Arbeitsunfähigkeit: Was Kranke während der Genesung dürfen

Wer arbeitsunfähig ist, muss alles unterlassen, was den Heilungserfolg gefährden könnte. Das heißt auch, dass man den Mitarbeiter mit verletztem Daumen beim Stadtmarathon einlaufen sehen kann – sofern der Arzt es gestattet hat. Was in der Krankschreibung erlaubt ist, erklärt Rechtsanwältin Sabine Wagner.

Nichts, was die Genesung gefährdet

Von Sabine Wagner

Wenn ein Mitarbeiter erkrankt, ist das ohnehin keine gute Nachricht. Oft genug sind Arbeitnehmer, Arbeitgeber und selbst die Kollegen außerdem verunsichert, was der erkrankte Mitarbeiter während der Krankschreibung darf und was nicht. Das Problem dabei ist: Was der Erkrankte darf und was nicht, hängt von der Art seiner Erkrankung ab. Grundsätzlich muss er alles unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte; es ist ihm verboten, den Heilungserfolg durch genesungswidriges Verhalten zu gefährden. Allerdings kennen der Arbeitgeber und seine Kollegen in der Regel nicht die Art der Erkrankung. Und der Arbeitgeber darf sie auch nicht erfragen.

Bettruhe oder Bewegung?

Die landläufige Auffassung, dass ein erkrankter Mitarbeiter sich im Bett auszukurieren habe, ist seit Langem überholt. Bei bestimmten Erkrankungen wäre es sogar genesungswidrig, wenn der erkrankte Mitarbeiter passiv zu Hause im Bett bliebe. Das gilt z.B. Mitarbeiter, die depressiv sind oder unter niedrigem Blutdruck leiden.

Wenn aber der Arzt strenge Bettruhe verordnet hat, hat sich der erkrankte Mitarbeiter zwingend daran zu halten. In diesem Fall führen einkaufen und spazierengehen zu einer Verzögerung der Genesung und sind damit zu unterlassen. Hält sich der erkrankte Mitarbeiter nicht daran, kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen.

Sportabzeichen vom Hausarzt

Bereits vor Jahren entschied das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil v. 22. März 2007, Az. 9 Ca 475/06), dass ein Handwerker, der sich an einem Finger verletzt hatte, an einem Marathonlauf teilnehmen könne – unter der Voraussetzung, dass er zuvor seinen Arzt konsultiert und dieser ausgeschlossen hat, dass durch die Teilnahme an der Sportveranstaltung eine Gefährdung der Genesung in Betracht kommt. Das Arbeitsgericht kam damals zu dem Ergebnis, dass die verhaltensbedingte Kündigung nicht gerechtfertigt war.

Die Ausführungen von oben lassen sich also entsprechend auch auf die Ausübung eines erlaubten Nebenjobs übertragen: Sofern dieser die Genesung nicht gefährdet, kann der Nebenjob trotz Erkrankung ausgeübt werden. Auch hier empfiehlt es sich für den erkrankten Mitarbeiter, mit dem Arzt abzusprechen, was im konkreten Einzelfall erlaubt ist und was nicht.

Fazit: Lieber ohne Übertreibung

Für den erkrankten Mitarbeiter ist generell ratsam – mit Blick auf das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber, aber auch mit Blick auf das Arbeitsklima und die Kollegen – maßvoll von derlei Betätigungen Gebrauch zu machen – auch wenn der Arzt diverse Freizeitaktivitäten erlaubt hat.

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