Kommunale Servervirtualisierung

Saubere Systeme weisen Rechenpower flexibel zu

Von Frank Zscheile

Den Leistungsumfang, den Office-Programme bieten, nutzt der normale PC-Anwender bei seiner täglichen Arbeit mit Word und Excel nur zu geschätzten 10 bis 15 %. Nicht viel anders geht es den Servern im Rechenzentrum einer Kommune, die in der Regel ähnlich gering ausgelastet sind. Rechenleistung zusammenzufassen und besser auf die bestehende Hardware zu verteilen, ist daher der Grundgedanke der Servervirtualisierung. Die Stadt Wolfratshausen macht damit seit 2011 gute Erfahrungen.

Servervirtualisierung kommt überall dort infrage, wo es im Rechenzentrum für jede Anwendung ein eigenes Stück Hardware gibt. Denn in der Summe steht damit viel mehr Rechnerkapazität zur Verfügung, als die Kommune eigentlich bräuchte, weil auf jedem Server viel Power und Platz ungenutzt brachliegen. Virtualisieren heißt in solchen Fällen, den Speicherplatz für Anwendungen oder Betriebssysteme von der ursprünglich zugeordneten Hardware logisch zu trennen und flexibler, eben „virtuell“, auf die bestehende Hardware zu verteilen.

Die Vorteile einer solchen Konsolidierung liegen auf der Hand: Kosten und Energieverbrauch sinken, denn weniger Systeme bedeuten geringere Anschaffungs- und Wartungskosten sowie weniger Strom für Betrieb und Kühlung. Schließlich hat die IT-Abteilung, wenn sie ihre Serverhardware reduziert, auch wieder mehr Platz im Rechenzentrum.

Für Anwendungen, Ablage und Archiv

Die Stadt Wolfratshausen hatte aus diesen Gründen in den vergangenen Jahren schon mit Virtualisierung experimentiert und ihre 30 Fachanwendungen auf Basis der Technik Microsoft Virtual Server auf nur zwölf Maschinen zusammengefasst.

Dies war Herbert Franke, dem IT-Leiter der oberbayerischen Gemeinde, aber noch nicht durchgängig genug. In einem zweiten Anlauf hat er deshalb vor gut einem Jahr die Technologie des Virtualisierungsspezialisten VMware eingeführt und damit alle Server auf einer gemeinsamen und einheitlichen Plattform virtualisiert.

Parallel dazu führte Franke ein vollredundantes Speichernetzwerk (Storage Area Network) ein. Denn mit der Servervirtualisierung hätte er auch die bisherige Lösung von NetApp aufrüsten müssen, was praktisch nicht in Betracht kam, weil die Kosten ganz erheblich gewesen wären.

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Herbert Franke, IT-Leiter von Wolf­rats­hausen, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe.

Speicher nach Zugriff und Datensicherheit
Unter einem Storage Area Network (SAN) versteht man ein Netzwerk zur Serveranbindung von Festplattensystemen und Bandlaufwerken. Solche Netzwerke sind für serielle, kontinuierliche Hochgeschwindigkeitsübertragungen großer Datenmengen konzipiert. Allerdings stehen beim Thema Storage und Archivierung unterschiedliche Philosophien einander gegenüber: WORM- und Jukebox-Technologie, festplattenbasierte Systeme, hier insbesondere Content-Adressed-Storage (CAS), sowie Mikrofilm.

Als Speicher bieten unveränderbare WORM-Medien (Write Once Read Many) und Jukeboxes einerseits hohe Datensicherheit, andererseits haben sie Schwächen bei den Zugriffszeiten, vor allem wenn viele Nutzer gleichzeitig an die Daten wollen. Immer weniger zum Einsatz kommt die klassische Mikroverfilmung (obwohl sich bei der Langzeitarchivierung auf Mikroformen einiges getan hat). Das liegt nicht zuletzt daran, dass immer mehr Dokumente bereits elektronisch entstehen und gar nicht mehr für eine Aufbewahrung im Papier- oder Filmformat ausgelegt sind.

Festplattenbasierte Systeme von Herstellern wie NetApp oder IBM sind die derzeit gängigen Lösungen. Darüber hinaus gibt es seit Längerem das Konzept von Content-adressed Storage (CAS), mit dem sich Datenbestände für den Gebrauch performant, aber zugleich unveränderbar auf Festplattensystemen verwalten lassen. Bekanntestes Beispiel ist die Centera-Technologie des US-amerikanischen Herstellers EMC², eine kombinierte Hard- und Softwarelösung mit online-basierter Architektur.

