Fachkräftemangel: Jetzt die Reserven des Arbeitsmarkts mobilisieren!

Holger Schwannecke, ZDH
Holger Schwannecke, ZDH

Die Aufträge boomen, aber die für die Bearbeitung nötigen Mitar­beiter reichen kaum aus, weil fachlich qualifizierte und geeignete Nachwuchskräfte nur schwer zu finden sind. Zahlreiche mittelstän­dische Unternehmen müssen bereits den einen oder anderen Auf­trag mangels Personal ablehnen. Die demografische Vergreisung verschärft die Situation zusätzlich. Deshalb gilt es jetzt, alle Ar­beitskraftreserven in Deutschland zu mobilisieren. Wir sprachen mit Holger Schwannecke, dem Generalssekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) über das Problem und mögliche Lösungen.

Tatsächlich existieren noch eine ganze Reihe von personellen Potenzialen, die erschlossen werden können. So setzen laut einer Befragung durch den ZDH 53 % der Unternehmen vor allem auf die Qualifizierung der bereits vorhandenen Belegschaft.

Ein weiteres Potenzial, das durch Qualifizierung mobilisiert werden kann, besteht aus dem Heer der Jugendlichen mit abgebrochener Schulausbildung. Nicht jeder Jugendliche, der die Schule ohne Abschluss verlassen hat, ist ein hoffnungsloser Fall. Viele von ihnen können mit entsprechender Förderung – notfalls durch Helfer, die Struktur in den Alltag der Jugendlichen bringen – durchaus eine Ausbildung schaffen. Nicht selten werden gerade sich später zu wertvollen Mitarbeitern, weil sie gelernt haben, sich durchzubeißen.

Unternehmen können aber auch im Ausland um Arbeitskräfte werben. In erster Linie gilt das für Osteuropa. Gerade unter qualifizierten Arbeitskräften hat in den letzten Jahren die Bereitschaft, nach Deutschland zu gehen, mit der Stärkung der Wirtschaftskraft im eigenen Land allerdings stark nachgelassen, wie das Beispiel Polens zeigt. Ob die neue Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber Osteuropa eine spürbare Entlastung für den Fachkräftemangel bringen wird, ist deshalb noch offen.

Dass derzeit auch die südeuropäischen Länder Griechenland, Spanien und Portugal ein beachtliches Potenzial an gut ausgebildeten und hochmotivierten jungen Leuten bietet, ist indes noch kaum in das Bewusstsein der deutschen Unternehmen gedrungen. Dabei hat eine Tätigkeit in Deutschland in den Familien der arbeitsuchenden jungen Griechen, Spanier und Portugiesen durchaus eine positive Tradition, an die angeknüpft werden könnte.

(ml)