Finanzkrise ergreift österreichischen Mittelstand

Dass die Finanzmarktkrise nun auch den Mittelstand unseres südlichen Nachbarn erfasst, zeigt die halbjährlich erscheinende und heute vorgestellte Herbststudie der Creditreform zur Wirtschaftslage in Österreich. Waren die österreichischen Unternehmer vor einem Jahr so optimistisch gestimmt wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr, geben die Bewertungen aktuell deutlich nach. Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen sei allerdings nach wie vor hoch, loben die Experten.

Die Stimmung im österreichischen Mittelstand hat sich weniger deutlich eingetrübt: Gaben im vergangenen Herbst zwei Drittel (66,4%) der Befragten der Geschäftslage ihres Unternehmens die Noten sehr gut oder gut, so sind es aktuell noch 58,7%. Die Zahl der Unternehmen, die mit mangelhaft oder ungenügend urteilen verdoppelte sich hingegen auf 8,0% (Vorjahr: 4,1%).

Die Umsatzergebnisse haben sich verschlechtert: Konnten im Herbst 2007 mehr als die Hälfte (54,4%) der Befragten auf gestiegene Umsätze verweisen, so sind es jetzt nur noch 39,5%. Knapp jedes zehnte Unternehmen leidet unter Umsatzeinbrüchen (19,3%; Vorjahr: 11,8%). Unbeeindruckt von Umsatzeinbußen zeigt sich allein die Bauwirtschaft: Zwar stieg auch hier der Anteil an Betrieben, die Rückgänge zu verkraften haben (von 7,8 auf 10,9%) an, allerdings stieg auch die Zahl der Baubetriebe, die auf mehr Umsatz als noch vor einem Jahr verweisen können, und zwar von 46,9 auf aktuell 48,2%.

Allerdings bricht die Personalsituation erkennbar ein: 30,6% der Unternehmen haben innerhalb des vergangenen halben Jahres ihren Personalbestand ausbauen können. Das waren exakt 10 Prozentpunkte weniger als noch vor einem Jahr. 14,7% hingegen mussten sich von Mitarbeitern trennen – im Herbst 2007 waren es 10,6%. Innerhalb des kommenden halben Jahres wollen nur noch 16,1% Neueinstellungen vornehmen. Vor einem Jahr waren es noch knapp 10 Prozentpunkte mehr, nämlich 25,8%. 17,7% rechnen damit, ihren Personalbestand verkleinern zu müssen – das sind 7 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Herbst.

Auch die Ertragserwartungen im Mittelstand haben merklich nachgegeben. So sehen sich aktuell nur noch 30,7% der Unternehmen in der Lage, mehr Erträge zu erwirtschaften, nachdem es im Herbst 2007 noch 45,9% gewesen waren. Ertragseinbußen befürchtet mehr als jeder vierte Betrieb (26,6%) – im Vorjahr waren es nur 12,4%.

Die Investitionsbereitschaft der befragten mittelständischen Betriebe in Österreich hat sich nur leicht verschlechtert. Gaben im vergangenen Jahr 58,3% der Unternehmen an, innerhalb der kommenden sechs Monate Investitionen tätigen zu wollen, so sind es aktuell 55,1%. Auch die Zahl der Unternehmen, die ihren Betrieb erweitern wollen, sank nur leicht von 48,9 auf 47,5%. Investitionen in den Ersatz alter Anlagen und Maschinen planen 67,1% (Vorjahr: 62,3%).

Die Zahl der hohen Forderungsverluste von mehr als einem% im Verhältnis zum Umsatz ist leicht rückläufig und beträgt heuer 8,1% nach 8,4% im Herbst 2007. Der Bau und die Dienstleistungsunternehmen konnten ihre hohen Ausfälle im Jahresverlauf reduzieren: Während es im Bau von ehemals 11,7 auf 7,7% nach unten ging, leiden aktuell nur noch 9,1% der Dienstleistungsbetriebe unter Forderungsausfällen von mehr als einem% im Verhältnis zum Umsatz (Vorjahr: 13,4%).

Die Unternehmensinsolvenzen sind in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres noch einmal zurückgegangenen – allerdings zeigt der Rückgang bereits Bremstendenzen. So lag im vergangenen Jahr der Rückgang noch bei 4,0%, während die aktuelle Abnahme nur noch 0,7% beträgt.

Die Zahl der ausreichend kapitalisierten Betriebe (mehr als 30% im Verhältnis zur Bilanzsumme) stieg im Jahresverlauf leicht um 0,9 Prozentpunkte auf 34,2% an. Unterkapitalisiert (weniger als 10% Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme) sind nur noch 23,2% der Befragten, nachdem es vor einem Jahr noch 0,6 Prozentpunkte mehr waren. Allein der Handel konnte die Hochkonjunktur des vergangenen Jahres nutzen, um Eigenkapital aufzubauen: Hier stieg der Anteil der gut kapitalisierten Unternehmen um 2,8 Prozentpunkte auf 41,9% an. Gleichzeitig nahm die Zahl der unterkapitalisierten Betriebe um 3,4 Prozentpunkte auf 22,0% ab.

Mehr als die Hälfte (53,3%) der befragten Unternehmen in Österreich sind in Form von Import, Export oder Direktinvestitionen im Ausland aktiv. Insbesondere die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes (71,9%) geben an, Auslandsaktivitäten zu betreiben. Immerhin knapp zwei Drittel der Großhändler (64,5%) handeln ebenfalls mit dem Ausland, wohingegen die Bauunternehmer (14,2% gaben an, im Ausland aktiv zu sein) eher regional aufgestellt sind.

Die Studie steht als kostenloser Download zur Verfügung.

(Creditreform/ml)