eigenen – und des gegnerischen – Vorgehens in solchen Fällen abzuschätzen, ist ohne spezialisierten Anwaltsbeistand schier unmöglich.

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