Üble Nachrede und Rufschädigung im Web 2.0

Die Schattenseiten des Social Net

Von Dr. Regina Sailer

Die Hemmschwelle für Beleidigungen sinkt im Internet beträchtlich, weil viele es für anonym halten. Doch auch das Web 2.0 ist kein rechtsfreier Raum. Wer über Sie oder Ihr Unternehmen online lügt, macht sich strafbar. Blogs und Foren sind eine Brutstätte für schlechte Unternehmensnachrichten. Diese können viel Schaden anrichten. Denn die Glaubwürdigkeit des Web 2.0. ist hoch: Laut einer Untersuchung der PR-Agentur Hotwire vertrauen europäische Web-User Blogs fast genauso wie einem Zeitungsartikel.

Tatsachenbehauptungen

So schmerzhaft ein online vorgebrachter Vorwurf auch sein mag: Sie können nur dann etwas dagegen unternehmen, wenn er eine unzutreffende Tatsachenbehauptung darstellt. Private Werturteile oder Meinungsäußerung über Produkte und Dienstleistungen sind erlaubt.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Wenn jemand kritisch schreibt: „Ich habe schlechte Erfahrungen mit dem Service: Auf meine Reklamationen reagierte Herr A. von der Firma Beispielmeyer erst nach vier Wochen“ – kein Problem. Anders sieht es aus, wenn da steht: „Herr A. von der Firma Beispielmeyer ist absolut unfähig.“

Wer so etwas behauptet, muss es beweisen können. Wer es nicht kann, macht sich der üblen Nachrede oder der Verleumdung schuldig. Das ist strafbar und dagegen kann man sich wehren.

Üble Nachrede

Üble Nachrede ist ein Spezialfall der Beleidigung (§ 185 StGB). Sie besteht dann, wenn jemand über einen anderen Menschen nachweislich unwahre Tatsachen behauptet, die diesen verächtlich machen und in der öffentlichen Meinung herabwürdigen. Wer wegen übler Nachrede verurteilt wird, muss nach § 186 StGB mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen.

Verleumdung

Noch höher sind die Strafen bei Verleumdung (§ 187 StGB: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren). Denn wer jemanden verleumdet, behauptet nicht nur gegenüber Dritten die Unwahrheit. Er weiß auch, dass er lügt!

Verdeutlichen wir das am Beispiel mit dem bereits zitierten Herrn A. Bei einer Verleumdung, bezichtigt der Kunde Herrn A. nur deshalb der „absoluten Unfähigkeit“, weil er Herrn A. privat kennt und nicht leiden kann. Von seinen beruflichen Fähigkeiten hat er gar keine Ahnung.

In der Praxis ist die Unterscheidung allerdings oft gar nicht so einfach und insbesondere bei Verleumdung steht man vor dem Problem, dass Sie vor Gericht nicht nur darlegen müssen, dass die Vorwürfe unwahr sind, sondern auch, dass sie mit Vorsatz geäußert wurden.

Üble Nachrede oder Verleumdung bestehen übrigens nicht nur dann, wenn jemand selbst strafbare Dinge behauptet (sich also damit identifiziert). Auch das Verbreiten und Zitieren solcher Behauptungen ist strafbar. Darunter fällt also auch virtueller Klatsch und Tratsch.

Gegenmaßnahmen: sichern und entfernen

Verleumderische Beiträge im Web sollte man zur Beweissicherung speichern und unbedingt ausdrucken. So hat man auch nach einer möglichen Löschung etwas in der Hand. Gleichzeitig sollte man den Betreiber des Forums oder Blogs anschreiben und die Daten (den Beitrag und die IP-Adresse des Verfassers) sichern lassen. Anschließend kann man den Beitrag löschen lassen. Ein Betreiber ist verpflichtet, rechtswidrige Inhalte zu entfernen, sobald er davon erfahren hat. Reagiert er nicht, sollte man einen neuen Versuch unter Androhung einer Abmahnung starten und/oder einen Anwalt einschalten.

Ruhig und gezielt eingreifen
Besonders wenn es persönlich wird, muss man Vorwürfe im Web mit Augenmaß betrachten. In vielen Fällen sind solche Texte offenbar mit Wut im Bauch verfasst. Keinesfalls dürfen Sie sich auf dasselbe Niveau begeben oder gar eine Retourkutsche fahren! Wenn Sie selbst aktiv werden, dann tun Sie das lieber morgen als heute, wenn die erste Empörung verflogen ist und Sie sich vielleicht schon beraten haben. Falls Sie jedoch den Verdacht haben, dass die Konkurrenz sich als „User“ in Foren einloggt und dort fassbare Unwahrheiten ausstreut, ist das ein Fall für den Anwalt.

Den Verfasser kann man zudem bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft anzeigen. Diese verfolgt üble Nachrede aber nur bei öffentlichem Interesse oder bei besonders schweren Fällen. Die Opfer können allerdings eine Privatklage (§ 374 StGB) einbringen bzw. sich an das zuständige Amtsgericht wegen einer Unterlassungserklärung wenden.

Fazit: Wo der Spaß aufhört

Verleumdungen im Web sollte man durchaus ernst nehmen. Schließlich können sie zu einer handfesten Geschäftsschädigung oder gar Kreditgefährdung (§ 824 BGB) führen. Bei allem Unmut sollte man aber keinesfalls emotional oder gar gehässig reagieren. Im Zweifelsfall den Anwalt lieber erst mal draußen lassen – vor allem dann, wenn sich ein verärgerter Kunde virtuell Luft macht.

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