Gemeinsam mit dem IT-Dienstleister nullPC GmbH aus Kottgeisering installierte das IT-Team Wolfratshausen eine so genannte ServerCloud-Lösung, die Servervirtualisierung und Speichernetzwerk in einem bietet. Sie besteht aus einem auf zwei Standorte verteilten Server- und Storage-Cluster, bei dem Technologien verschiedener Hersteller zum Einsatz kommen: HP-Server, VMware vSphere als Virtualisierungsplattform und ein auf dem iSCSI-Protokoll basierendes SAN mit der freien Netzwerkspeicherlösungssoftware DRBD (Distributed Replicated Block Device).

Energiekosten senken und Ressourcen freimachen

Anstelle von früher zwölf physischen Servern stehen in Wolfratshausen heute nur noch zwei Maschinen, eine im Neu- und eine im Altbau. Sie stellen sämtliche Fachverfahren sowie MS Office und weitere Büroanwendungen zur Verfügung. Herbert Franke rechnet mit einer Ersparnis von rund 3000 Euro jährlich, allein aus dem geringerem Stromverbrauch, auch bei der Kühlung. „So realisieren wir unsere Green-IT-Strategie“, sagt er. Weil seine Mitarbeiter zudem weniger Arbeit mit der Wartung der Infrastruktur haben, können sie sich heute auch besser um die ständig wachsenden E-Government-Anforderungen kümmern.

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Im Rathaus Wolf­rats­hausen werden die PC-Arbeits­plätze auf Thin Clients um­ge­stellt

Dass sich mit Servervirtualisierung deutlich Kosten sparen lassen, hat unterdessen nullPC-Geschäftsführer Harro von Wardenburg in einem Modell vorgerechnet: Liegen die Gesamtbetriebskosten einer herkömmlichen IT-Infrastruktur mit mehreren Servern ohne Virtualisierung und 32 PC-Arbeitsstationen bei 1596 Euro pro Jahr bei einem CO₂-Ausstoß von 1475 kg, so lassen sich diese Werte mit einem zentralen virtualisierten Server- und Storage-System (bei ebenfalls 32 PCs) auf 1344 Euro bzw. 1260 kg senken.

Für Herbert Franke ist der größte Vorteil der neuen ServerCloud-Lösung, dass sie neben der Serverkonsolidierung das Speicherthema auch gleich mit in Angriff nimmt. Die Datenlagerplatten befinden sich als Direct-attached Storage (DAS) in den HP-Servern; sie werden beim nullPC-Cluster durch DRBD- und iSCSI-basierende Softwaretechniken zu einem hochverfügbaren Speicherpool zusammengefasst, zwischen Alt- und Neubau durch eine schnelle Glasfaserleitung verbunden und in Echtzeit gespiegelt. „Ein ausfallsicheres Konzept und zudem weit günstiger als herkömmliche Storage-Lösungen“, wie Herbert Franke betont. Allein für das integrierte SAN mit 6 TByte gespiegeltem Online-Speicher bezahlt die Kommune nur rund ein Viertel von dem, was für eine der üblichen SAN-Lösungen anzusetzen wäre.

Fazit: Weniger Blech, besser ausgelastet

Mit der virtualisierten Serverlandschaft hat die Gemeinde Wolfratshausen zum einen ihren IT-Aufwand reduziert. Hochverfügbarkeit und effizientes Backup garantieren der Sachbearbeitung des Weiteren mehr Datensicherheit bei ihrer täglichen Bürotätigkeit.

Und mit der Virtualisierung der Desktops ist man bereits mitten im nächsten Projekt: Die PC-Arbeitsplätze in diversen Außenstellen wie der Bücherei, in Kindergärten oder in der Musikschule hat die IT-Abteilung schon virtualisiert. Das heißt: Die wartungsanfälligen Arbeitsrechner (Fat Clients) sind abgeschafft und durch Thin Clients ersetzt, schlanke Stationen, die ihre Leistung direkt vom Server beziehen. Zum Einsatz kommt hierbei die Technologie für Desktop-Virtualisierung von Citrix. Auch die Schreibtischrechner im Rathaus werden derzeit derart umgerüstet.

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