Sparkasse muss Lehman-Anleger voll entschädigen

Die 19. Zivilkammer des Frankfurter Landgerichts verurteilte heute die Frankfurter Sparkasse zur Entschädigung eines Opfers der Lehman-Bankenpleite. Sie hatte dem Kläger Lehman-Zertifikate in Höhe von rund 70.000 Euro verkauft. Nun muss sie laut Urteil den gesamten Kaufpreis dem Anleger zurück erstatten und zusätzlich die Kosten des Prozesses tragen (Az. 2-19 O 287/08). Der Anwalt des Anlegers freute sich und hält das Urteil für „einen Meilenstein mit Mustercharakter“. Die Sparkasse kündigte bereits eine Berufung an.Beim Kläger handelte es sich um einen 38-jährigen Rechtsanwalt. Ihn hatte im Sommer 2007 seine Sparkasse unaufgefordert in seiner Praxis angerufen und zur Anlage in Lehman-Zertifikate überredet. Der Anruf der Bank kam einen Tag vor Ende der Zeichnungsfrist und mündete in der Empfehlung, mehrere Einzelaktien wie Allianz und Postbank zugunsten eines angeblich sichereren Twin-Win-Zertifikates auf den DJ EuroStoxx zu verkaufen.

In einer kurzen mündlichen Erläuterung des Urteils wies der Vorsitzende der zuständigen Spezialkammer für Bankrecht, Detlef Stark, heute darauf hin, dass die Sparkasse versäumt habe, auf bestehende Risiken des Zertifikats hinzuweisen. Dies umso mehr als der telefonisch beratene Kunde keine Chance hatte, schriftliche Unterlagen über das Zertifikat einzusehen.

Der Rechtsanwalt des Klägers, Matthias Schröder, berief sich in der Klage u. a. auf das verschwiegene Totalverlustrisiko und weitere spezielle Risiken des Twin-Win-Zertifikates, die zwar im offiziellen Verkaufsprospekt aber nicht in der mündlichen Beratung oder in den sogenannten Flyern Erwähnung fanden.

Das Gericht fällte sein Urteil ohne, dass eine Beweisaufnahme nötig gewesen wäre. Die Sparkasse hatte dargelegt, dass es sich um ein typisches Beratungsgespräch gehandelt habe und die Hinweise aus dem Flyer mündlich erteilt wurden. Dem hat das Gericht eine klare Absage erteilt.

Nach Auffassung des Klägeranwaltes kommt der Entscheidung eine große Bedeutung zu. „Das Gericht hat zunächst einmal die ungeheure Komplexität der Zertifikate erkannt“, meint Schröder. Zudem habe er seinen Kläger im Oktober 2008 in der bundesweit ersten Klage wegen Lehman-Zertifikaten nach der Insolvenz der US-Investmentbank aus vielen Hundert Kandidaten ganz bewusst ausgewählt, weil dieser als Anwalt vergleichsweise wenig schutzwürdig ist und nur nach den harten Fakten geurteilt werden sollte, um daraus Rückschlüsse für alle Geschädigten zu ziehen. „Mein Klient ist im Vergleich zu den anderen Geschädigten sehr viel jünger, besser ausgebildet, hat weniger angelegt und hätte aufgrund seines jungen Alters auch die Chance gehabt, das Geld wieder zurück zuverdienen“, so Schröder, der nun erwartet, dass andere Geschädigte sich erst recht auf fehlerhafte Anlageberatung berufen können.

(LSS, RA Matthias Schröder/ml)