Contracting: Welche Logik hinter Energiecontracting steht

Statt selbst in teure Wärmetechnik zu investieren, nutzen viele Kommunen, Institutionen und Unternehmen heute die Mietkaufvariante Contracting. Wie das funktioniert, welche Formen es gibt und worauf Vertragsnehmer achten sollten, erläutert Sabine Philipp in diesem Schwerpunktbeitrag.

Energiesparen mit verteilten Rollen

Von Sabine Philipp

Wer seinen Altbau in Sachen Energieverbrauch auf den neuesten Stand bringen oder Abwärme nutzen möchte, muss dafür nicht gleich Geld investieren. Bei lohnenden Objekten springen so genannte Contractoren ein. Sie bezahlen die Maßnahmen aus eigener Kasse und behalten von dem, was Sie einsparen, ihren Anteil ein. Für Unternehmen der Energietechnik kann diese Vertragsform eine lohnende Alternative sein, bewährt z.B. bei Kliniken und Verwaltungsgebäuden, aber auch gegenüber ganzen Stadtvierteln, Ortsteilen und Kommunen.

Das Prinzip ist simpel: Der Contracting-Geber plant, baut und betreibt die Anlage – am Ende der Laufzeit geht sie dann ins Eigentum des Contracting-Nehmers über. Oder aber der Contractor kalkuliert einen fixen Nutzpreis wie beim Anlagencontracting. Insofern gehört Contracting im weiteren Sinne zu den Formen von Outsourcing.

Auch wenn der deutsche Markt fast ausschließlich in stark konsolidiertem Engergiecontracting besteht, so ist das Modell doch prinzipiell für zahlreiche andere Dienstleistungen geeignet. Gute Erfahrungen hat man z.B. in der IT (Stichwort: Managed Services) und mit der Druckinfrastruktur gemacht.

In vier Grundvarianten

Engergiecontractoren können aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen. Meist handelt es sich um Versorgungsunternehmen. Aber auch Anlagen- und Komponentenhersteller sowie Ingenieurbüros und Handwerksbetriebe mischen mit. Grob gesagt gibt es vier verschiedene Typen:

Bestimmung nach Regelwerk
Beachten Sie, dass die Varianten nicht überall einheitlich benannt und gehandhabt werden. Genaue Definitionen der verschiedenen Begriffe inklusive Leistungskomponenten schlägt die DIN 8930-5 vor.
  • Beim Energieliefercontracting, auch Anlagencontracting genannt, plant, baut finanziert oder übernimmt der Contractor eine Energieerzeugungsanlage und hält sie am Laufen. Die Energie verkauft er dann an den Contracting-Nehmer zu einem festen Preis. Nach einer Mitgliederbefragung des Verbands für Wärmelieferung e.V. (VfW) aus dem Jahr 2007 ist Energieliefercontracting mit 84 % die am häufigsten gewählte Form. Gleichzeitig ist hier die Vertragslaufzeit mit zehn bis 20 Jahren am längsten.
  • Auf Platz zwei steht mit 8 % das Einsparcontracting, auch Performance-Contracting genannt. Hier steht die Energieeinsparung im Vordergrund: Der Contractor erstellt ein Energiesparkonzept, plant, finanziert und baut die nötigen Maßnahmen und sorgt dafür, dass sie reibungslos laufen. Die Verträge laufen zwischen drei und zehn Jahre lang.
  • Den dritten Platz belegt mit 6 % das Betriebsführungscontracting, auch Technisches Anlagemanagement genannt. Hier gehört die Anlage dem Contracting-Nehmer und der Contractor und sorgt für ihren Unterhalt. Laufzeit: fünf bis 20 Jahre.
  • Beim Finanzierungscontracting oder Anlagenbau-Leasing, das laut VfW 2 % der Contracting-Formen ausmacht, ist es genau umgekehrt. Hier plant, finanziert und errichtet der Contractor eine Anlage für die Energieversorgung. Der Contracting-Nehmer bedient, überwacht und repariert sie. Hier geht man von einer Laufzeit von einem bis fünf Jahren aus.

Gewinn mit Skaleneffekt

Für den Contractor soll sich das Vorhaben freilich rentieren. In der Regel kommen zwei Modelle zum Einsatz:

  • Das Laufzeitmodell sieht vor, dass sämtliche Einsparungen über einen festgelegten Zeitraum dem Cotractor zustehen.
  • Beim Beteiligungsmodell wird der Contracting-Nehmer schon während der Vertragslaufzeit an der Vergünstigung beteiligt. Allerdings ist hier die Laufzeit etwas länger, da sich die Investition für den Contracor amortisieren muss.

Bevor ein Anbieter investiert, kalkuliert er genau, ob sich das Engagement auch auszahlt. Und das tut es normalerweise erst ab einer bestimmten Größe. Die kleine Werkstatt hat also wenig Chancen, einen Contractor zu finden. So vermittelt z.B. der VfW erst Vorhaben ab 1000 m² beheizbarer Fläche. Gute Karten haben normalerweise Mehrfamilienhäuser, Bürokomplexe oder Energiegroßabnehmer.

Fazit: Laufzeiten durchdenken

Für Contracting-Nehmer gilt es – wie bei jedem Vertrag – dort nachzuhaken, wo man einen Punkt unscharf definiert findet oder schlicht nicht versteht. IHK und Handwerkskammern können hier oft guten Rat geben. Mit besonderer Vorsicht sind Preisgleitklauseln zu genießen. Sie dienen der nachträglichen Preissteigerung und sollten sehr genau geprüft werden.

Vor allem aber ist eine realistische Bedarfskalkulation unerlässlich. Sie dürfen schließlich nicht vergessen, dass die Energie aus dem Anlagencontracting abgenommen werden muss – selbst wenn sie gar nicht mehr benötigt wird. Befragen Sie den Contracting-Geber daher auch zu solchen Punkten. Was bei einer Ausschreibung sonst noch wichtig ist, hat die HWK Münster in ihrer Ausschreibungshilfe zusammengestellt.

Nützliche Links

Die Contracting-Infoseiten der Handwerkskammer Münster sind überhaupt für Nehmer und Geber gut geeignet. Eine Reihe von Engergiecontractoren finden Sie auf der Seite von Forum Contracting e.V.. Anfragen sind auch über die Seite des Verbands für Wärmelieferung e.V.(VfW) möglich.