Fischerei: Europas Fischereipolitik, eine ökologische Katastrophe

Die Fischereiindustrie Europas – und vor allem Deutschlands – gibt sich gerne ökologisch aufgeschlossen. Raubbau betreiben nur die anderen. Die Realität indes schaut anders aus. Das behauptet Dr. Rainer Froese vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), Fischereibiologe und Mitglied im Kieler Exzel­lenz­cluster Ozean der Zukunft. Er analysierte für das international re­nom­mierte Wissenschaftsmagazin Nature die europäische und deutsche Fischereipolitik der vergangenen Jahrzehnte – mit ver­hee­renden Ergebnissen: So verhindere in Europa eine starre Allianz aus Lobbygruppen, Landwirtschaftsministerien und nationalen Fischerei­verwaltungen seit Jahrzehnten echte Reformen.

Mehr noch: Die gemeinsame Fischereipolitik Europas halte die Fischbestände vorsätzlich an der Grenze zum Kollaps. Froese warnt: „Fischer haben Mühe, die wenigen verbleibenden Fische zu fangen, und Verbraucher zahlen für ihren Speisefisch doppelt, weil ohne hohe Subventionen aus Steuergeldern Fischerei nicht mehr rentabel wäre“.

Auch mit der deutschen Fischereipolitik geht Froese hart ins Gericht und klagt, den deutschen Fischen gehe es oft noch schlechter als ihren Nachbarn. Die Ursache liege in dem weit überhöhten Fischereidruck auf die deutschen Bestände, den Deutschland Jahr für Jahr auf Drängen der Fischereilobby in Brüssel durchgesetzt habe. Dabei hatte Froese zusammen mit Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern des Ozeans der Zukunft bereits in den vergangenen Jahren Pläne vorgelegt, die eine Erholung der Fischbestände mit einem gesteigerten Ertrag für die Fischer verbinden. „Beispiele aus Neuseeland, Australien und den USA zeigen, dass es funktioniert“, betont Froese.

Am 13. Juli will die Europäische Kommission Reformpläne für ihre Fischereipolitik vorlegen, die nach Froeses Einschätzung einen großen Schritt in die richtige Richtung darstellen. So sollen die Fischer nicht mehr gezwungen werden, gute Speisefische aus rein bürokratischen Gründen tot über Bord zu werfen.

Allerdings geht Froese die Reform nicht weit genug: „Eine vollständige Erholung der Bestände und Gesundung der Fischerei wird mit den vorgeschlagenen Fangregeln nicht möglich sein.“ Froese befürchtet jedoch, dass die positiven Elemente des Reformvorschlags der EU-Kommission von den Landwirtschaftsministern entkräftet werden.

Ein zweiseitiger (englischsprachiger) Beitrag von Dr. Rainer Froese mit Vorschlägen zu einer nachhaltigeren Fischerei mit dem Titel Save the fish: attempts to change European fisheries management, der im IFM-GEOMAR Report 2010 erschienen ist, steht per Download kostenfrei zur Verfügung.

(Leibniz-Institut für Meereswissenschaften / ml)