Fleischwirtschaft: New York streitet um die deutsche Wurst

In der internationalen Ausgabe von Munchies ist eine Schlacht um die deutsche Wurst ausgebrochen. Nachdem Phillip Turo zu einem illustrierten Rundumschlag gegen den Fleischfachverkauf ausgeholt hatte („The Saddest Part of German Cuisine Lives Behind the Deli Counter“), konterte Giulia Pines gestern mit einer Hymne auf das Fleischer- und Metzgerhandwerk.

Das Fotomaterial, das Turo im Anfang April 2014 gestarteten VICE-Kanal vorlegt, ist zugegebenermaßen nicht sonderlich appetitanregend. Entscheidend ist für die Argumentation von Pines aber, dass der Berichterstatter am falschen Ort gesucht hat: im Supermarkt. Dort wird vor allem eine große Auswahl bei gleich bleibender Qualität erwartet, was Spezialitäten in kleinen Tranchen eher ausschließt. Ihr Fazit:

„Der traurigste Teil der deutschen Küche haust freilich an der Theke des örtlichen Supermarkts, aber die fröhlichsten Deutschen sind die, die wissen, dass man dort keine Wurst kauft.“

Wo denn dann? Klare Antwort: Beim Handwerk, bei Traditionsbetrieben und bei Nischenmarktführern wie der Berliner Blutwurstmanufaktur. Dort liegt im Übrigen auch einer der beiden Punkte, die an Pines’ Delikatessenrundfahrt zu ergänzen wären: Ihre Reise führt sie nahezu ausschließlich zu Gewährsleuten der Bundeshauptstadt (darunter auch Hendrik „Wurstsack“ Haase). „Deutsche Wurst“ ist aber in Wirklichkeit wohl ein nahezu extensionsleerer Begriff – es gibt stattdessen eine ausgeprägt regionale Küchenkultur. Eine fränkische Metzgerei und ein niedersächsischer Fleischer haben außer dem Schwarzwälder Schinken wenig gemeinsam. Damit wäre der zweite Kritikpunkt erreicht: Außerhalb der Großstädte legt die regionale Küchenkultur durchaus an der örtlichen Edeka-Theke.

Das Problem des „Wurstkulturniedergangs“, das Munchies beklagt, liegt wohl weniger im Know-how und im eigentlichen Handwerk, als in der gewandelten Zielgruppenorientierung, durch die Fleischerfachgeschäfte zum Schnellrestaurant werden: Die „heiße Theke“ für die Mittagslaufkundschaft boomt und der Umsatzanteil von Frikadellen, Aufschnitt im Brötchen und anderer Ofenware auf die Hand ist heute für das Überleben des Geschäfts entscheidend. Wie es an der Wursttheke aussieht, hängt dagegen erfahrungsgemäß von den Kochkünsten vor Ort ab. Faustregel: Wo die Leute damit umzugehen wissen und Zeit zum Kochen und Braten haben, gibt es auch Bries, Zunge und Innereien, gibt es auch gute Wurst. Die zuständige Fachmesse InterMeat in Düsseldorf findet heuer übrigens von 21. bis 23. September statt. (fe)