Boomerang Hiring

Scheidende Talente im Auge behalten

Von Florian Eichberger

Dass qualifizierte Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, um anderswo ihr Glück zu suchen, ist heutzutage nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist hierzulande eher, dass eine Firma mit den Aussteigern in Kontakt bleibt, um sie bei günstiger Gelegenheit ins Unternehmen zurückzuholen. „Boomerang Hiring“ heißt der Begriff für diese personalpolitische Taktik der gezielten Wiedereinstellung.

Im Prinzip ist es in der Personalpolitik nicht anders als im Vertrieb, wo Neukundengewinnung deutlich teurer kommt, als Stammkunden zu halten (Retentionsmarketing). Besonders in gehobeneren Positionen erwartet ohnedies niemand mehr eine Stellung auf Lebenszeit. Sich zu verbessern, zu wechseln, Neues zu lernen und auszuprobieren gehört für viele zum Selbstverständnis. Dennoch besteht in Deutschland vielfach die Neigung, eine Mitarbeiterkündigung geradezu persönlich zu nehmen. Dabei gibt es keinen Grund dafür, sie auf ewig von der Liste zu streichen – im Gegenteil: Ex-Mitarbeiter sind meist sogar loyaler und fungieren vorbildhaft für die übrige Mannschaft.

Sparsam, motiviert und sofort startklar

Fähige Köpfe sind stets Mangelware. Die erste Regel besteht daher darin, herausragende Mitarbeiter bereits beim Abschiedsgespräch wissen zu lassen, dass sie jederzeit wieder willkommen wären. Größere Konzerne haben z.T. bereits regelrechte „Ehemaligen-Clubs“ (z.B. über Mitarbeiterportale); die Ex-Mitarbeiter erfahren dort, was es Neues gibt und wie es den einstigen Kollegen geht, während sich das Unternehmen auf diese Weise stets Kontaktmöglichkeiten zu den entschwundenen Talenten offen hält.

Die Vorteile von Boomerang Hires:

  • Es ist keine Stellenausschreibung nötig.
  • Schulungskosten und Einarbeitung bleiben minimal.
  • Boomerangs werden sofort produktiv; Neueinsteiger brauchen eine Zeit, bis sie sich mit Sicherheitsmaßnahmen, internen Organisationsstrukturen, Vorschriften etc. zurechtgefunden haben.
  • Boomerangs sind bereits unternehmensbekannt und daher (meist) gut kalkulierbare Größen (für Teams etc.).
  • Boomerangs identifizieren sich in aller Regel neu und verstärkt mit dem Unternehmen und arbeiten hoch motiviert. Denn sie betrachten ihre Anstellung nun nicht mehr als erzwungene Notwendigkeit (zu der es Alternativen gäbe), sondern als freien Entschluss, den sie nach viel Erfahrung am Ende getroffen haben.
  • Die Rückkehr eines Mitarbeiters ins Unternehmen schlägt überraschend positiv auf die übrige Belegschaft durch.
  • Boomerangs arbeiten nicht für die Konkurrenz. (Dieses Argument kommt nicht oft zum Tragen, kann aber in wettbewerbsintensiven, innovativen Märkten, wo Wissen, Know-how und Erfahrung zählen und womöglich das nächste Patent über die Zukunft entscheidet, den Ausschlag geben.)

Vorsicht vor verdeckten Mängeln

Was manche Personalchefs befürchten – nämlich dass ein Mitarbeiter missmutig und nur deshalb zurückkehrt, weil er sonst nirgendwo recht landen konnte –, ist in Wirklichkeit das geringste Risiko. So etwas lässt sich mit einem einzigen Blick in die Lebenslaufunterlagen klären. Probleme bereitet erfahrungsgemäß eher die „stillschweigende Weiterentwicklung“: Entweder haben sich die Job-Anforderungen unter der Hand so geändert, dass der ehemalige Mitarbeiter seine Stärken gar nicht mehr ausspielen kann, oder aber er selbst hat einen Wandel in Charakter, Prioritäten, Interessen etc. durchgemacht, der nicht auf Anhieb erkennbar ist, ihn aber für die Arbeit minder tauglich macht. Letztlich heißt das nichts anderes, als dass auch hier der Bewerber auf die Stelle passen muss.

Ein weiterer Punkt ist der einstige Kündigungsgrund. Denn Mitarbeiter, die von sich aus gehen, sagen so gut wie nie rundheraus, was der Grund ist. Es gilt bei der Wiedereinstellung also, besonders hellhörig zu sein, was evtl. schwelende Konflikte mit Kollegen, der Unternehmensführung oder Ähnliches betrifft.

Nicht zuletzt haben ausgeschiedene Kräfte während der bzw. durch die Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit auch bestimmte Privilegien erworben. Sie können sich darauf verlassen, dass der Kandidat vor der Neueinstellung in diesem Punkt auf den Busch klopfen wird. Wichtig ist, dass Sie sich davon nicht überraschen lassen, sondern eine Antwort parat haben, egal wie die Unternehmensentscheidung im Einzelfall aussieht. Bewährt haben sich feste Prinzipien, die für alle Boomerangs gelten; sie lassen sich am einfachsten kommunizieren und vertreten.

Fazit: Praktisch in übertragenem Sinne

So plausibel der Bumerang-Gedanke klingt, so wenig darf man allerdings vergessen, dass er aus der US-amerikanischen Unternehmenswelt stammt, wo Firmen auf schlechte Zeiten sehr viel umstandsloser mit Stellenabbau reagieren können. Bei guter Auftragslage sind Wiedereinsteiger dann freilich oft das Mittel der Wahl. Hierzulande sieht der Kündigungsschutz dagegen ganz anders aus.

Überlegenswert bleibt die Strategie jedoch speziell im Hinblick auf den notorischen Fachkräftemangel. Bei Spezialisten, die sich gerne eine Zeitlang ausprobieren, für eine heiße Familienphase abtauchen oder schlicht neue Erfahrungen sammeln wollen, kann sich eine gezielte Nachverfolgung durchaus bezahlt machen.

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