Automobilbau: Aluminium- statt Kupferdrähte für das Bordnetz?

Spätestens seit Kriegsende werden in Deutschland so gut wie keine Aluminiumkabel mehr für elektrische Leitungen verwendet. Das hat vor allem zwei Gründe: Aluminium kriecht bei Belastung. D. h., es weicht unter höheren Temperaturen dem Druck von Kontaktfedern aus, Kupfer nicht. Außerdem leitet es nur rund zwei Drittel so gut wie Kupfer. Bei normalen Elektroleitungen stünden diesen gra­vie­ren­den Nachteilen kaum Vorteile gegenüber. Vor allem aber böte die besondere Stärke des Aluminiums – sein geringeres Gewicht – keinen wesentlichen Vorteil. Anders im Automobilbau.

Bei Fahrzeugen bedingt nämlich ein geringeres Gewicht auch immer einen geringeren Energieverbrauch. Vor allem für vollelektrische Fahrzeuge wäre der Umstieg auf das billigere und spezifisch leichtere Aluminium deshalb eine interessante Vorstellung. Außerdem steht jetzt die Optimierung des verzweigten Elektrobordnetzes ohnehin im Fokus der Ingenieure.

In Zusammenarbeit mit Forschern bei BMW haben Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) nun herausgefunden, mit welchen Tricks es möglich ist, Kupfer durch Aluminium zu ersetzen.

Wenn man bedenkt, dass Aluminium leichter und wesentlich kostengünstiger als Kupfer ist, muss man sich fragen, warum in modernen Kraftfahrzeugen mit elektrischem Antrieb nach wie vor auf das Leitermaterial Kupfer gesetzt wird. Tatsächlich muss man aber zunächst einige technologische Hürden überwinden, will man in der Elektrik Kupfer durch Aluminium ersetzen. Vor allem bei höheren Temperaturen, wie sie auch im Auto an vielen Stellen auftreten, zeigt Aluminium ein deutliches Kriechen. Konventionelle Verbinder sind daher nicht einsetzbar, sie wären nicht dauerfest.

Auch eine mögliche Alternative, der Einsatz von Aluminium in den Kabeln und Kupfer bei den Verbindungszonen ist keine Lösung. Da zwischen dem Kupferkontakt und dem Aluminiumkabel ein großes elektrochemisches Potenzial entstünde, wären solche Kabel stark korrosionsgefährdet. Darüber hinaus ist das Verbinden (Fügen) von Kupfer und Aluminium mit heutiger Technik recht aufwendig. Nun aber entwickelten Forscher der Lehrstühle für Hochspannungs- und Anlagentechnik sowie für Umformtechnik und Gießereiwesen in Kooperation mit dem bayerischen Autohersteller BMW im Rahmen des Projekts LEIKO ein innovatives Kontaktierungskonzept auf Aluminiumbasis, bei dem ein Stahlblechkäfig die mechanische Stabilisierung des Steckers übernimmt und so eine langzeitstabile Verbindung schafft. Die Lebensdauer derartiger Verbindungen soll mach Angaben der Erfinder zehn Jahre betragen.

Ein weiteres Problem bei Aluminium ist die geringere elektrische Leitfähigkeit. Besonders für Leistungsbordnetze müssen die um etwa 60 % größeren Leitungsquerschnitte bei der Konstruktion von Kabelkanälen und Durchführungen berücksichtigt werden. Allerdings, so fanden die Forscher heraus, können die Richtwerte aus der Verarbeitung von Kupferkabeln, die die Biegeradien in Abhängigkeit zum Durchmesser setzen, für Aluminiumkabel ebenfalls verwendet werden, da Aluminium eine ähnlich gute Biegsamkeit besitzt wie Kupfer.

Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Ersatz von Kupfer durch Aluminium erhebliche Gewichts-, Kosten- und letztlich auch Emissionsvorteile ermöglichen würde. Professor Udo Lindemann vom Lehrstuhl für Produktentwicklung der TU München, rechnet damit, „dass bis 2020 die Hochvoltbordnetze der meisten Elektrofahrzeuge auf Aluminium basieren“ werden. Lindemann weiter: „Auch in die Niedervoltbordnetze wird Aluminium Einzug halten, da der Kupferpreis mit zunehmender Nachfrage signifikant weiter steigen wird“.

(Technische Universität München / ml)