Dienstleister der Informationsgesellschaft: E-Commerce für Einkauf hui, für Vertrieb pfui?

Electronic Commerce (E-Commerce) sollte für die Branchen der sogenannten Dienst­leis­ter der Informationsgesellschaft eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein – möchte man meinen. Dem ist aber wohl nicht so. Entsprechend einer Umfrage des Zentrums für Euro­päische Wirtschaftsforschung (ZEW) und der Wirtschaftsauskunftei Creditreform vom März dieses Jahres hat sich die Nutzung von E-Commerce bei der Beschaffung von Vor­leis­tungen weit stärker durchgesetzt als im Vertrieb der eigenen Produkte und Dienst­leistungen.

Bei dieser Umfrage gaben knapp 64 % der Unternehmen an, im Jahr 2010 Produkte oder Dienstleistungen über das Internet bestellt zu haben. Dagegen verkauften im Jahr 2010 nur rund 29 % der Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen auch über das Internet.

Das sind relativ überraschend niedrige Anteile, gehören zu den Unternehmen des Wirtschaftszweigs Dienstleister der Informationsgesellschaft neben wissensintensiven Dienstleistern (Unternehmen der Branchen Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung, Architekturbüros, technische Beratung und Planung, Forschung und Entwicklung sowie Werbung) doch auch IKT-Dienstleister (Unternehmen der Branchen Software und IT-Dienste, IKT-Fachhandel sowie Telekommunikationsdienste), die ihrerseits tagtäglich digitale Techniken und Medien anderen Branchen andienen.

Tatsächlich verbergen sich hinter den niedrigen Anteilen zwei deutlich unterschiedlich stark in E-Commerce engagierte Branchengruppen. „Die Unternehmen der Branche Software und IT-Dienste sind mit 81 % führend bei der Beschaffung über das Internet, während die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mit rund 48 % das Schlusslicht bilden“, erklärt Kiruna Sarbu, Wissenschaftlerin am ZEW.

So liegen die Telekommunikationsdienstleister hinsichtlich der Nutzung von E-Commerce für den Verkauf eigener Produkte oder Dienstleistungen im Jahr 2010 weit vorne. Knapp 58 % von ihnen bieten ihren Kunden die Möglichkeit, Bestellungen über das Internet aufzugeben.

Am geringsten verbreitet ist der Einsatz von E-Commerce für den Verkauf eigener Produkte oder Dienstleistungen erneut bei den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern mit lediglich 12 % der Unternehmen.

Insgesamt 17 % der Unternehmen des Wirtschaftszweigs beziehen auch Leistungen über das Internet aus dem Ausland. Vor allem die Telekommunikationsdienstleister und die Unternehmensberater sind mit jeweils 27 % der Unternehmen, die E-Commerce hierzu nutzen, überdurchschnittlich stark engagiert, während die technischen Berater und Planer sowie die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mit rund 7 beziehungsweise 6 % die hintersten Plätze belegen.

Ganz ohne Widersprüche ist das Engagement in E-Commerce des Wirtschaftszweigs allerdings nicht: Mit nur rund 6 % der Unternehmen des Wirtschaftszweigs verkaufen wesentlich weniger Unternehmen ihre Produkte und Leistungen über das Internet auch ins Ausland. Der IKT-Handel ist hier zwar Spitzenreiter mit etwa 19 % der Unternehmen, die angeben, ihre Produkte oder Dienstleistungen auch über das Internet ins Ausland abzusetzen – besonders hoch erscheint dieser Anteil dennoch nicht. Am wenigsten verbreitet ist der Verkauf von Leistungen über das Internet ins Ausland bei den technischen Beratern und Planern. Nur jeder Hundertste vertraut hier auf das Internet.

(Creditreform / ml)