Eiszeit für Weltwirtschaftsklima

Das Weltwirtschaftsklima erlebt gerade eine kräftige Abkühlung. Der Klimaindikator des ifo-Instituts für das zweite Quartal 2008 sank auf den niedrigsten Wert der letzten sechs Jahre. Im Zentrum der eisigen Winde liegen Nordamerika und Westeuropa. Ursache für das miese Klima sind eine ungünstige Einschätzung der derzeitigen wirtschaftlichen Lage, aber auch trübe Erwartungen für die nächsten sechs Monate.

Die Prognosen des ifo-Instituts sind deshalb alles andere als rosig: Die Expansion der Weltwirtschaft werde sich im Prognosezeitraum spürbar abkühlen und das Bruttoinlandsprodukts (BIP) langsamer steigen, da der Höhepunkt des konjunkturellen Zyklus überschritten zu sein scheint. Zudem werden die anhaltende Unsicherheit auf den Finanzmärkten, die negativen Vermögenseffekte sinkender Hauspreise und Aktienkurse, die hohe Inflation sowie die zuletzt stark gestiegenen Ölpreise zunehmend bremsend wirken.

Den Vereinigten Staaten sagt das Institut eine nur schwache Zunahme des Bruttoinlandsprodukts voraus. Der private Konsum sowie die Unternehmensinvestitionen werden, unterstützt durch Steuergutschriften bzw. Steuervergünstigungen, zunächst etwas beschleunigt zulegen; es dürfte sich hierbei jedoch nach Meinung der Münchner Experten lediglich um einen temporären Effekt handeln. Als Reaktion auf den starken Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus sowie die gestiegenen Inflationserwartungen werde die US-Notenbank trotz der schwachen konjunkturellen Entwicklung im Verlauf des Prognosezeitraums auf einen zunehmend restriktiveren geldpolitischen Kurs einschwenken.

Auch im Euroraum werde sich der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts abflachen, prognostiziert das Institut. Der Konsum expandiere trotz der anhaltend günstigen Lage am Arbeitsmarkt nur verhalten. Die Investitionen dürften auch auf dem alten Kontinent deutlich an Schwung verlieren, da der Höhepunkt ihres Zyklus mittlerweile ebenfalls überschritten zu sein scheint. Selbst der Außenbeitrag werde keinen nennenswerten Wachstumsimpuls liefern, befürchten die Experten.

Das Wachstum in den asiatischen Ländern werde nach Einschätzung der ifo-Experten von der inflationären Entwicklung, vor allem bei Nahrungsmitteln und Rohstoffen gedämpft. In China werde die Dynamik der wirtschaftlichen Expansion aufgrund der insgesamt schlechteren außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einer restriktiveren geldpolitischen Ausrichtung etwas nachgeben. Unterstützend wirke hingegen die Zunahme der Nachfrage der privaten Haushalte. In Indien werden sich die anziehenden Zinsen voraussichtlich negativ auf die Investitionsneigung der Unternehmen, aber auch auf die Dynamik der privaten Konsumnachfrage auswirken.

Die gesamtwirtschaftliche Produktion in Deutschland stieg im ersten Quartal 2008 saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 1,5 %. Auch die Konjunktur hat sich bis in das Frühjahr hinein bemerkenswert robust gezeigt, trotz ungünstiger Trends im Ausland und trotz der Preissteigerungen bei Öl und anderen Industrierohstoffen. Nach der auch von Sondereffekten begünstigten kräftigen Ausweitung der gesamtwirtschaftlichen Produktion im ersten Quartal 2008 sei deshalb für das zweite Quartal mit einem nur leichten Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts zu rechnen, beruhigen die Ökonomen des Instituts. Im Durchschnitt des ersten Halbjahres 2008 ergebe sich im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2007 saison und kalenderbereinigt immer noch ein BIP-Zuwachs von 1,5 %.

Im weiteren Verlauf des Jahres 2008 dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion zwar wieder etwas anziehen, die Dynamik werde aber vergleichsweise schwach bleiben, meinen die Wissenschaftler. Zunehmend machten sich nun die dämpfenden Faktoren für die deutsche Wirtschaft bemerkbar. Die Abkühlung der Weltkonjunktur werde den Außenhandel bremsen; zusätzlich dämpfe der gestiegene Euro-Wechselkurs. Die hohen Kosten für Energieträger begrenzen den Anstieg der Unternehmenserträge und schmälern den finanziellen Spielraum für neue Investitionen. Zugleich vermindern sie den realen Ausgabenspielraum der privaten Haushalte und beschränken damit die Konsummöglichkeiten. Alles in allem dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion im Jahresdurchschnitt 2008 um 2,4% expandieren; arbeitstäglich bereinigt ergäbe das ein Wachstum von 2,1%.

Nach dem diesjährigen zyklischen Hoch lassen die konjunkturellen Auftriebskräfte im nächsten Jahr voraussichtlich merklich nach, die Ausrüstungsinvestitionen dürften kaum noch expandieren und die Impulse aus dem Außenhandel zunehmend schwächeln. Der private Konsum werde im Zuge des nachlaufenden Arbeitsmarkts noch etwas zulegen. Alles in allem steige das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2009 voraussichtlich um 1,0 %. Kalenderbereinigt ergäbe sich ein Zuwachs in ähnlicher Größenordnung. Das Verbraucherpreisniveau werde sich im Jahresdurchschnitt 2008 um 3,1 % erhöhen; im Jahr 2009 um 2,4 %.

Die Zahl der Erwerbstätigen werde im Jahresdurchschnitt 2008 um 590.000 steigen, was im Verlauf einer Zunahme um 430.000 entspricht. Im Jahr 2009 werde die Nachfrage nach Arbeitskräften aber durch die nachlassende wirtschaftliche Dynamik gebremst werden, warnen die ifo-Ökonomen. Hinzu komme, dass nun auch die Reallöhne etwas anziehen. Die Zahl der Erwerbstätigen werde im Durchschnitt noch um 110.000 steigen, was im Verlauf lediglich einer Zunahme um knapp 20.000 entspricht. Die Zahl der Arbeitslosen werde im Jahr 2008 nahezu spiegelbildlich zur Entwicklung der Erwerbstätigkeit um 515.000 auf knapp 3,3 Millionen sinken (Arbeitslosenquote: 7,5 %). Dies entspricht einer Arbeitslosenquote von 7,1 %.

Die ifo Konjunkturprognose 2008/2009 steht in ausführlicher Form als Download zur Verfügung.
(ifo/ml)