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Öffentliche Auftragsvergabe

Portioniert in handlichere Lose

Von der Fachredaktion anwalt.de

Die öffentliche Auftragsvergabe ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Um die Position mittelständischer Unternehmen zu stärken, das Vergabeverfahren zu beschleunigen und den Anforderungen des EU-Binnenmarkts Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 24. April 2009 das Vergaberecht umfassend reformiert (Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts sowie die marginale Berichtigung vom 9. Juli 2009). Eines der zentralen Ziele der Reform des Vergabeverfahrens 2009 war die Stärkung mittelständischer Unternehmen bei der öffentlichen Auftragsvergabe.

Änderungen beim Verfahren

Aus diesem Grund ist nun in § 97 (3), S. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verankert, dass mittelständische Interessen bei der Auftragsvergabe vornehmlich und angemessen zu berücksichtigen sind. Im Zusammenspiel mit § 97 (3) S. 2 GWB ergibt sich nun eine Rechtspflicht, mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge besonders zu berücksichtigen.

Die Auftragsvergabe erfolgt entweder

  • über Teillose (d.h. die Leistungen sind in Mengen aufgeteilt) oder
  • über Fachlose (d.h. die Leistungen sind nach Art und Fachgebiet unterteilt),

wobei – wie bisher schon – mehrere Teil- und Fachlose auch zusammen vergeben werden dürfen, soweit dies aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist.

Im Bereich der zentralen Vergabekriterien gemäß § 97 (4) GWB ist als neue Voraussetzung die Gesetzestreue in § 97 (4) S. 1 GWB aufgenommen worden. Damit sind für die Auftragsvergabe folgende vier Kriterien entscheidend:

  • Fachkunde
  • Leistungsfähigkeit
  • Zuverlässigkeit und neu:
  • Gesetzestreue.

Wichtig: Diese Kriterien sind keine Zuschlagskriterien, sie finden sich ausschließlich in der Leistungsbeschreibung und werden also nicht bei der Eignungsprüfung berücksichtigt.

Weiter können jetzt gemäß § 97 (4) S. 2 GWB vergabefremde Gesichtspunkte in die Auftragsvergabe mit einfließen, z.B. soziale, ökologische und innovative Kriterien, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen.

Neu ist auch, dass Auftraggeber gemäß § 97 (4a) GWB Präqualifikationssysteme (freiwillig) installieren dürfen, mit denen der Nachweis der Eignung erleichtert wird. Darüber hinaus gelten neue Regeln für Sektorenauftraggeber (Telekommunikationsbereich entfällt), bei verbundenen Unternehmen und im Baubereich (Baukonzessionen).

Eine der wesentlichen Neuerungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe ist sicherlich das neue elektronische Vergabeverfahren gemäß § 101 (4) GWB, also die elektronische Auktion zur Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots einerseits und das dynamische elektronische Verfahren für die Beschaffung marktüblicher Leistungen andererseits.

De-facto-Vergabe und Nachprüfung

Eine wichtige Änderung hat sich ebenfalls im Bereich der so genannten De-facto-Vergabe gemäß § 101b GWB ergeben, also bei einer unzulässigen Vergabe ohne öffentliche Ausschreibung. Grundsätzlich ist ein solcher vergaberechtswidriger Vertrag zunächst nach dem Gesetz schwebend unwirksam. Das heißt, dass die Unwirksamkeit des Vertrages nur eintritt, wenn ein Mitbewerber ein Nachprüfungsverfahren gegen die Vergabevorschriften innerhalb von 30 Tagen seit Kenntnis des Verstoßes und spätestens bis zu sechs Monate nach Vertragsschluss beantragt. Sonderregeln gelten, wenn die Vergabe im Amtsblatt der EU bekanntgegeben wird, hier endet die Frist nach Ablauf von 30 Tagen seit der Veröffentlichung. (Durch die Einführung der Höchstfrist von sechs Monaten sollen sowohl Auftraggeber als auch potenzieller Auftragnehmer innerhalb eines halben Jahres Rechtssicherheit bezüglich der Vergabe erlangen.)

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Für Mitbieter gilt zudem eine neue Frist in Hinblick auf die Rügepflicht gemäß § 107 GWB. Die Rüge an den Auftraggeber muss grundsätzlich unverzüglich erfolgen, sobald der Verstoß gegen die Vergabevorschriften erkannt wurde. Bei einer Bekanntmachung muss die Rüge innerhalb der in der Bekanntmachung angegebenen Frist erfolgen und schließlich bei Verstößen, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar waren, innerhalb der in der Bekanntmachung genannten Frist für die Bewerbung bzw. Angebotsabgabe. Ist die Rüge erfolgt und hat der Auftraggeber abgelehnt, greift eine weitere Frist: Sind mehr als 15 Kalendertage nach der Erklärung des Auftraggebers vergangen, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, scheidet ein Nachprüfungsverfahren aus.

Fazit: Bewerber in der Selbstverantwortung

Mitbewerber müssen nun also stärker auf die zeitlichen Aspekte bei der Prüfung der Auftragsvergabe achten. Wer die Fristen versäumt, kann regelmäßig keine Rechtsmittel wegen vergaberechtlicher Verstöße geltend machen.

Laut § 110 (1) GWB muss die Vergabekammer nicht mehr eine vollständige Rechtmäßigkeitskontrolle durchführen. Sie kann sich also auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird. Die Überprüfung gemäß dem Maßstab eines „sorgfältig ermittelnden Beamten“ reicht jetzt aus. Zudem haben sich Kosten und Gebühren (§ 128 (2) GWB) geändert: Die Höchstsätze wurden auf 50.000 Euro erhöht, im Einzelfall auf bis zu 100.000 Euro. Unverändert bleibt dagegen die bisherige Mindestgebühr in Höhe von 2500 Euro.

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