5G in Österreich: Wie Österreich mit 5G in Führung geht

Austria macht es vor: Als in Deutsch­land die Auktion um die 5G-Frequenzen noch in vollem Gange war, gingen im Nach­bar­land Öster­reich bereits die ersten 5G-Sender an den Start. In einigen Orten des Landes können in­zwischen sogar schon private Nutzer mit der neuen Mobil­funk­techno­logie ins Netz.

Also bitte: 5Geht doch!

Von Dirk Bongardt

Österreich gehört zu Europas Pionieren beim 5G-Mobilfunknetz. Schon am 26. März 2019 gingen die ersten 25 Sendestationen in Betrieb – in Deutschland war die Auktion zur Vergabe der benötigten Frequenzen da gerade erst eine Woche in Gang.

Drei gibt Gas, der Rest folgt

Zwar kann von einer flächendeckenden 5G-Versorgung noch keine Rede sein – anders als ein Social-Media-Verantwortlicher der Regierungspartei ÖVP es im September sehr voreilig twitterte – aber seit dem verheißungsvollen Start hat sich bereits einiges getan: Im Juni setzte Telekommunikationsanbieter Drei in Linz das erste zusammenhängende 5G-Netz Österreichs in Betrieb, im August folgten die Region Wörthersee und der Großraum Wörgl in Tirol. Inzwischen sind auch in Wien einige Stadtgebiete dazu gekommen, namentlich die Seestadt Aspern und Teile von Floridsdorf.

Seit Ende September können Österreicher jetzt bei Drei den ersten frei verfügbaren 5G-Tarif samt 5G-Router für daheim buchen. Wer in einem der Gebiete wohnt, die Drei mit 5G versorgt, muss dafür allerdings noch recht tief in die Tasche greifen: Für den Spitzentarif PowerNet XXXL mit 1 GBit/s und Festnetzrouter sind 99 Euro pro Monat fällig. Für etwa den halben Preis gibt es bei Drei aber immerhin auch schon Bandbreiten bis zu 500 Mbit/s.

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Am 19. September 2019 erklärte Drei-CEO Jan Trionow Wien zu einer der ersten 5G-Städte Europas, zumindest die Seestadt Aspern und Teile von Floridsdorf. Der Router, den Digitalisierungsstadtrat Peter Hanke hält, ist ein ZTE MC801. (Bild: Hutchison Drei Austria)

Ab 2020 will auch A1 (Telekom Austria) mit dem kommerziellen Betrieb des 5G-Netzes beginnen. Österreicher können dort bereits einen „5G-ready“-Vertrag schließen. Solche Verträge will A1 dann automatisch und ohne Tarifwechsel umstellen, sobald am Standort des Kunden 5G zur Verfügung steht. Die entsprechende Hardware – 5G-Net-Cube genannt – tauscht der Telekommunikationsanbieter dann ebenfalls aus.

Magenta Telekom hat ebenfalls bereits 5G-Mobilfunkstationen in Betrieb genommen. Dabei hat sich die Tochter der Deutschen Telekom auf 17 überwiegend ländliche Gemeinden konzentriert. Eine Reihe von Kunden nutzt das 5G-Netz bereits an diesen Standorten – im „Echtbetrieb“, aber eben doch vorerst noch experimentell. Die Erfahrungen, die Magenta Telekom an diesen Standorten sammelt, will das Unternehmen dann in seine Ausbaustrategie einfließen lassen.

Serie: 5G-Mobilfunk
Teil 1 setzt beim Bandbreitenbedarf an, der durch die Decke schießt. WLAN und Mobilfunk liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Zielgeraden zu 10 GBit/s. Teil 2 schildert den Stand der Standards und interessiert sich eingehend für die Konsortien der Entwicklung. Teil 3 begibt sich auf die technische Seite. Es geht um die Grundlagen der 5G-Netze, um Ping-Zeiten und Frequenzen. Teil 4 schließlich erläutert den Stand der Dinge kurz vor der Frequenzversteigerung 2019. Drei Sonderberichte widmen sich der Möglichkeit von 5G-Campus-Netzen, berichten vom letzten Stand der 5G-Frequenzauktion und untersuchen, welche Berufe für den Netzaufbau gebraucht werden. Zum Schluss lohnt noch ein Blick nach Österreich: Dort gibt es 5G schon.

