Kommunales Dokumentenmanagement: Warum Workflows die leichtere Verwaltung sind

Staubige Akten und verrätselte Ablagestrukturen ergrauter Gemeindediener gibt es (fast) nur noch im Kino. In Wirklichkeit drängen die Gemeinden selbst auf ein effizientes elektronisches Dokumentenmanagement. Was Kommunen bei diesem wichtigen Schritt beachten sollten, hat Frank Zscheile zusammengefasst.

Intelligente Abläufe für lebende Vorgänge

Von Frank Zscheile

Elektronische Dokumentenverwaltung und Vorgangsbearbeitung gelten als große Herausforderung in den Kommunen. Dabei ist das Thema nicht neu: Schon vor zehn Jahren waren Dokumentenmanagementsysteme (DMS) in der IT-Welt ein ähnlicher Hype wie heute die Cloud. Weil (Investitions-)Entscheidungen aber nicht von heute auf morgen fallen, dauert es auch in der öffentlichen Verwaltung etwas länger, bis sich ein Trend durchsetzt. Jetzt ist er angekommen.

Zunehmend erkennen Kommunen, dass es dabei nicht nur um die Archivierung geht, sondern dass sie mit einem DMS komplette Prozesse und den gesamten Lebenszyklus eines Dokumentes abbilden können. So stellen diese Lösungen eine optimale Basistechnologie für E-Government dar.

Weit mehr als Archivierung

Solange sich DMS auf die Ablage von Dokumenten beschränkte, war die Einführung problemlos und ging in vielen Verwaltungen geräuschlos und schnell vonstatten. Richtig verstandenes Dokumentenmanagement geht darüber hinaus. Denn hier hat man es mit „lebenden Dokumenten“ zu tun. Diese werden von verschiedenen Mitarbeitern bearbeitet und befinden sich oft mitten in einem Vorgang.

Erst wenn man diese Dokumente elektronisch bereitstellen kann, lassen sich auch elektronisch gesteuerte Prozesse abbilden. Das zugehörige Stichwort heißt „Workflows“, was hier so viel wie die Automation dokumentenbasierter Abläufe bedeutet, wie Ulrich Gerke erklärt, Seniorberater der auf DMS spezialisierten Unternehmensberatung Zöller & Partner: „Nachweislich sind es eben diese elektronischen Workflows, die die Effizienz der Verwaltungsarbeit erheblich steigern und erst ein ganzheitliches E-Government ermöglichen.“

Automatische Abläufe reichen weiter

Ein gutes Beispiel, wie sich Workflows sinnvoll anwenden lassen, ist die Bearbeitung von Eingangsrechnungen. Der Sachbearbeiter scannt sie zunächst ein, eine Software liest die Kopfdaten aus und validiert sie mit den Stammdaten aus der Finanzsoftware. Die Dokumente gelangen ins DMS und ein Freizeichnungsworkflow versendet anschließend E-Mails mit Link auf das archivierte Rechnungsdokument an die zuständigen Mitarbeiter, die es prüfen und freigeben. So lässt sich per Mausklick feststellen, ob eine Rechnung bereits im Hause kursiert und bei wem sie liegt. Langes Suchen oder gar Doppelzahlungen kommen nicht mehr vor.

Damit jeder auch nur die digitalen Dokumente zu sehen bekommt, die er sehen darf, sollte man vorab ein Rechtekonzept definieren. Dieses lässt sich im DMS implementieren; es orientiert sich in der Regel an den im Fachverfahren bereits hinterlegten Benutzerrechten.

Umfassend aufgesetzt, mit Zertifikat

Die Verwaltungen suchen zunehmend ganzheitliche Lösungen, die sowohl eine Archivierung mit Fachverfahrensintegration als auch die Schriftgutverwaltung umfassen. Wichtig sind bei der DMS-Auswahl daher Schnittstellen und Integrationen in Fachverfahren auf der einen Seite sowie Lösungen für allgemeine Schriftgutverwaltung/Aktenplan und Aussonderung (Übergabe an das Archiv) auf der anderen. Denn auch Aktenpläne sollte ein DMS heute abbilden können sowie Funktionen für Dokumentenaustausch und Aussonderung umfassen.

