Japan: Fukushima und die Folgen für das Ökosystem Meer

Während sich die Lage am japanischen Unglückskraftwerk in Fukushima auf weiterhin kritischem Niveau zusehends stabilisiert, werden erste Messwerte für radioaktive Stoffe in Umweltproben bekannt. Allerdings gibt es noch immer keine offiziellen Messdaten der japanischen Behörden. In einer japanischen Pressemeldung wird lediglich erwähnt, dass rund 100 Meter vom Kraftwerk entfernt im Meer die japanischen Grenzwerte für radioaktives Jod 131 um das 126-Fache und jene für Cäsium-134 und Cäsium-137 um das 25- bzw. 16,5-Fache überschritten werden.

Leider wird in der Pressemeldung nicht angegeben, wie hoch der Grenzwert ist oder welcher Grenzwert zur Anwendung gekommen ist. Aus diesem Grund gehen die Wissenschaftler des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI) von den Grenzwerten für Lebensmittel aus. Diese liegen in Japan bei 2000 Becquerel (Bq) pro Kilogramm für Jod-131 und bei 500 Bq pro Kilogramm für radioaktive Cäsium-Isotope.

Da sich Kontaminationen im Wasser aber sehr schnell verteilen, bleiben die Wissenschaftler bei ihrer bisherigen Einschätzung, dass im Pazifik keine gravierenden Kontaminationen in Fischen zu erwarten sind.

Als Beleg für diese Einschätzung liegen den deutschen Forschern Daten von ihren britischen Kollegen vor, die diese routinemäßig in der Umgebung der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield erheben. Dort wurden zwischen 1965 und 1985 jährlich beachtliche Aktivitäten an radioaktivem Cäsium mit dem Abwasser in die Irische See eingeleitet. Der Spitzenwert wurde Mitte der 1970er Jahre mit über 5000 TBq pro Jahr (1 TBq = 1 Billion Bq) gemessen. Gegenüber diesen großen Mengen an eingeleitetem Cäsium sind die langfristigen Folgen für die Fischfauna in der Irischen See als minimal zu bewerten.

Aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2008 zeigen bei Kabeljau aus der Irischen See eine maximale Kontamination von 10 Bq pro Kilogramm. Dies entspricht dem maximalen Kontaminationswert für Ostseedorsch, wobei dessen Belastung nach wie vor auf den Reaktorunfall von Tschernobyl zurückzuführen ist (der Grenzwert für im Zuge des Tschernobyl-Unfalls kontaminierte Lebensmittel liegt in der EU bei 600 Bq pro Kilogramm).

Auf den Pazifik bezogen gehen die vTI-Wissenschaftler davon aus, dass die Cäsium-Aktivitätswerte im Fisch deutlich unter den Werten der Irischen See und der Ostsee bleiben werden. Trotz der jetzt gemessenen hohen Werte im Meerwasser unmittelbar am Reaktor erwartet man im vTI allenfalls geringe Kontaminationen im Fisch aus der Nähe des Reaktors, aber praktisch keine Kontaminationen zum Beispiel im Fanggebiet des Alaska-Seelachses in der Beringsee oder in anderen Bereichen des Pazifiks.

(Johann Heinrich von Thünen-Institut / ml)