Drei große, vier kleine Anbieter

Neben den drei großen Anbietern Drei, Telekom Austria und Magenta Telekom haben auch vier kleinere Telekommunikationsunternehmen auf regionaler Ebene den Zuschlag für eine Reihe von 5G-Frequenzen bekommen: Die Salzburg AG, namensgetreu hauptsächlich in Salzburg aktiv, die Holding Graz in der Steiermark, die Liwest in Oberösterreich und Spusu in Niederösterreich und im Burgenland. Letzterer will vor allem schlecht versorgte Gemeinden im ländlichen Raum versorgen. Gegenüber dem Magazin Horizont sagte Spusu-Geschäftsführer Franz Pichler: „Wir liegen gut im Zeitplan und gehen davon aus, dass wir in den nächsten zwölf Monaten die Tests abgeschlossen und die ersten 5G-Sender in den Gemeinden angebracht haben – sprich in vereinzelten Regionen 5G anbieten können.“ Neue Tarife will Spusu nach Pichlers Worten dafür nicht schaffen. Ab Verfügbarkeit sollen alle Spusu-Kunden automatisch 5G nutzen können, ohne dafür mehr zu bezahlen. Mehr Umsatz verspricht sich der Spusu-Boss vor allem durch mehr Kunden, die das hohe Interesse an 5G zu seinem Unternehmen locken soll.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Heise-Beilagenreihe „IT-Unternehmen aus Österreich stellen sich vor“. Einen Überblick mit freien Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.

Auch die österreichischen Telekommunikationsunternehmen mussten sich die benötigten Frequenzen in einem Auktionsverfahren sichern. Verglichen mit den in Deutschland gebotenen Summen nahm sich das Resultat aber bescheiden aus: Mit 64 Millionen Euro gab Telekom Austria den höchsten Betrag aus, gefolgt von Magenta mit 57 Millionen und Drei mit 52 Millionen. Insgesamt brachte die Auktion dem österreichischen Staat 188 Millionen Euro ein. Das war einerseits mehr als erwartet, andererseits mutet das Ergebnis der Auktion den Telekommunikationsanbietern keine finanziellen Belastungen zu, die einem zügigen Ausbau des 5G-Netzes im Wege stünden.

Drei Ausrüster im Fokus

Wer die für den Netzausbau nötige Ausrüstung liefern soll, beantwortet jeder der drei großen Telekommunikationsanbieter anders. Trotz massiven Drucks aus den USA ist der chinesische Ausrüster Huawei aber mit allen dreien im Geschäft. Bei Magenta hat man sich früh dafür entschieden, seine Netzwerkkomponenten ganz überwiegend dort zu beziehen. Die Telekom Austria verzichtet ebenfalls nicht auf Teile des chinesischen Ausrüsters, setzt beim Netzausbau aber überwiegend auf den finnischen Ausrüster Nokia. Und Drei, das zu den Hongkonger Hutchinson Holdings gehört, hat sich zur hauptsächlichen Zusammenarbeit mit einem anderen chinesischen Ausrüster entschieden, mit ZTE.

Umstritten ist die Zusammenarbeit der Netzbetreiber mit Huawei nach wie vor. Mehr als einmal mussten sich österreichische Regierungsvertreter dem diplomatischen Druck aus den USA stellen. Die befürchten, Huawei könne Spionage betreiben und sei gar per Gesetz verpflichtet, mit der chinesischen Regierung zu kooperieren. Beweise für Hintertüren in der von Huawei gelieferten Ausrüstung oder Ähnliches konnten die US-Diplomaten allerdings bislang nicht liefern. Huawei weist die Vorwürfe deshalb auch vehement zurück. Aus Sicht der Unternehmensführung sind diese Vorwürfe ein weiterer Akt im von US-Präsident Donald Trump initiierten Handelskrieg.

