Berufsbild Social-Media-Analyst: Warum Fans folgen und Kunden kaufen

Unternehmen mit aktiver Social-Media-Präsenz können ihre Kanäle auf Instagram, Twitter, TikTok etc. nach dem Prinzip möglichst breiter Sichtbarkeit bedienen. Oder sie untersuchen systematisch und strategisch, was den größten Erfolg verspricht – eine herausfordernde Aufgabe für Social-Media-Analysten.

Followern, Fans und Kunden auf der Spur

Von Friedrich List

Einfach nur Sichtbarkeit in den sozialen Medien alleine reicht schon lange nicht mehr, um über digitale Plattformen Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen. Um die verschiedenen Kanäle auf Instagram, Facebook oder TikTok erfolgreich zu bedienen, müssen sie planmäßig untersuchen, was gute Ergebnisse bringt und was nicht. Hier kommen Social-Media-Analysten zum Zuge: Sie führen Daten zusammen und werten sie mit Blick auf die Unternehmensziele aus. Mit den Ergebnissen liefern sie die Grundlage für die Social-Media-Strategie des Unternehmens.

Erfahrung und Gespür

Social-Media-Analysten behalten die verschiedenen sozialen Medien und Netzwerke im Blick und sammeln auf Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest und vielen anderen Daten über die Nutzer, die sich für Ihr Unternehmen oder die von Ihnen betreute Marke interessieren. Dazu beobachten sie die User und Follower auf den verschiedenen Portalen, Blogs oder in Nutzerforen. Als Social-Media-Analyst verfolgt man, wer dort auf welche Art und in welchen Zusammenhängen über das Unternehmen spricht.

Diese Daten dienen dazu, Social-Media-Kampagnen zu formulieren, durchzuführen und ihre Wirksamkeit zu beurteilen. Dazu muss man auch wissen, welche der verschiedenen Plattformen für ein bestimmtes Geschäftsmodell geeignet ist. Zu den Aufgaben gehört es ebenso, zu verfolgen, welche Trends und Stimmungen die Zielgruppen für Produkte oder Dienstleistungen affin machen, und geeignete Maßnahmen zu formulieren, um die Online-Präsenz der Firma zu verbessern. Dabei unterstützen Social-Media-Analysten das Marketing, um Absatz oder Popularität eines bestimmten Produktes oder einer Marke nach vorne zu bringen.

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Je größer das Unternehmen ist, umso intensiver werden Social-Media-Plattformen genutzt. (Bild: Statistisches Bundesamt)

Das eröffnet viele Möglichkeiten. Das Unternehmen kann erkennen, wie wirksam das Marketing ist, oder strategische Entscheidungen kenntnisreicher treffen. Auch lassen sich die eigenen Leistungen besser mit denen der Mitbewerber am Markt vergleichen. Die Ergebnisse einer Social-Media-Analyse zeigen zum Beispiel:

  • wie der Markt ein neues Produkt annimmt,
  • wie sich das Unternehmen im Vergleich zu den Mitbewerbern darstellt,
  • ob ein Produkt oder ein Kunde sein Image mit Erfolg etablieren konnte,
  • ob die Firmenphilosophie plausibel wirkt,
  • ob und wie oft User und Follower den Content teilen.

Einige Aufgabenbereiche überschneiden sich dabei mit denen von Social-Media-Managern. Aber es gibt auch große Unterschiede. Als Social-Media-Analyst betreibt man Data Mining, um die Zielgruppe(n) besser zu verstehen, und nutzt dafür ein breites Spektrum an analytischen Werkzeugen. Dazu gehören Tools wie Google Analytics, Facebook Insights oder Twitter Analytics. Hinzu kommen spezialisierte Anwendungen wie Statusbrew, Buffer Analyze, BuzzSumo, Brandwatch oder Hootsuite.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

So funktioniert eine Social-Media-Analyse

Unabhängig davon, welche Tools angewendet werden, liegen einer Social-Media-Analyse immer dieselben Schritte zugrunde.