Damit unterscheiden sich die Anforderungen an solche Lösungen nicht wesentlich von denen auf Bundes- oder Landesebene. Der DOMEA-Anforderungskatalog fragt diese Funktionen detailliert ab (DOMEA steht für „Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang“). Bei der Entscheidung für ein DOMEA-zertifiziertes System kann die Kommune sicher sein, dass es alle erforderlichen Funktionen mitbringt. Die Bewertung der DOMEA-Zertifizierung ist im entsprechenden Prüfbericht nachzulesen.

xdomea

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Soll elektronisches Schriftgut in der öffentlichen Verwaltung ausgetauscht werden, fällt als Erstes das Stichwort xdomea. Mit diesem Standard lassen sich Akten, Vorgänge und Dokumente sowie die zugehörigen Meta­daten zwischen verschiedenen Dokumenten­management­systemen recht komfortabel versenden. Initiiert hatte ihn der Kooperations­ausschuss ADV Bund/Länder/Kommunaler Bereich (KoopA ADV) des Bundes­innenministeriums. Das Datenformat gibt es für die verschiedenen Systeme zur Vorgangs­bearbeitung, für das Dokumenten­management und zur Archivierung sowie für Fach­verfahren in Form von XML-Schemata.
Tatsache ist jedoch, dass die meisten Fachverfahrenshersteller bereits eigene Schnittstellen zu den marktgängigen DMS-Lösungen entwickelt haben und eine weitere Schnittstelle schlichtweg nicht benötigen. Deshalb spielt der Standard, was die Integration von DMS und Fachverfahren angeht, heute keine nennenswerte Rolle in der kommunalen Praxis, konstatiert Laurenz Stecking, Geschäftsführer des auf DMS-Projekte im kommunalen Sektor spezialisierten Systemhauses codia Software aus Meppen.

Im Gebrauch weiter entwickelt

Wenn Laurenz Stecking ein DMS-Projekt heraussuchen sollte, das die Entwicklung von der reinen Archivierung bis zur heutigen Vorgangsbearbeitung beispielhaft widerspiegelt, dann wäre es wohl der Kreis Borken. Dort hat man vor zehn Jahren mit klassischer Archivierung im Bereich der Kfz-Zulassung begonnen. Über die Jahre sind weitere Fachverfahrensintegrationen hinzugekommen. 900 Beschäftigte werden im Endausbau mit den Aktenlösungen arbeiten, die behördenweit die allgemeine Schriftgutverwaltung und Anbindung aller Fachverfahren umfassen soll.

Inzwischen entwickelt der Kreis gemeinsam mit dem Softwarehersteller und dem Systemhaus die Dokumenten- und Workflowmanagement-Produkte unter dem Stichwort „smart government“ weiter, stets das gemeinsame Ziel praxisgerechter Lösungen für die Abbildung digitaler Geschäftsprozesse in öffentlichen Verwaltungen und Behörden vor Augen. Das gewählte System verfügte im Standard nämlich nicht an allen Stellen über die notwendigen Eigenschaften, um als Basis für die vorgesehene Schriftgutverwaltung zu dienen. Deshalb führt eine Arbeitsgruppe die verschiedenen Ablagestrukturen im Kreis nun zusammen und etabliert im DMS eine einheitliche Aktenstruktur für papiergebundene und digitale Vorgänge.

In diesem Zuge erhält das DMS neue Benutzeroberflächen mit zusätzlichen Funktionen. Dabei geht es z.B. um Handakten: Bei digitaler Dokumentenverwaltung werden die Akten leicht größer als ihre früheren Papierpendants. Will ein Sachbearbeiter nun Belege zur Unterzeichnung weiterleiten, kann er nicht immer die ganze dazugehörige Akte versenden, sondern möchte nur die für die Entscheidung wichtigen Papiere weiterleiten. Hierfür kann er sich dann aus der Komplettakte im DMS eine Handakte zusammenstellen.

Fazit: Sauber, effizient und zukunftsfähig

Insgesamt ist absehbar, dass die elektronische Kommunikation zwischen den Verwaltungen und den Unternehmen und Bürgern in den kommenden Jahren deutlich wachsen wird. Damit ist zwangsläufig ein System zur ordnungsgemäßen Verwaltung dieser elektronisch eingehenden Dokumente erforderlich. Auch bei papiergebundenen Posteingängen kann man vor dem Hintergrund immer leistungsfähigerer Scansysteme davon ausgehen, dass nahezu der gesamte Posteingang zentral eingelesen und über das DMS verteilt und bearbeitet wird. Die Fachverfahren werden zukünftig ihre Dokumentenablage nicht mehr in einer File-Ablage oder Datenbank vornehmen, sondern im behördenweiten DMS. Nicht zuletzt werden ergonomische Oberflächen dazu führen, dass Nutzer die DMS-Lösungen besser annehmen, etwa wenn Führungskräfte mit mobilen Clients per auf Smartphone auf das System zugreifen können.

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