In der Tat würde es den chinesischen Ausrüsterriesen empfindlich treffen, bräche der europäische Markt weg. Wie Vorstand ChaoBin Yang, 5G-Chef des Konzerns, und Austin Zhang, PR-Verantwortlicher für die CEE-Region, bei einem Presse-Roundtable im September erklärten, ist – von China selbst einmal abgesehen – der europäische Markt das wichtigste Absatzgebiet für Huawei, und der Fokus liegt hier nicht auf dem Smartphone-Markt (auf dem Huawei wegen des Hin und Hers in der Zusammenarbeit mit Google ebenfalls unter Druck geraten ist), sondern ganz eindeutig auf dem Aufbau der 5G-Netzwerkinfrastruktur.

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A1 weiß, dass die massiven Daten aus dem „5Giganetz“ irgendwann durchs Kabel müssen, und baut darum das Glasfasernetz aus. (Bild: A1)

Wohl auch deshalb forciert Huawei seine Bemühungen, auch und gerade in Österreich. Bei dem eben erwähnten Roundtable gaben die Huawei-Verantwortlichen unter anderem bekannt, das Unternehmen werde in Wien ein Forschungs- und Entwicklungszentrum eröffnen. Die Standort- und Mitarbeitersuche sei bereits im Gange. Huawei betreibt weltweit bislang 14 Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen mit insgesamt 80.000 Mitarbeitern. Jährlich soll das Unternehmen bislang 15 bis 20 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung investieren. Welchen inhaltlichen Schwerpunkt das Forschungszentrum in Wien bekommen soll, ist allerdings noch nicht bekannt.

Drei Stationen bis 5G

Die österreichische Regierung hat einen ehrgeizigen Fahrplan vorgelegt, was den zügigen Ausbau des 5G-Netzes betrifft: So sollen zunächst bis Ende 2020 fast flächendeckend 100-MBit-Anschlüsse als Voraussetzung für das schnelle Mobilfunknetz verfügbar sein, bis Ende 2023 soll es 5G auf den Hauptverkehrsverbindungen geben und bis Ende 2025 in ganz Österreich. 98 % der Haushalte sollen das superschnelle mobile Internet dann nutzen können.

Die Netzbetreiber sind zuversichtlich, diesen Fahrplan einhalten zu können. „Das Ziel der Bundesregierung, 2025 in Österreich überall 5G verfügbar zu machen, halte ich für sehr realistisch. Österreich übernimmt bei 5G eine Vorreiterrolle in ganz Europa“, sagte Telekom Austria-Chef Thomas Arnoldner dem Handelsblatt.

Der Fahrplan ist allerdings nicht nur technisch herausfordernd. Viele Bürger sorgen sich wegen einer vermeintlich steigenden Strahlenbelastung durch den 5G-Ausbau. Zwar gehen fast alle internationalen Expertengruppen davon aus, dass die elektromagnetischen Felder – auch im 5G-Frequenzbereich – keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen haben. Bisher wurde de facto keine Gesundheitsbeeinträchtigung durch Strahlung von Handymasten festgestellt. Es gibt in diesem Bereich aber kaum Studien. Schon jetzt häufen sich deshalb parlamentarische Anfragen zu den Gesundheitsrisiken von 5G, und Klagen und Proteste von Bürgerinitiativen werden über kurz oder lang wohl ebenfalls unvermeidlich sein. Überzeugungsarbeit zu leisten und solche Widerstände in der Bevölkerung abzubauen, dürfte, neben der alpinen Topografie Österreichs, die größte Herausforderung beim zügigen Ausbau des 5G-Netzes werden.

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Dirk Bongardt hat vor Beginn seiner journalistischen Laufbahn zehn Jahre Erfahrung in verschiedenen Funktionen in Vertriebsabteilungen industrieller und mittelständischer Unternehmen gesammelt. Seit 2000 arbeitet er als freier Autor. Sein thematischer Schwerpunkt liegt auf praxisnahen Informationen rund um Gegenwarts- und Zukunftstechnologien, vorwiegend in den Bereichen Mobile und IT.


Dirk Bongardt, Tel.: 05262-6400216, mail@dirk-bongardt.de, netknowhow.de

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