  1. Erfassen und Sammeln von Daten: Die Tools suchen in Portalen, Foren, Blogs und sozialen Netzwerken nach Inhalten, die sich mit den eigenen Produkten oder der Marke beschäftigen. Welche Plattformen im Fokus stehen, hängt von der jeweiligen Kampagne ab.
  2. Datenbereinigung: Jetzt gilt es, die Daten nach Kriterien wie Relevanz oder Authentizität zu filtern. Auf dieser Analysestufe sortieren die Tools Spam, Werbetexte oder Navigationstexte, aber auch Dubletten aus.
  3. Datenanalyse: Hier werden die Kriterien festgelegt, nach denen die Tools die gewonnenen Daten auswerten. Sinnvoll sind genaue Zeitpunkte, Standorte, regionale Besonderheiten oder demografische Gesichtspunkte.
  4. Datenaufbereitung: Der Datenbestand wird strukturiert, um ihn übersichtlicher und effektiver nutzbar zu machen. Je nach Software ist das Ergebnis dann eine E-Mail mit Anhängen oder eine ausgearbeitete Statistik.
  5. Interpretation: Hier sind Erfahrung und Urteilsvermögen der Analysten gefragt. Auch an dieser Stelle helfen Algorithmen und automatisierte Prozesse, aber ohne eine, wenn nötig kritische Einschätzung und Gewichtung der Ergebnisse geht es nicht.

Außerdem braucht eine Social Media-Analyse Kriterien, die man vorher präzise festlegt. Diese können sein:

  • Image aufbauen
  • Bekanntheit steigern
  • Neukunden gewinnen
  • Kundenbeziehungen stärken
  • Traffic erhöhen
  • Interaktionen fördern

Schlüsselindikatoren identifizieren

Sind Ziele und Zielgruppen festgelegt, lassen sich daraus die entsprechenden Indikatoren ableiten, mit denen sich die Erfolge von Kampagnen und Strategien messen lassen. Für eine Social-Media-Analyse sind das folgende:

  • Stimmungsbild: Hier sollte man auch auf Wortwahl und Ausdrucksweise der Follower achten. Ein rein auf Zahlen gestützter Blick auf Interaktionen und Gespräche zu Profil, Produkt oder Unternehmen lässt einen leicht übersehen, dass sich in der eigenen Community möglicherweise massive Missstimmungen aufbauen.
  • Interaktionen: Dieser Indikator ergibt sich letztlich aus dem Stimmungsbild. Betrachtet werden Kommentare, Likes, Shares und Engagement Rates.
  • Share of Voice: Das ist ein Indikator für den Marktanteil der Marke oder des Unternehmens im Vergleich zu den Mitbewerbern. Er zeigt, wie sichtbar die Marke ist und wie stark das Gespräch in der Branche von ihr geprägt wird. Der SoV bezieht sich auf den Anteil einer Marke an der bezahlten Werbung.
  • Image-Wert: Dieser verweist auf die Markenreputation und zeigt so, wie hoch die Bereitschaft von Kunden ist, das Unternehmen weiterzuempfehlen. Hier zahlt es sich aus, wenn man Kunden überzeugt und zu guten Rezensionen veranlasst.
  • Anzahl aktiver Nutzer: Hier liegt das Kunststück darin, einen Schwellenwert festzusetzen, ab dem ein Nutzer stark genug mit der Website oder Marke interagiert. Das könnte die Zahl der Seitenbesuche über einen gegebenen Zeitraum hinweg sein, die Intensität, mit der eine App genutzt wird, oder die Zahl der Pageviews.
  • Conversion Rate: Die Konversionsrate an, wer mit der Marke oder Website interagiert hat und danach zum Kunden geworden ist. Interaktionen signalisieren echtes Interesse. Das können Anmeldungen zu Newslettern, Antworten auf Umfragen, aber auch Käufe sein.
  • Traffic: Darunter fallen alle Besucheraktivitäten auf der Website und den Social-Media-Auftritten eines Unternehmens. Dazu gehören nicht nur die schlichte Anzahl der Besucher, sondern auch deren Verweildauer.
  • Reichweite: Diese bestimmt sich aus der Zahl aller Follower, Fans, Abonnenten, Seitenaufrufe, Views und Shares. Aus der Reichweite lässt sich ableiten, wie viele Menschen durch Werbung und Social-Media-Strategien erreicht wurden.
  • Social Signals: Für die Social-Media-Analyse sind speziell die Backlinks interessant. Je mehr Backlinks die Website einsammeln kann, desto besser. Sie entstehen, wenn Nutzer eine Website oder einen Beitrag auf dieser Website auf einer Social-Media-Plattform geteilt und so einen Link erzeugt haben.

