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Deutsche bleiben trotz Krise gelassen

Die große Wirtschaftskrise hat die Sorgen der Deutschen verändert. Das zeigt die aktuelle Umfrage der R+V Versicherung. Die Lang­zeit­stu­die fand dieses Jahr bereits zum 19. Mal statt. Bereiteten bei der letzten Umfrage den Deutschen noch steigende Preise die größten Sorgen, stehen jetzt die Ängste vor einer weiteren wirtschaftlichen Verschlechterung und einem Jobverlust an erster und zweiter Stelle des Rankings. Die Inflationsangst nahm im Gegenzug um 13 Prozentpunkte ab und rutschte damit auf Platz 3. Erstaunlich ist allerdings, dass die Ängste insgesamt trotz schwerster Rezession kaum zugenommen haben – die Deutschen bleiben trotz Krise gelassen.Rund 2400 Deutsche hat das R+V-Infocenter nach ihren 16 größten Ängsten befragt. Ergebnis: Wirtschaftsthemen sind 2009 eindeutig die größten Angstmacher. Zwei von drei Deutschen befürchten eine Verschlechterung der Wirtschaftslage (66 %). Diese Sorge ist um acht Prozentpunkte höher als im Vorjahr und erreicht damit erstmals seit 2003 wieder die Spitzenposition aller Ängste. Mit 18 Prozentpunkten am stärksten zugenommen hat die Angst vor einem Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Mit 65 % springt sie von Platz 8 im Vorjahr auf den zweiten Rang. Erstaunlich: Die Angst, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, ist mit 48 % deutlich geringer.

„Angesichts der schweren Wirtschaftskrise ist es geradezu sensationell, dass das durchschnittliche Angstniveau der Deutschen unverändert bei 44 % liegt“, so Professor Dr. Manfred Schmidt, Politologe an der Universität Heidelberg und Berater des R+V-Infocenters. Seine Erklärung: „Drei Faktoren dämpfen die Angst: Erstens, das Krisenmanagement der großen Koalition wirkt wie eine Beruhigungspille. Zweitens, die sozialstaatlichen Programme stabilisieren – Kurzarbeit statt Arbeitslosigkeit und Erhöhung der Altersrenten senden Signale. Und schließlich wirken der hohe Wohlstand und der soziale Frieden im Land wie ein Sicherheitspolster.“ Eine aktuelle Zusatzfrage zeigt jedoch: Die hohe Staatsverschuldung infolge der staatlichen Konjunkturprogramme und Rettungsschirme für Banken und Unternehmen löst bei vielen neue Ängste aus. „Zwei Drittel aller Bürger befürchten, dass ihnen die Rechnung dafür noch serviert wird – mit dem Abbau von Sozialleistungen“, so Professor Schmidt. Nach Ansicht des Politologen können bei einer weiteren Staatsverschuldung zusätzlich Steuererhöhungen auf die Bürger zukommen.

Fünf Jahre auf Platz 1, jetzt abgerutscht auf Platz 3: Die Furcht vor steigenden Lebenshaltungskosten erreichte noch im Vorjahr mit 76 % ein Rekordhoch und sinkt nun um 13 Prozentpunkte auf 63 %. Ebenfalls rückläufig, aber mit 56 % immer noch hoch: die Furcht vor Naturkatastrophen. Sie rangiert auf Platz 4 der größten Sorgen und dokumentiert das traditionell hohe Umweltbewusstsein der Deutschen.

Krank und pflegebedürftig: Alptraum für viele Deutsche

Die soziale Sicherheit ist neben den wirtschaftlichen Ängsten eine der Hauptsorgen aller Deutschen. Die Befürchtung, im Alter zum Pflegefall zu werden, ist 2009 leicht auf 54 % gestiegen, liegt auf Platz 5 und bleibt mit deutlichem Abstand die größte persönliche Sorge. Immerhin jeder Zweite fürchtet sich auch vor schweren Krankheiten (49 %). Die Angst vor Altersarmut sinkt hingegen. Sie erreicht mit 37 % den niedrigsten Wert seit 2002.

Mehr als jeder zweite Deutsche (53 %) zweifelt daran, dass die Volksvertreter ihren Aufgaben gewachsen sind. 2008 waren dies nur 49 %. Trotzdem erteilen die Deutschen den Politikern dieses Jahr bessere Noten für ihre Arbeit. 2009 bewertete jeder Vierte die Leistungen der Volksvertreter mit den Schulnoten 1 bis 3, im vergangenen Jahr waren es nur 20 %.

Trotz der gemeinsamen Sorgen um wirtschaftliche Themen bleiben Unterschiede zwischen Ost und West. Am gravierendsten zeigt sich das bei der Angst vor eigener Arbeitslosigkeit. 58 % der Arbeitnehmer in den ostdeutschen Bundesländern bangen um ihren Arbeitsplatz – im Westen sind es nur 46 %. Die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten liegt im Osten seit nunmehr zehn Jahren unangefochten auf Platz 1 (2009: 72 %), in den westdeutschen Bundesländern wird sie verdrängt von den Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft und steigende Arbeitslosenzahlen.

(R+V/ml)