Studie: Klimaschutz ist Business

Die sogenannte Low-Carbon Society, eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform mit konsequent reduzierten Emissionen, ist machbar. Das zeigt die Studie Agenda 450 für Deutschland – auf dem Weg zur Low-Carbon-Society. Für die Studie, die das Beratungsunternehmen Deloitte im Auftrag des Manager Magazins erstellte, wurden insgesamt 378 Entscheider aus Wirtschaft, Forschung und Politik aus dem Manager-Magazin-Führungskräftepanel befragt. Die Topleute sehen Deutschland in einer Vorreiterrolle. Ihrer Ansicht nach wird sich Klimaschutz auch wirtschaftlich auszahlen – vor allem wenn deutsche Unternehmen den Weltmarkt mit entsprechender Technologie beliefern.Sie befürchten allerdings auch, einseitige Auflagen könnten zu Wettbewerbsnachteilen von Europa führen, wenn andere Wirtschaftsregionen auf solche Hürden verzichten. Vor allem bei Wind- und Solarenergie sowie Elektroantrieben für Fahrzeuge wird aktuell ökologisch-ökonomisches Potenzial innerhalb einer nachhaltigen Energiepolitik gesehen.

Für Manager und Wirtschaft habe bisher noch wenig Klarheit geherrscht, wie der Klimaschutz operativ umgesetzt werden würde, kritisiert Dr. Elisabeth Denison, Leiterin Research bei Deloitte. „Mit unserer Studie haben wir die Kernproblematik in einer Top-Down-Betrachtung analysiert und durch unsere Methodik eines branchenspezifischen Beschleunigungsfaktors greifbar gemacht. Unternehmen können so Emissionsreduktionen in operative Kosten- und Erlösplanungen überführen.“

Die Energiewirtschaft ist mit 40 % Anteil größter Emissionsemittent. In Deutschland sind etwa 230.000 Arbeitnehmer in diesem Sektor beschäftigt, der 2007 einen Umsatz von 120 Milliarden Euro erzielte. Bis zum Jahr 2020 will die deutsche Energiewirtschaft ihre Emissionen von heute 382 Megatonnen CO2 auf 303 Megatonnen reduzieren. Zudem soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 30 % der Bruttostromerzeugung steigen. Für die Branchenvertreter ist dabei trotz geringerer Wachstumsraten die Windenergie klarer Favorit, während andere Branchen eher auf Solarenergie setzen. Auch der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) attestieren die Teilnehmer ein großes Zukunftspotenzial. Insgesamt, so die Schätzung, wird der Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2020 etwa 64 Milliarden Euro kosten.

Neben der Energiewirtschaft sind vor allem die Sektoren Industrie und Verkehr für den Klimaschutz wichtig. In der Industrie sollen bis 2020 etwa 28 bis 32 Megatonnen CO2 gegenüber 2008 eingespart werden. Zwei Drittel davon könnten über Kernkraft erreicht werden. Dementsprechend schreiben die Umfrageteilnehmer diesem Instrument zusammen mit der Solarenergie das größte Potenzial zu.

Im Transportsektor müssen sich die Anstrengungen, durch innovativen Technologieeinsatz Emissionsreduktion zu erreichen, in den nächsten Jahren vervielfachen, da die Nachfrage nach Verkehrsleistung stetig wächst. Auch können innerhalb der nächsten 40 Jahre voraussichtlich maximal 5 % des PKW-Verkehrs auf Bus oder Schiene umgelegt werden. Insgesamt ist die Emissionsvermeidung in diesem Bereich am teuersten: Bis zu 500 Euro pro eingesparter Tonne CO2 können anfallen. Technologien wie das Elektroauto sowie strategische Allianzen von Energieversorgern, Automobilherstellern und Elektrotechnologie-Anbietern könnten nach Meinung der Befragten Abhilfe schaffen.

Die Gebäudewirtschaft mit einem Anteil von 17 % am gesamten CO2-Ausstoß ist der Dritte im Bunde. Sie hat von allen Sektoren bislang die höchste Emissionsreduktion erreicht. Dennoch müssen jährlich noch weitere 3 % Emissionen eingespart werden, um die Klimaziele zu erreichen. Alleinstellungsmerkmal dieses Sektors ist der kurze Planungshorizont, was sich auch im Vermieter-/Mieter-Dilemma widerspiegelt: Im in Deutschland vorherrschenden Mietermarkt haben Vermieter gesetzlich keine Möglichkeit, energiesparende Investitionen direkt auf ihre Mieter umzulegen. Das führt zum Investitionsstau.

Neben den genannten Branchen können auch Handel, Gewerbe, Dienstleistungen, private Haushalte, der Finanzsektor sowie Entwickler sogenannter Cleantech zur Energie- und Emissionseinsparung beitragen. Der Finanzsektor engagiert sich seit einiger Zeit verstärkt bei Projekten zur Emissionsreduktion. Lösungen liefern Technologien und Verfahren der Cleantech-Branche, die weltweit Vorbildcharakter haben und neue Märkte erschließen.

Rund 85 % der Befragten sehen eine Technologieführerschaft Deutschlands – allerdings glauben nur 56 %, dass sich diese auch in Unternehmensgewinne ummünzen lassen. Generell ist der Anteil derer, die einen deutlichen Einfluss der Low-Carbon-Society auf ihre Unternehmensfinanzen erwarten, in Umwelttechnologie, energieintensiven Industrien sowie der Energiewirtschaft am höchsten. Allgemein wird die Vorreiterrolle Deutschlands mit 71 % sehr positiv bewertet.

Einen ausführlichen Einblick in die Studienergebnisse bietet die aktuellen Ausgabe 11/2009 des Manager Magazins. Der komplette Report steht als kostenloser Download im Internet zur Verfügung.

(Deloitte/ml)