Der Weg in den Beruf

Eine spezielle Ausbildung zum Social-Media-Analysten gibt es nicht oder noch nicht. Viele in diesem Beruf haben ein Studium in Fachrichtungen wie Medien, Marketing, Wirtschaft, Sozial- oder Kommunikationswissenschaften absolviert, um sich dann während des Jobs weiterzubilden. Andere Unternehmen erwarten dagegen Studienabschlüsse in Mathematik, Statistik, Wirtschaftsinformatik oder Physik. Interessant wären auch Abschlüsse in Gesundheitsökonomie oder Psychologie. In jedem Fall sollte man auf eine statistische Schwerpunktsetzung im Studium achten.

Daneben gibt es noch viele Möglichkeiten, sich in Kursen und längeren Weiterbildungen entsprechend zu qualifizieren. Diese Weiterbildungen dauern meist ein halbes Jahr und werden von privaten Bildungsträgern angeboten. Oft sind sie auch Teil eines Traineeprogramms.

Den Berufseinstieg selbst schafft man in der Regel als Trainee oder Junior Manager in einer Werbeagentur, einem Beratungsunternehmen oder der Marketing-Abteilung eines Unternehmens. Mit entsprechenden Qualifikationen oder praktischen Erfahrungen ist auch ein Quereinstieg möglich.

Was Unternehmen erwarten und bieten

Social-Media-Analysten arbeiten meist in den Abteilungen für Marketing oder Vertrieb von Unternehmen aller Wirtschaftszweige sowie in Agenturen oder Beratungsfirmen. Ohne Affinität zu sozialen Medien und ihren Trends geht es naturgemäß nicht. Außerdem reicht die Tätigkeit weit darüber hinaus, Stimmungen, Trends und populäre Themen zu erkennen und zu verfolgen. Als Social-Media-Analyst braucht man auch Kenntnisse in SEO (Suchmaschinenoptimierung) und über die Arbeitsweisen von Suchmaschinen. Analytisches Denken und die Fähigkeit, Strategien zu entwickeln sind ebenso wichtig wie Kommunikationsfähigkeit und eine umfassende Kenntnis aller Analyse-Techniken, die für den Social-Media-Auftritt des zukünftigen Auftraggebers von Nutzen sein könnten.

Laut Stepstone erzielen Social-Media-Analysten dann ein durchschnittliches Jahresgehalt von 38.600 Euro brutto. Einstiegs- und Mindestgehälter liegen etwa 4000 Euro niedriger. Wer engagiert ist und sich anstrengt, kann auch mehr verdienen – das durchschnittliche Spitzengehalt beläuft sich auf circa 48.000 Euro brutto. In den Metropolregionen Hamburg, München und Berlin werden die meisten offenen Stellen angeboten. Diese Regionen liegen auch bei den Gehältern vorne. Am meisten zahlen Firmen im Süden und Westen der Republik. Den Spitzenplatz nimmt Stuttgart ein. An zweiter Stelle liegt München, gefolgt von Hamburg und Bonn. Im Rest der Republik liegen die Gehälter teils deutlich niedriger, wobei eine Statistik nach regionalen Gesichtspunkten nicht immer aussagekräftig ist.

Ich behalte den Traffic im Griff

Social-Media-Analyse klingt für manche vielleicht nach einer lockeren Beschäftigung mit Themen, die sie ohnehin auch in ihrer Freizeit gerne verfolgen. Eine professionelle Herangehensweise erfordert allerdings deutlich mehr, sowohl an SEO- und Marketing-Kenntnissen als auch an sorgfältiger Analysearbeit. Auf der Arbeit des Social-Media-Analysten basiert schließlich die Kundenkommunikation des Unternehmens, und die wird in Zeiten harter Konkurrenz immer wichtiger.

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Friedrich List ist Journalist und Buch­autor in Hamburg. Seit Anfang des Jahr­hunderts schreibt er über Themen aus Computer­welt und IT, aber auch aus Forschung, Fliegerei und Raum­fahrt, u.a. für Heise-Print- und Online-Publikationen. Für ihn ist SEO genauso interessant wie Alexander Gersts nächster Flug zur Inter­nationalen Raum­station. Außerdem erzählt er auch gerne Geschichten aus seiner Heimatstadt.

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