IfM-Studie: Arbeitnehmerfreizügigkeit dämpfte Gründungslust

Nach neuesten Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) wurden in Deutschland im Jahr 2011 rund 401.500 Existenzen gegründet. Das sind 3,9 % weniger als 2010. Dabei gingen die Kleinbetriebsgründungen um 4,1 % und die Betriebsgründungen von Hauptniederlassungen um 2,2 % zurück. Für diese Entwicklung gab es zwei Ursachen: zum einen eine boomende Konjunktur und zum anderen die Einführung der vollen Arbeitnehmer­freizügigkeit für die Bürger der acht, 2004 der EU beigetretenen Länder Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen (EU-8-Staaten).

Dass in Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs die Zahl der Gründungen abnimmt, weil es weniger Arbeitslose gibt, die sich aus der Not heraus selbstständig machen, ist ein bekanntes Phänomen. 2011 dürfte aber noch eine zweite Ursache hinzugekommen sein: Bis 2011 war die Arbeitnehmerfrei­zügigkeit für Bürger der EU-8-Staaten beschränkt. Wollten Arbeitskräfte aus den EU-8-Staaten in Deutschland arbeiten, mussten sie z.B. eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen. Im Jahr 2005 gründeten daher rund 35.400 zugewanderte Bürger dieser acht Staaten in Deutschland ein Unternehmen, 2010 waren es bereits rund 52.500.

Ganz anders im Jahr darauf: 2011 ging die Zahl der Unternehmensgründer aus den EU-8-Staaten gegenüber dem Vorjahr um 5,3 % auf rund 49.700 zurück. Dass es sich dabei um keinen generellen Trend handelte, beweist der gleichzeitige Anstieg der übrigen ausländischen Unternehmensgründer um 14,3 %. Die Experten des IfM erwarten, dass sich diese Entwicklung 2012 fortsetzen wird.

Die Zahl der Liquidationen sank 2011 gegenüber dem Vorjahr nur um 0,2 % auf rund 383.300. Zwar stieg die Zahl der Kleingewerbeaufgaben um 1,1 %. Gleichzeitig sank aber die Zahl der Betriebsaufgaben von Hauptniederlassungen um 2,1 %. Wie die Analyse zeigt, blieben auch die Marktaustritte von dem Wegfall der beschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht unbeeinflusst. So haben Gewerbetreibende aus den EU-8-Staaten deutlich häufiger als im Vorjahr (23,3 %) ihre gewerblichen Aktivitäten aufgegeben (Veränderung 2010/2009: 7,6 %). Dieser Anstieg der Liquidationen durch Bürger aus den EU-8-Staaten entfiel ausschließlich auf das Kleingewerbe.

Kennzahlen zu den Gründungen, Liquidationen und Insolvenzen in Deutschland stehen kostenfrei online zur Verfügung. Die 2012 überarbeitete, ausführliche Analyse Gründungen, Liquidationen, Insolvenzen 2010 in Deutschland der Daten bis 2010 ist per Download ebenfalls kostenfrei im Internet erhältlich. (Quelle: IfM Bonn/ml)