Interview in 'Die Zeit': Banker haben ein gestörtes Verhältnis zum Geld

Der frühere Investmentbanker Leonhard Fischer kritisiert in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit die politischen Ent­schei­dun­gen während der Finanzkrise. „Lehman pleitegehen zu lassen war eine richtige Entscheidung. Keine andere Bank pleitegehen zu lassen war die falsche. Ich gehöre zu einer sehr kleinen Minderheit, die das so sieht“, sagte der frühere Dresd­ner-Bank-Vor­stand. Es wäre besser gewesen, wenn Aktionäre und Investoren höhere Ver­lus­te erlitten hätten. „Ich halte es für einen schweren Fehler, dass wir uns aus der Krise einfach herausgekauft haben.“Die Diskussion über überhöhte Boni nannte Fischer legitim, er fügte aber hinzu: „Investmentbanking ohne Boni gibt es nicht. Das ist the nature of the beast. Man muss aber auch sehen, dass paradoxerweise gerade die Politik immer wieder dafür sorgt, dass der Bonustopf voll wird, weil die Kurse und Preise von Vermögensgütern ständig politisch manipuliert werden und das auf vielfältige Weise.“

Zu den Plänen des amerikanischen Präsidenten, der die Banken in ihre Schranken weisen will, sagte Fischer: „Die Vorschläge von Obama sind logisch und konsequent.“ Auf europäische Verhältnisse seien sie aber nicht unmittelbar zu übertragen.

Fischer, der auch im Vorstand der Schweizer Großbank Credit Suisse saß, ist heute Chef des Finanzinvestors RHJ International mit Sitz in Brüssel. Über seine Erfahrungen als Finanzinvestor in der Industrie sagte Fischer: „Für mich waren die vergangenen Jahre unheimlich lehrreich. Vielleicht sollten wir Banker öfter erleben, wie das ist, wenn man ein Unternehmen besitzt und der Umsatz bricht um 40 % ein. Und man kann nicht einfach die Zentralbank anrufen. Wir Banker haben doch bisweilen ein gestörtes Verhältnis zum Geld.“

Das ganze Interview kann in der aktuellen Ausgabe 5/2010 des Wochenblatts Die Zeit nachgelesen werden. Die Ausgabe liegt ab dem 28 Januar an den Kiosken aus.

(Die Zeit/ml)